Erstes deutsches LNG-Terminal in Wilhelmshaven eröffnet

LNG Schiff im Dämmerlicht
LNG-Tanker, wie hier die Arctic Discoverer, sollen flüssiges Erdgas nach Deutschland bringen.
Am Samstag ging in Wilhelmshaven das erste schwimmende LNG-Terminal in Deutschland offiziell in Betrieb. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft lobt das neue Terminal, die Deutsche Umwelthilfe will Klage einreichen.


Das Terminal-Schiff „Höegh Esperanza“ ist mit rund 165.000 m3 LNG an Bord in Wilhelmshaven angekommen, meldet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nahmen das schwimmende LNG-Terminal am Samstag offiziell in Betrieb. Am Freitag hatten die niedersächsischen Behörden die Genehmigungen erteilt.

In den nächsten Tagen soll das tiefkalte und hoch komprimierte LNG erstmals wieder in Erdgas umgewandelt werden (Regasifizierung). Der reguläre Betrieb soll im Januar starten. Dann soll die Esperanza bis zu 5 Milliarden m3 Erdgas regasifizieren können. Das BMWK bezeichnet sie als ersten Meilenstein in der zukünftigen Energieversorgung Deutschlands.


Das Projekt zeige, was Deutschland binnen weniger Monate auf die Beine stellen könne, wenn es sein müsse, sagte Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck. Diese Zusammenarbeit und das Tempo solle man nun auch auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien übertragen, betonen Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.

LNG-Terminal in Brunsbüttel soll noch diesen Winter folgen


Das Flüssigerdgasterminal in Wilhelmshaven ist eines von fünf staatlich gemieteten FSRUs. Als nächstes soll eine Einheit in Brunsbüttel folgen, die zunächst 3,5 Milliarden m3 Erdgas regasifizieren kann. Ab Ende 2023 soll die Kapazität auf 7,5 Milliarden m3 steigen. Habeck betonte auch, dass es genauso wichtig sei, die Erneuerbaren Energien schneller voranzubringen und sorgsam mit dem knappen Gut Gas umzugehen.


Über die Belieferung hat das BMWK eine Absichtserklärung mit den Energieversorgern Uniper, RWE und EnBW/VNG unterzeichnet. Diese haben zugesagt, die Terminals von Anfang 2023 bis Ende März 2024 mit der maximalen Mengen zu beliefern.


Ebenfalls noch in diesem Winter soll eine private FSRU in Lubmin eine FSRU in Betrieb gehen.
Die übrigen drei staatlichen FSRUs sollen für den kommenden Winter bereitstehen. Sie sollen in Stade, Lubmin und ein zusätzlich in Wilhelmshaven liegen und pro Schiff eine Kapazität von ca. 5 Milliarden Kubikmetern haben.

DUH: LNG nicht mit Klimaschutz kompatibel

Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Christian Meyer betont hohe Umwelt- und Sicherheitsstandards bei der Genehmigung. Das Vorhaben sei intensiv nach europäischem und deutschem Recht geprüft worden, einschließlich 300 Einwänden von Umweltverbänden und Bürger:innen.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, nennt die Inbetriebnahme einen wichtigen Schritt in Richtung einer unabhängigeren und gestärkten Gasversorgung in Deutschland. Sie sieht in den bereits erfolgten Lieferungen über andere europäische LNG-Terminals den Grund dafür, dass sich die Lage am Gasmarkt in der letzten Zeit wieder beruhigt habe.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das Fehlen einer Befristung in der Betriebsgenehmigung. Das sei nicht mit dem 1,5-Grad-Limit vereinbar. Zudem sei es trotz der Nähe zum Wattenmeer erlaubt worden, große Mengen Biozide ins Meer zu leiten. Von Umweltverbänden vorgebrachte Alternativen seien ignoriert worden, einen offiziellen Erörterungstermin habe es nicht gegeben.


Die DUH hatte zuvor den Bau fester Terminals kritisiert, die FSRUs für die Versorgungssicherheit aber im Grundsatz hingenommen. Allerdings müssten diese sich auch an Umweltgesetze und nur eine Übergangslösung sein. Unterlagen aus dem Bundeswirtschaftsministerium würden zudem bestätigen, dass die Terminals überdimensioniert seien und so die Klimaziele torpedieren würden. Aus insgesamt elf Projekten soll sich eine zusätzliche Importkapazität von 120 Milliarden Kubikmetern ergeben. Vor dem Ukraine-Krieg habe der Gasverbrauch bei 90 Milliarden Kubikmetern jährlich gelegen. Allein aus diesen Importen ergeben sich 250 Millionen Tonnen CO2 im Jahr, die zulässigen Emissionen des Energiesektors für 2030 liegen bei 108 Millionen Tonnen. Das gehe selbst über die Worst-Case-Szenarios der DUH hinaus und habe mit Versorgungssicherheit für Krisenwinter nichts mehr zu tun.


Die DUH will auf eine Befristung der Betriebsgenehmigung und gegen den Biozid-Einsatz klagen. Andreae vom BDEW fordert hingegen auch den Bau stationärer Terminals. Dabei solle man die künftige Nutzung für Wasserstoff und dessen Derivate konsequent mitdenken. Die Synergieffekte sind wegen der sehr unterschiedlichen Eigenschaften der Substanzen allerdings begrenzt. Zugleich gibt es Forschungsansätze, um synthetisches LNG mit biogenem Kohlenstoff herzustellen.

19.12.2022 | Quelle: BMWK, BDEW, DUH | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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