Studie: Erneuerbare Energien trotz Gewinnabschöpfung langfristig profitabel

Eine Studie von Aurora Energy Research kommt zu dem Schluss, dass die geplante Gewinnabschöpfung bei Stromerzeugern die langfristige Wirtschaftlichkeit der Erneuerbare-Energien-Anlagen nicht gefährdet.Grafik: Aurora Energy Research
Infolge der Gewinnabschöpfung verdienen Erneuerbare kurzfristig 32 bis 55 % weniger, jedoch bleibt selbst subventionsfreier Ausbau langfristig rentabel.
Eine Studie von Aurora Energy Research kommt zu dem Schluss, dass die geplante Gewinnabschöpfung bei Stromerzeugern die langfristige Wirtschaftlichkeit der Erneuerbare-Energien-Anlagen nicht gefährdet. Risiken bestehen in der Verunsicherung der Marktteilnehmer, die den Erneuerbaren-Ausbau bremsen könnte.

Ein Konzept des Wirtschafts- und Klimaministeriums sieht vor, Zufallsgewinne von Stromerzeugern abzuschöpfen. Mit der Gewinnabschöpfung bei den Stromerzeugern will man Entlastungen für Endverbraucher und Unternehmen finanzieren, die unter den deutlich gestiegenen Energiepreisen leiden. Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen sowie Atom- und Braunkohle-Kraftwerken sollen voraussichtlich von Dezember 2022 bis Juni 2023 verpflichtet werden, Gewinne am Spotmarkt, sofern sie gesetzlich festgelegte Grenzen überschreiten, zu 90 Prozent an den Staat abzuführen. Für Strom, der nicht am Spotmarkt, sondern an Terminmärkten oder über Direktabnahmeverträge (PPAs) vermarket wird, sind eigene Regelungen zur Abschöpfung vorgesehen. Aurora Energy Research hat auf Basis der bisher bekannten Pläne analysiert, wie sich dies auf die Einnahmen und die Rentabilität der Anlagen auswirkt. Wie die Pläne der Bundesregierung konkret aussehen, hat Chefredakteur Guido Bröer in einem Bericht unter S+ zusamemngefasst.

Erheblicher Einschnitt in die Einnahmen von Erneuerbaren-Betreibern

„Unsere Berechnungen zeigen, dass die Gewinnabschöpfung auf den ersten Blick einen erheblichen Einschnitt in die Einnahmen von Erneuerbaren-Betreibern bedeutet“, sagt Lars Jerrentrup, Hauptautor der Studie. Die Einbußen betragen zwischen 32 und 55 Prozent, wobei über die Marktprämie subventionierte Anlagen wegen schärferer Obergrenzen deutlich stärker betroffen sind als nicht-subventionierte. Zudem sind Photovoltaik-Anlagen stärker als Windkraftanlagen betroffen. So beträgt die Abnahme der Gesamterlöse im Zeitraum der Gewinnabschöpfung bei der subventionierten Photovoltaik 55 %, nicht subventioniert sind es 36 %. Bei der Windkraft an Land sind es subventioniert 45 %, nicht subventioniert 32 %. „Auf die langfristige Wirtschaftlichkeit der Anlagen, ob subventioniert oder nicht, hat dies allerdings kaum Auswirkungen“, so Jerrentrup. „Zum einen ist der Zeitraum, in dem die Abschöpfung wirksam wird, überschaubar kurz, zum anderen sind die Obergrenzen so angesetzt und mit Sicherheitsmargen versehen, dass die Anlagen weiterhin profitabel bleiben.“

Wie die Berechnungen von Aurora zeigen, sorgen die hohen Strompreise dafür, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland erstmals im großen Stil ohne Subventionen rentabel ist. Selbst mit der Abschöpfung von Gewinnen in den kommenden sieben Monaten erzielen die Anlagen auf die gesamte Lebenszeit gesehen so hohe Renditen wie noch nie und wären auch ohne Förderung profitabel. Auch für Atom- und Braunkohlekraftwerke hat die Gewinnabschöpfung nur moderate Folgen. Denn viele dieser Kraftwerke können überhaupt nur deshalb mehr Einnahmen generieren, weil man ihre Laufzeiten politisch gewollt verlängert hat, um den Gasbedarf für die Stromerzeugung zu reduzieren. Die Gewinnabschöpfung begrenzt so lediglich die unerwarteten Zusatzgewinne der Betreiber.

Gewinnabschöpfung bei Stromerzeugern kann positiv wirken, birgt aber auch Risiken

Angesichts der Größenordnung der Übergewinne halten die Studienautoren es somit für wirtschaftlich zumutbar, wenn die Kraftwerksbetreiber einen Teil davon abgeben müssen, auch als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung. „Abgesehen davon sehen wir in dem Thema aber auch eine Chance für die erneuerbaren Energien“, sagt Kornelia Stycz, Projektleiterin bei Aurora Energy Research. „Bisher wurden sie häufig als Preistreiber geschmäht, und die auf den Stromrechnungen ausgewiesene EEG-Umlage bestärkte die Kritiker in dieser Ansicht. Jetzt dagegen sehen die Verbraucher, dass sie von den günstigen Erneuerbaren profitieren. Damit könnte in Zukunft auch die Akzeptanz von Projekten steigen, was vor allem bei der Windenergie dringend notwendig wäre, um die nationalen Ausbauziele zu erreichen.“

Allerdings ist die Gewinnabschöpfung bei Stromerzeugern auch ein massiver Eingriff in den Strommarkt und führt zu einem Vertrauensverlust bei den Beteiligten. Zumal derzeit offen ist, ob der Bund die Maßnahme unter Umständen verlängert. Die Unwägbarkeiten treffen auf einen Markt, der bereits durch die anhaltende Volatilität der Strom- und Gaspreise, aber auch durch Pläne der EU-Kommission für eine grundlegende Reform des Strommarktdesigns verunsichert ist. „Diese Gemengelage könnte sich langfristig negativ auf die Risiko-Einschätzung von Investoren und damit auf die Finanzierungsbereitschaft auswirken“, warnt Stycz. „Dabei wäre gerade jetzt ein deutlich beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren nötig, um die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten zu reduzieren und die Dekarbonisierung voranzubringen.“ Um das verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen, sehen die Aurora-Experten deshalb die Politik auf europäischer und nationaler Ebene in der Pflicht. Sie sollte möglichst schnell klare und verlässliche Regelungen zu den zukünftigen Spielregeln im Strommarkt schaffen.

16.11.2022 | Quelle: Aurora Energy Research | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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