Offener Brief: Übergewinn-Abschöpfung könnte Ökostrom verteuern

Münzen auf Photovoltaik-Module - Symbol für hohe Marge.Foto: Swellphotography / stock.adobe.com
Mit dem Bau und Weiterverkauf von Miet-PV-Anlagen auf Privathäusern will Otovo auch in Zukunft eine hohe Marge erzielen.
Die Ökoenergie-Anbieter Green Planet Energy, naturstrom und Elektrizitätswerke Schönau (EWS) kritisieren in einem offenen Brief an Bundestagsabgeordnete die Gestaltung der geplanten Strompreis-Bremse.

Die Bundesregierung hat angekündigt, dem Parlament noch diese Woche eine Formulierungshilfe zukommen zu lassen, damit die Strompreis-Bremse zugig beschlossen wird. Die aktuelle Version der Strompreis-Bremse drohe, die Vermarktung erneuerbarer Energien zu erschweren, während Atom und Braunkohle Vorteile erhalten, bemängeln hingegen die Verbände. Knackpunkt ist wieder einmal die geplante Übergewinn-Abschöpfung für Ökostrom-Verträge.

Übergewinn-Abschöpfung könnte bei Ökostrom-Verträgen zeitweise über den Gewinnen liegen

„Die vorgesehenen Regelungen würden die Energiewende behindern und in vielen Fällen sogar zu höheren Preisen für Ökostrom führen, kritisiert Nils Müller, Vorstand bei Green Planet Energy. Das Problem ist dabei vor allem der geplante Abschöpfungs-Mechanismus für langfristige Power Purchase Agreements (PPA). Laut den Ökoenergie-Anbietern liegt der Preis in den PPA typischerweise deutlich unter dem Niveau der Strombörsen. Nun plane die Bundesregierung nach Informationen von Green Planet Energy aber eine Abschöpfung auf Basis fiktiver Erlöse an der Strombörse, welche die Erzeuger unter Umständen gar nicht eingenommen hätten. Green Planet Energy fürchtet, dass die Abschöpfungen in bestimmten Zeiten daher sogar höher liegen könnten als die Gewinne.

Das hätte zwei mögliche Konsequenzen. Entweder würden die grünen PPA-Kraftwerke bei einer solchen Preiskonstellation abgeschaltet, was das Stromangebot insgesamt weiter verknappen und die Preise weiter steigen lassen würde. Oder ihre Betreiber würden von vornherein gar keine PPA-Verträge mehr abschließen. Ökostromversorger müssten dann ihrerseits die wegbrechenden Strommengen zu höheren Preisen anderweitig beschaffen. Absurder geht es kaum: Die Strompreisbremse würde Preissteigerungen dadurch sogar noch befeuern“, kritisiert Müller.

Hohe dreistellige Millionenbeträge für Kohle- und Atomkraftwerke

Atom- und Braunkohlekraftwerken sollen laut GPE hingegen Prämien und Aufschläge erhalten. Laut einem von Green Planet Energy beauftragten Gutachten des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) soll RWE so für abgeschriebene Kraftwerke, die bis 2030 vom Netz gehen sollen, indirekte Entschädigungszahlungen von 266 Millionen Euro erhalten. Schon durch den Kohleausstieg erhalte der Konzern 2,6 Milliarden Euro Entschädigungssumme, und und der Bundestag habe entschieden, diese Zahlungen nicht zu erhöhen.

Betreiber von Atomkraftwerken würden über den angehobenen Abschöpf-Referenzpreis hingegen 324 Millionen Euro mehr erhalten. Würden alle Betreiber die zusätzliche Dekontaminierungsprämie nutzen, steige die Summe auf 432 Millionen.

Energy Brainpool hat eigenes Modell für Übergewinn-Berechnung entworfen

Die Ökostrom-Anbieter fordern das Parlament auf, den geplanten Regelungen in dieser Form nicht zuzustimmen: „PPA-Anlagen dürfen nur dann abgeschöpft werden, wenn sie auch tatsächlich Übergewinne produzieren“, fordern sie. Sie haben vom Analysehaus Energy Brainpool selbst ein Modell entwerfen lassen, wie Übergewinne stattdessen berechnet werden könnten. Dazu wollen sie einen branchenweiten Vergleichswert und eine Sicherheitsmarge heranziehen.

Der offene Brief an die Abgeordneten des Bundestags sowie die Gutachten von Energy Brainpool und dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft sind hier abrufbar.

Aurora Energy Research war vorige Woche zu dem Schluss gekommen, dass eine Gewinnabschöpfung zwar ein herber Einschnitt sei, die erneuerbaren Energien jedoch langfristig rentabel blieben.

21.11.2022 | Quelle: WSW| solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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