Lindner: Keine Mehrwertsteuer auch auf größere Photovoltaik-Anlagen

Zu sehen ist eine Photovoltaik-Anlage auf einem Gebäude. Die 2. Ausschreibungsrunde 2021 für Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden ist jetzt abgeschlossen.Foto: franco lucato / stock.adobe.com
Die Bundesregierung will - wie schon berichtet - ab 2023 an der Steuerschraube drehen. Zum einen sollen sich Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung betreiben lassen, ohne dass man mit dem Finanzamt zu tun haben muss. Zum anderen soll sich die Mehrwertsteuer auf 0 Prozent verringern. Und dies gilt auch für größere PV-Anlagen. Allerdings sind ein paar Bedingungen zu beachten.

Das Bundeskabinett hat seinen Vorschlag für das Jahressteuergesetz 2022 (JStG) am 14. September beschlossen. Dieser Beschluss ist auch bereits im Bundestag angekommen. Die Parlamentarier haben mit den Beratungen zum Jahressteuergesetz aber noch nicht begonnen. Am 16. September hatte Bundeskanzler Scholz den Gesetzentwurf zudem an den Bundesrat geschickt und ihn als besonders eilbedürftig bezeichnet. Das Gesetzgebungsverfahren soll zum Ende des Jahres 2022 abgeschlossen sein, um direkt ab dem 1.1.2023 zu greifen. Und dies würde auch die Mehrwertsteuer auf Photovoltaik-Anlagen betreffen.

Die Regierung nutzt damit eine Richtlinie der Europäischen Union zu den Mehrwertsteuersätzen. Darin war für bestimmte Produkte, darunter Photovoltaik-Anlagen, ein reduzierter Steuersatz ermöglicht worden. Letztlich geregelt wurde dies in der Richtlinie (EU) 2022/542 des Rates vom 5. April 2022.

Für die Photovoltaik können die gesetzlichen Änderungen im Einkommen- und Umsatzsteuerrecht zu erheblichen Vereinfachungen und Entlastungen führen. Dabei will die Regierung den Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer-Satz für eine Reihe von Photovoltaik-Anlagen auf 0 Prozent absenken. Und dies soll auch für größere Projekte gelten. Attraktiv ist das vor allem für Eigenheimbesitzer und Vermieter von Wohnraum, aber auch für Kommunen und gemeinnützige Organisationen. Sie profitieren vom Nullsteuersatz, weil der Bruttopreis für PV-Anlagen dadurch deutlich sinken kann.

0 Prozent Mehrwertsteuer auch für Solarspeicher

„Hierunter fallen auch Lieferungen von für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten“, erklärte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums (BMF) gegenüber den Solarthemen: „Dazu gehören auch Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.“

Große Anlagen eingeschlossen

Anders als beim von der Regierung vorgeschlagenen neuen Einkommensteuerrecht, das ab 2023 nur Anlagen bis 30 Kilowatt (kW) und auf Mehrfamilienhäusern bis maximal 100 kW von Ertragssteuern befreien soll, gibt es eine solche Grenze bei der Umsatzsteuer nicht. Für Anlagen jeglicher Größe, die in den genannten Gebäuden zum Einsatz kommen, gilt nach Beschluss des Gesetzes ab 1.1.2023 ein Umsatzsteuersatz von 0 Prozent. Das BMF hat lediglich noch eine Vereinfachungsregel in das Gesetz eingefügt, die sich an der 30-kW-Grenze orientiert. Die Voraussetzungen für den Nullsteuersatz gelten als erfüllt, wenn eine Anlage die Leistungsgrenze nicht überschreitet. Das ist vor allem für die Installateure eine Erleichterung. Sie müssen bis zu dieser Leistung nicht prüfen, ob die Bedingungen erfüllt sind, sondern können in ihrer Rechnung die Umsatzsteuer mit 0 Prozent ansetzen. Und dieser Steuersatz gilt auch für Installationsarbeiten.

Welches Datum zählt für Mehrwertsteuer auf Photovoltaik?

