Biogas: Hohe Nachfrage nach Wärme, wenig Zubau im Jahr 2021

Balkendiagramm zeigt Zubau von Biogas-Anlagen bis 2021Grafik: Fachverband Biogas
Entwicklung des jährlichen Zubaus von neuen Biogasanlagen in Deutschland (Stand: 10/2022)
Der Fachverband Biogas hat heute in einer Pressekonferenz die Zubau-Zahlen für 2021 und seine Prognose für 2022 vorgestellt. Der Ausbau läuft schleppend.

Laut dem Fachverband Biogas ist die Zahl der Biogasanlagen in Deutschland im Jahr 2021 um 138 auf 9.770 gestiegen. Dem Zubau von 152 neuen Biogas-Anlagen stehen 14 Stilllegungen im Jahr 2021 gegenüber – das sind weniger Stilllegungen, als der Verband befürchtet hatte. Die installierte Leistung erhöhte sich in der Bilanz um 194 MW auf 5.860 MW.

Zubau vor allem an flexibler Biogas-Leistung, wenig zusätzliche Strom-Erzeugung

Die neu gebauten Biogas-Anlagen im Jahr 2021 haben laut Fachverband eine Leistung von 226 MW. Dabei handele es sich vor allem um flexible Leistung zur Spitzenlastabdeckung. Lediglich 10 MW der neu gebauten Leistung seien „arbeitsrelevant“, würden also für zusätzliche Strommengen sorgen. In Summe erfasst der Fachverband Biogas 3.825 MW arbeitsrelevante Leistung und eine Bruttostromproduktion aus Biogas von etwa 33,47 TWh an.

Auffällig sei zudem die stark gestiegene Nachfrage nach Wärme aus Biogas. Mittlerweile würden mehr als 15 TWh Wärme aus Biogas-Anlagen extern genutzt. Das entspreche dem Bedarf von rund 1,3 Millionen Haushalten.

Christian Mildenberger, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien (NRW) sagt: „Die aktuellen Zahlen zeigen die massive Verunsicherung in der Branche, da die komplett aus dem Ruder laufenden rechtlichen Vorgaben und die politischen Unsicherheiten die Investitionsbereitschaft in der Branche deutlich dämpfen. Um die Potenziale von Biogas dauerhaft zu heben, braucht es jetzt ein klares Bekenntnis der Politik und verlässliche Perspektiven, die über das Jahr 2024 hinaus gehen.“

Biogas-Ausbau in Bayern, Stagnation in Thüringen und Nordrhein-Westfalen

Den größten Zubau verzeichnete Bayern mit 56 neuen Biogasanlagen. Damit bleibt es mit insgesamt 2.641 Biogasanlagen Spitzenreiter vor Niedersachsen und Baden-Württemberg. Bei der installierten Leistung führt Niedersachsen mit 1.451 MW vor Bayern mit 1.362 MW.

Keine einzige neue Biogas-Anlage und eine Stilllegung gab es hingegen in Thüringen, wie das Thüringer Erneuerbare Energien Netzwerk (ThEEN) meldet. Allerdings hätten einzelne bestehende Anlagen ihre Leistung erhöht, sodass die Gesamtleistung trotz der Stilllegung um 142 MW zunahm.

Auch der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) beklagt, der Ausbau der Biogas-Nutzung sei praktisch zum Erliegen gekommen. Lediglich acht neue Biogas-Anlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von 194 MW seien in Nordrhein-Westfalen 2021 in Betrieb gegangen. Bereits im Vorjahr 2020 hatte NRW mit nur 15 neuen Anlagen einen Tiefpunkt beim Biogasausbau erlebt. Dass das Bundesland in diesem Jahr trotz des geringen Ausbaus im Länderranking noch auf dem fünften Platz liegt, sieht Mildenberger vom LEE NRW als Indiz dafür, dass sich auch beim Bund etwas an den Förderbedingungen ändern muss.

Verhaltene Prognosen für den Biogas-Zubau 2022

Für dieses Jahr erwartet der Fachverband Biogas den Netto-Zubau von 120 Biogasanlagen. Auch einige stillgelegte Anlagen würden voraussichtlich reaktiviert. Abzüglich neuer Stilllegungen würde sich der Zubau in diesem Jahr auf etwas mehr als 100 Anlagen mit insgesamt rund 65 MW Leistung belaufen. Damit läge die Stromerzeugung aus Biogasanlagen bei 33,56 TWh. Die Wärme-Auskopplung würde für 1,5 Mio. Haushalte reichen und die CO2-Einsparung auf 21,2 Mio. Tonnen steigen.

Für eine Trendumkehr im Biogas-Sektor reiche das aber nicht. Das Potenzial des Biogases für grüne Stromerzeugung, Wärme- und Mobilitätswende werde somit nur in Ansätzen genutzt. Wie es in den kommenden Jahren weitergeht, hänge maßgeblich von der Entwicklung des Energiepreises und den politischen Entscheidungen ab.

Verbände fordern einfachere Genehmigung und klare Regeln für Biogasu

Um das komplette Biogas-Potenzial zu heben, plädierte der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide, auf der Pressekonferenz für die Beseitigung von Restriktionen im EEG und im Genehmigungsrecht. „Wenn wir diese Bremsen lösen, kann die Branche einen wichtigen Beitrag zur Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung leisten“, sagt Seide.

Der LEE NRW fordert wird konkreter. Er fordert einen Biogas-Gipfel auf Landes und Bundesebene, an dem die Politik, Betreiber von Biogasanlagen, der Deutsche Bauernverband und die Landwirtschaftskammern teilnehmen sollen, so Mildenberger.

Dieser Gipfel solle helfen, widersprüchliche Regelungen und Verordnungen für die Nutzung von Biogas zu vereinheitlichen. Diese betreffen zum Beispiel die Verweilzeit der Substrate in den Gärfermentern. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) legt diese pauschal mit 150 Tagen fest, die Technische Anleitung Luft lässt je Vergärungszustand auch kürze Zeiten zu. Und um die Biogas-Produktion schnell zu erhöhen, wie im jüngsten Energiesicherungsgesetz vorgesehen, müsse man die Zusammensetzung der Substrate so verändern, dass die im EEG festgesetzte Verweilzeit ohnehin nicht eingehalten werden könne.

Der LEE NRW will es zudem für Städte und Gemeinden zur Pflicht machen, eine Biomüll-Tonne anzubieten um biogene Abfälle besser nutzen zu können. „Es ist der reine Irrsinn, dass dieser wichtige Rohstoff in vielen Kommunen nach wie vor ungenutzt bleibt und teilweise mit hohem Energieaufwand in Müllerverbrennungsanlagen verbrannt wird“, sagt Mildenberger. Zudem wünscht er sich ein konkretes Ausbauziel für den Biogas-Sektor in Nordrhein-Westfalen und verweist auf den Plan der schwarz-grüne Landesregierung 1.000 neuen Windenergieanlagen zu bauen.

Zu den ausführlichen Branchenzahlen für den Biogas-Ausbau geht es hier.

6.10.2022 | Quelle: Fachverband Biogas, LEE NRW, ThEEN | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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