Flächen suchen für große Solarthermie

Im Juli 2022 haben Bundestag und Bundesrat in § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) einen Passus hineingeschrieben, der aufhorchen lässt und dessen Bedeutung für die Genehmigungsbehörden kaum zu überschätzen ist: Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien liegen demnach „im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung in Deutschland nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“
Ungleichbehandlung von Solarthermie- und PV-Flächen in der Schutzgüterabwägung
Doch die Neuregelung im EEG gilt bislang nur für stromerzeugende Regenerativtechnologien wie Photovoltaik und Windkraft. Der Wärmesektor, der vor allem für Solarthermie und künftig auch für Saisonalspeicher ebenfalls einen Bedarf an Freiflächen hat, bleibt bislang außen vor. Ähnliches gilt für die Privilegierungstatbestände für das Bauen im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches (BauGB), wo zumindest die Windenergie namentlich erwähnt ist, die Solartechnologien allerdings nur an oder auf Gebäuden.
Beim Bundesverband Erneuerbare Energien hat man das Problem erkannt. Dessen Präsidentin Simone Peter sagte gegenüber Energiekommune: „Um die Wärmewände auf Kurs zu bringen, sind erneuerbare Wärmeprojekte rechtlich mit Projekten zur Stromerzeugung gleichzusetzen. Dafür ist die Privilegierung der erneuerbaren Wärmeerzeugung in § 35 Baugesetzbuch zu verankern, wie es für Windkraft und Stromerzeugung bereits gilt. Weiterhin ist der Genehmigungstatbestand mit umfassender Konzentrationswirkung einzuführen. Dieser sollte alle erforderlichen Einzelgenehmigungen und Planverfahren beinhalten. Und drittens sollte der in § 2 EEG festgelegte Vorrang in der Schutzgüterabwägung die Dekarbonisierung der Wärme mithilfe erneuerbarer Energien mit einbeziehen.“
Genehmigungsbehörden agieren unsicher
Diese Forderungen unterstützt auch Felix Landsberg, der beim Hamburg Institut im Rahmen des Projektes „SolnetPlus“ zahlreiche Genehmigungsverfahren für große Solarthermieanlagen untersucht hat. Die Genehmigungsbehörden seien aufgrund der unklaren Vorgaben oftmals verunsichert, wie sie mit dieser in Deutschland noch seltenen Technologie der Freiflächen-Solarthermie umgehen sollen, berichtet Landsberg. Aufgrund der fehlenden eindeutigen Privilegierungsregeln sei es längst nicht überall so effizient gelaufen, wie bei der zwei Hektar großen Solarthermieanlage der Stadtwerke Lemgo. Die wurde auf Basis von § 35 BauGB genehmigt. Aufgrund der Verbindung mit der Großwärmepumpe habe es für das Kollektorfeld keine Standortalternative gegeben. Nicht überall sind Genehmigungsbehörden so kooperativ.
Das Hamburg Institut sieht allerdings nicht nur den Bundesgesetzgeber in der Pflicht, klare Privilegierungstatbestände zu schaffen, mit denen die große Solarthermie eine Chance auf genügend große Flächen in Siedlungsnähe erhält. Ebenso wichtig seien die Länder. Im Zuge der Landesentwicklungspläne, so Landsberg, hätten sie das richtige Werkzeug, um den Flächenbedarf der Solarthermie zu berücksichtigen und die Notwendigkeit zur Beachtung ihrer besonderen Standorterfordernisse festzuschreiben.
Kommunen, werdet aktiv!
Vor allem aber hofft Landsberg auf die Kommunen: „Gemeinden sollten Flächen auf ihrem Gebiet proaktiv auf die Eignung für die Solarenergie untersuchen. Das Verfahren bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist in jedem Fall sinnvoll, denn eine Bestandsaufnahme der Energieflächen erlaubt die Steuerung neuer Projekte.“
28.12.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH
Detaillierte Informationen zu Solarthermie in der Fernwärme finden sich auf der Internetseite www.solare-waermenetze.de

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 10/2022 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!