Windwise: eine Windkraftanlage für gleichmäßige Last
Für Markus Becker, Geschäftsführer der Windwise GmbH, war die Situation auf den „Windenergietagen NRW“ in Bad Driburg Mitte November nichts Neues: Hierzulande führende Windturbinenhersteller stellten ihre neuen Flaggschiffe vor, mit 6 Megawatt und mehr Generatorleistung sowie einem Rotordurchmesser von 175 Metern. „Nicht unsere Liga“, sagt der Geschäftsführer der Windwise GmbH aus Münster, die ihre Brötchen mit Gutachten und Servicedienstleistungen im Windbereich verdient.
„Gegen diese Riesen wirken wir mit unserem Konzept wie Zwerge”, ordnet er die von Windwise geplante Konfiguration im Vergleich zu den Multimegawattanlagen ein. Die vom westfälischen Ingenieurbüro entwickelte „Maxcap-Turbine“ bringt es lediglich auf 2,3 MW Leistung und 141 Meter Rotordurchmesser.
Erfahrung in der Entwicklung
Becker und seine knapp zwei Dutzend Kollegen sind seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Windtechnik tätig. Diplom-Ingenieur Becker selbst entwickelte für den GE-Konzern federführend die Plattform für die 1,5-MW- Maschine, die weltweit meistverkaufte Anlage in ihrer Größenklasse. Später managte er das Entwicklungsteam beim deutsch-indischen Windturbinenhersteller Kenersys, der seine Aktivitäten in Deutschland 2014 einstellte.
„Schon zu Kenersys-Zeiten entstand die Idee für eine Anlage, bei der nicht immer das Mehr an größerer Leistung und höhere Türme im Mittelpunkt stehen sollten“, erzählt Becker. Die Philosophie von Windwise für die „Maxcap-Turbine“ steckt in dem Wörtchen „Grundlastoptimierung“. Denn die Anlage ist so ausgelegt, dass sie die vor Ort vorhandenen Netzkapazitäten besser ausnutzen kann.
Starkwindzeiten uninteressant
Das bringe aus seiner Sicht wirtschaftliche Vorteile mit sich, erklärt Geschäftsführer Becker. „Für uns sind nicht die Starkwindzeiten interessant, wenn das Gros der hierzulande laufenden Windturbinen infolge von Zigmillionen eingespeister Kilowattstunden die Strompreise deutlich drücken und Abschaltungen drohen, sondern eher niedrigere und mittlere Windgeschwindigkeiten“. Die neue Anlage erreiche einen Kapazitätsfaktor von über 40 Prozent an typischen Binnenlandstandorten – was vergleichbar ist mit dem Niveau von Offshore-Wind-Maschinen.
Deshalb eignet sich die neue Windturbine made in Westfalen nach Worten von Markus Becker neben der Optimierung bestehender Windparks – sofern es Flächen und Abstände zulassen – vor allem für die Eigenstromerzeugung von mittelständischen Industrie- und Gewerbebetrieben. „Abhängig vom Standort lassen sich mit der Maxcap-Anlage jährlich zwischen sieben und elf Millionen kWh erzeugen, was schon eine Hausnummer ist”, so Becker.
Möglich gemacht haben die Entwicklung des Prototypen europäische Fördermittel aus dem EFRE-Programm sowie Gelder des Landes NRW. Das Maschinenhaus selbst ist bereits umfassend im Labor des Center for Windpower Drives an der RWTH Aachen getestet worden. Die Probe aufs Exempel, ob all ihre Berechnungen stimmen, wollen die Westfalen im kommenden Sommer starten. In Lienen zwischen Münster und Osnabrück wird der Prototyp dann endlich errichtet werden.
Kooperation von Windwise mit Bentec
Die Bentec Drilling & Oilfield Systems aus Bad Bentheim hat die erste Lizenz der neuen Schwachwindturbine erworben. Sie ist ein Tochterunternehmen der schottischen KCA-Deutag-Gruppe, die wiederum zu den ganz Großen der internationalen Öl- und Erdgasindustrie gehört. Beide Unternehmen haben zwischenzeitlich eine langfristige Technologiepartnerschaft vereinbart. Sie soll es der Bentec ermöglichen, sich als Windenergieanlagenhersteller im In- und Ausland zu etablieren.
Bei der einen Lizenz will es Windwise nicht belassen. „Wir sind gekommen, um mit unserem Konzept zu bleiben“, betont Markus Becker selbstbewusst.
16.12.2022 | Autor: Ralf Köpke
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