Sicherlich gibt es nun Photovoltaik-Anlagen, deren Installation in diesem Jahr beginnt, die aber erst im Jahr 2023 fertig werden. Für den Umsatzsteuersatz ist der Leistungszeitraum und vor allem der Abschluss einer Leistung maßgeblich. Haben Installateur und Kunde keine Teilleistungen und eine entsprechende Rechnungsstellung vereinbart, so bestimmt der Zeitpunkt der Fertigstellung der gesamten PV-Anlage den Steuersatz. Steht bereits fest, dass ein Installateur erst im kommenden Jahr eine Anlage fertigstellt, so können auch Abschlagszahlungen eventuell schon den Nullprozent-Steuersatz enthalten. So ähnlich galt es bei der kurzen Absenkung der Umsatzsteuersätze im Jahr 2020. Diese Frage sollte allerdings auch mit dem Steuerberater oder der -beraterin geklärt werden. Und zudem muss das Gesetz zunächst erst beschlossen sein.

Welcher Preis gilt für die PV-Anlage?

Für private Endkunden ist bei vielen Produkten der Bruttopreis entscheidend. Händler müssen auch vor allem diesen ausweisen. Kauft ein Kunde zu einem bestimmten Bruttopreis, so muss der Verkäufer einen verringerten Umsatzsteuersatz nicht an den Käufer weitergeben. Allerdings ist gerade bei PV-Anlagen auch für Endkunden der Nettopreis ein Kriterium, da einige von ihnen bislang auf die Kleinunternehmerregelung im Umsatzsteuerrecht verzichteten, um sich die Mehrwertsteuer vom Finanzamt zurückzuholen. Und für Kunden ist es jetzt sicherlich wichtig, dass im Zweifel der Nettopreis als verbindlich gelten sollte.

PV-Anlagenbetreiber:innen sollten Kleinunternehmerregelung künftig nutzen

Der reduzierte Steuersatz verschafft den Anlagenbetreiber:innen die Möglichkeit, sich vom Finanzamt fernzuhalten. Sie gelten zwar im Sinne des Umsatzsteuerrechts als Unternehmer, weil sie Einnahmen erzielen. Aber bis zu einem Jahresumsatz von derzeit 22.000 Euro müssen sie keine Umsatzsteuer erheben und an das Finanzamt abführen. Es ist ratsam, dem Finanzamt dies mitzuteilen. Der auf 0 reduzierte Mehrwertsteuer-Satz für die PV-Anlagen gilt nicht automatisch auch für den Solarstrom. „Die Lieferung von Strom ist nicht von der Steuersatzsenkung erfasst“, so der Sprecher des BMF gegenüber den Solarthemen: „Soweit der Photovoltaikanlagenbetreiber nicht die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) in Anspruch nimmt, muss er Umsatzsteuer in seinen Ausgangsrechnungen ausweisen.“ Zudem wäre aber wohl auch auf den selbst erzeugten und verbrauchten Strom die Umsatzsteuer an das Finanzamt zu zahlen. Das können Anlagenbetreiber:innen vermeiden, wenn sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.

Solar ist steuerlich nicht gleich solar

Der Beschluss des Kabinetts zum Jahressteuergesetz betrachtet nur die Photovoltaik, aber nicht Solarthermie-Anlagen. Sie profitieren damit weiterhin nicht von einem Steuersatz von 0 Prozent. Dabei wäre es wohl nicht schwer, die jetzt vorgesehene faktische Steuerbefreiung von Photovoltaik-Anlagen durch eine Ergänzung im Paragrafen 12 des Umsatzsteuergesetzes noch um einen Passus für Solarthermie-Anlagen zu erweitern. Dies wäre auch laut der EU-Richtlinie zu Mehrwertsteuersätzen möglich. Und eventuell kommt das Parlament noch auf die Idee, den Vorschlag der Regierung auf Solarwärmeanlagen zu erweitern, um so insbesondere Öl und Gas einzusparen.

23.9.2022 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

Steuertipps für Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen stellt der Solarserver in einem regelmäßig aktualisierten Basiswissen-Bericht dar.

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