Umweltinstitut und BEE: Energiecharta ECT verstößt gegen EU-Recht

Das Gebäude des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg.Foto: G. Fessy / EuGH
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.
Nach dem europäischen Erneuerbare-Energien-Verband EREF fordern jetzt auch das Münchner Umweltinstitut und der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) den Austritt Deutschlands beziehungsweise der EU-Staaten aus dem Energiecharta-Vertrag.

Der Energie-Charta-Vertrag (ECT) regelt die Sicherheit von Energieinvestitionen. Insbesondere verankert er die Rolle internationaler Schiedsgerichte. Vor diesen können Unternehmen auf Schadensersatz verklagen, wenn diese die Konditionen für ihre Investitionen über deren Laufzeit verschlechtern – zum Beispiel durch strengere Klimaschutz-Vorschriften während der Laufzeit eines Kohlkraftwerkes. Am 22. November soll über eine Modernisierung des Vertrages abgestimmt werden. Diese sieht jedoch vor, dass auch fossile Investitionen noch bis 2033 und Gas-Investitionen sogar bis 2043 geschützt werden sollen. Deshalb fordern mehrere Organisationen den Austritt aus dem ECT, darunter auch der Europäische Dachverband für erneuerbare Energien EREF. Zudem verstoße der ECT-Vertrag gegen EU-Recht.

Schiedsgerichte des ECT-Vertrags nicht mit EU-Recht vereinbar

Das Umweltinstitut hat von der Kanzlei Günther ein Rechtsgutachten zu den Energiecharta-Verträgen erstellen lassen. Dieses kommt zu dem Schluss, dass der Vertrag weder mit der Autonomie des Rechtssystems der EU noch mit ihrer Regulierungsautonomie vereinbar sei. Somit seien nicht nur Schiedsverfahren zwischen EU-Staaten illegal, sondern auch Schiedsverfahren zwischen Nicht-EU und EU-Ländern. Damit wären Schiedssprüche innerhalb der EU grundsätzlich nicht vollstreckbar. Das Problem sei allerdings, dass die Schiedsgerichte sich nicht an europäisches Recht halten würden.

Auch laut dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) widersprechen die Schiedsgerichte bereits nach jetzigem Stand europäischem Recht. „Der EuGH hat diese intransparenten Schiedsgerichte bereits als nicht mit europäischem Recht vereinbar erklärt. Die gefundene Regelung zu einem ‚right to regulate‘ für die EU lässt zu viele Hintertüren für den Schutz von fossilen Investitionen von nicht in der EU ansässigen Akteuren offen und ist daher im Grunde wirkungslos. Auch sieht die Einigung vor, dass bestehende fossile Investitionen noch bis mindestens 2033 geschützt werden. Das steht den Interessen der Erneuerbaren Energien klar entgegen,“ sagt die BEE-Präsidentin Simone Peter.

Haltung Deutschlands zum ECT noch nicht abschließend geklärt

Die EU-Kommission und einige Mitgliedstaaten werben laut BEE dafür, die wenigen Verbesserungen nicht zu gefährden und deshalb dem Ergebnis der Modernisierungsverhandlungen zuzustimmen. Polen, Spanien, die Niederlande und Frankreich haben ihren Rückzug aus dem ECT eingeleitet, Slowenien hat laut einer Meldung von Euractiv seinen Austritt am Dienstag als „sehr wahrscheinlich“ erklärt.

In Deutschland sei die Haltung zum ECT zwischen den Ressorts noch nicht geklärt. Sowohl BEE als auch das Umweltinstitut fordern Deutschland zum Austritt auf. Das Rechtsgutachten soll laut Umweltinstitut die Regierungen dabei unterstützen, juristisch gegen die Energiecharta vorzugehen. Damit ließe sich auch verhindern, dass die gewöhnliche Austrittsregelung greife. Diese sieht nämlich vor, dass die Konditionen auch 20 Jahre nach dem Austritt weiter gelten. Gerade in Zeiten von Energie- und Klimakrise müssen Regierungen ihre Handlungsfähigkeit zurückerlangen. Eine Paralleljustiz mit Sonderklagerechten für Großinvestoren stünden dem Klimaschutz und der Energiewende im Weg, würden die Demokratie und wichtige Steuermilliarden kosten, so das Umweltinstitut.

27.10.2022 | Quelle: Umweltinistitut, BEE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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