Strategie des RWE: Milliarden für die Photovoltaik aus Katar
Der Essener Energiekonzern RWE steigt mit milliardenschwerer Unterstützung aus Katar in das Geschäft der Photovoltaik ein. So kündigte RWE Anfang Oktober den Erwerb des PV-Spezialisten Con Edison Clean Energy Businesses (Con Edison CEB) für rund sieben Milliarden Euro an. Das Unternehmen aus Valhalla/New York ist die Tochter des Energiekonzerns Consolidated Edison, der einen Jahresumsatz von zwölf Milliarden Euro aufweist.
Die Con Edison CEB sei, erklärt RWE, ein führender Betreiber und Entwickler erneuerbarer Energien und verfüge über eine installierte Kapazität von drei Gigawatt (GW). 90 Prozent davon entfallen nach Angaben des Unternehmens auf die PV. Die Anlagen stehen vor allem in Kalifornien, Arizona, Texas sowie an der US-Ostküste.
RWE plant Ausbau Photovoltaik auf 8 GW
Damit setzt RWE einen Teil seiner angekündigten Strategie um, im Laufe dieser Dekade die Photovoltaikkapazitäten auf 8 GW auszubauen. Das soll vor allem in Nordamerika und Europa geschehen. In den USA, wo RWE aus dem Stand zur Nummer 2 unter den Betreibern von Solaranlagen aufsteigt, sieht das Unternehmen weiteres Potenzial. Denn die neue Solartochter verfüge über eine Pipeline von rund 7 GW.
Die Solarthemen-Anfrage, ob RWE auch noch in Europa zukaufen wolle, ließ der Konzern zwar unbeantwortet. Klar ist aber, dass die Essener in Europa bei der Photovoltaik enormen Nachholbedarf haben. Denn laut der auf der Internetseite verfügbaren Stromerzeugungsliste unterhielt RWE in Deutschland Ende 2021 gerade einmal 3 MW anPV-Leistung. In den Niederlanden, Polen und Spanien kommen noch 130 MW hinzu.
Freie Hand für Photovoltaik-Firmenkäufe durch RWE
Und für weitere Milliardenkäufe hätte der Vorstand freie Hand. Denn die vorletzte RWE-Hauptversammlung 2021 hatte dem Vorstand die Möglichkeit eingeräumt, bis 2026 für Expansionspläne das Grundkapital um bis zu 20 Prozent zu erhöhen. Zudem ermächtigte die Aktionärsvertretung das Management, zuvor zurückgekaufte eigene Aktien als potenzielle Akquisitionswährung einzusetzen. Von einem ersten Teil dieser Optionen hat RWE nun im Falle von Con Edison CEB Gebrauch gemacht und sich den katarischen Staatsfonds QIA (Qatar Investment Authority) ins Boot geholt. QIA befindet sich im Besitz des Staates von Katar und legt die Gewinne aus der Öl- und Gasförderung international an.
Dieser stellt RWE zur Finanzierung ein Eigenkapital von 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Im Gegenzug erhalten die Kataris die Option, sich über eine Wandelanleihe an RWE zu beteiligen. Es geht um eine Beteiligung am Grundkapital von rund 173 Millionen Euro, was einem Anteil von zehn Prozent gleichkommt. Das entspricht wiederum rund 67,6 Millionen Aktien. Der Staatsfonds aus Katar wird damit aus dem Stand zum größten Einzelaktionär des Stromerzeugers.
Vorzugspreis für Katar
Die Autokraten erhalten das Paket zu einem Vorzugspreis. Sie zahlen rund 32,50 Euro. An der Börse notierten die RWE-Papiere Anfang Oktober bei 40 Euro. Weil die Geldspritze aus Katar alleine für die Übernahme nicht ausreicht, stemmt RWE den weiteren Betrag zur Finanzierung des Solarkaufs in den USA über Banken.
Für das wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehende Katar ist die Beteiligung an einem weiteren deutschen DAX-Unternehmen ein großer Erfolg. RWE-Chef Markus Krebber hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in diesem Frühjahr nach Katar begleitet, als jener mit dem autokratischen Regime über den Bezug von verflüssigtem Erdgas (LNG) verhandelte, um Erdgas aus Russland zu ersetzen. Möglicherweise sind dabei schon Einzelheiten vereinbart worden.
Der Staatsfonds Katars hält auch an anderen großen deutschen Unternehmen wie der Deutschen Bank und VW Beteiligungen, ebenso an Firmen der mittelständischen deutschen Wirtschaft. Weitere Käufe der Kataris in Europa können angesichts hoher Öl- und Gaspreise, die die Kassen des Staatsfonds füllen, als wahrscheinlich gelten. Oliver Ristau
13.10.2022 | Autor: Oliver Ristau
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