Robert Kanduth: Kollektorproduktion lässt sich sofort verdoppeln

Portraitfoto von Robert Kanduth, Gründer von GREENoneTECFoto: GREENoneTEC
Robert Kanduth, Gründer und seit drei Jahrzehnten Kopf von GREENoneTEC
Robert Kanduth ist Gründer und Chef des größten europäischen Solarkollektorherstellers, GREENoneTEC in Kärnten. 2022 konn­­te er sein 30-jähriges Firmenjubiläum feiern. Kanduth ist auch Präsident des Branchenverbandes Austria Solar. Der Solarpionier hält zwar auch Anteile am Photovoltaik-Unternehmen KIOTO Solar, im Herzen sei er aber Solarthermiker, sagt der Solarpionier. Im Solarthemen-Interview spricht er über die aktuelle Geschäftslage und -aussichten der Solarthermiebranche.

Solarthemen: Beziffern Sie bitte in der Rückschau auf ihre drei Jahrzehnte in der Solarthermie ihren persönlichen Geschäftsklimaindex zwischen eins und zehn. Wo stehen Sie heute?

Robert Kanduth: Vier.

Das klingt nicht so toll.

Na ja, wenn 2008 als bestes Jahr die Zehn war, dann ist es heute nicht mehr als vier oder vielleicht fünf. Grundsätzlich bin ich zufrieden. Wir sind seit ein paar Jahren wieder gewachsen. Es passt. Das Geschäft funktioniert. Aber es könnte weit, weit mehr sein. Wir kommen heuer auf den halben Umsatz von 2008. Wenn ich schaue, was in der Photovoltaik los ist, wenn ich höre, dass alle nur immer von Photovoltaik und Windkraft reden und die Wärme vergessen, dann sind wir mit der Solarthermie maximal auf vier.

Corona, Lieferkettenprobleme, jetzt der Krieg in der Ukraine mit der Energiekrise – wie betreffen diese Verwerfungen der jüngsten Zeit aktuell Ihr Geschäft?

Indirekt betrifft uns das schon. Als GREENoneTEC sind wir zwar hochliquide und haben keine Bankverbindlichkeiten. Wir haben rechtzeitig geschaut, dass wir viele Rohstoffe bekommen. Wir haben noch nie in unserer Geschichte einen so hohen Lagerbestand gehabt wie jetzt – einfach um lieferzuverlässig zu sein. 2022 waren wir 99,5 prozentig lieferfähig. Dass meine Kollektoren lieferbar sind, nutzt mir allerdings nichts, wenn der Boiler nicht lieferbar ist und der Sperrhahn nicht lieferbar ist. Dann haben auch wir ein Problem, weil die Systeme nicht ausgeliefert werden.

Der Krieg in der Ukraine wird langfristig einen großen Einfluss für Europa haben. Wir verstehen jetzt, dass wir immer abhängig gewesen sind im Energiesektor. 1973 in der ersten Energiekrise haben wir nichts gelernt, in der zweiten Energiekrise 1978 haben wir wieder nichts gelernt. Auch 2008, als das Barrel Öl 149 Dollar kostete, haben wir zum dritten Mal nichts gelernt. Ich hoffe, dass wir es jetzt beim vierten Mal endlich lernen werden: Natürlich ist es ganz wichtig, dass Europa sich unabhängig macht im Energiebereich. 50 Jahre lang hat Europa nichts, wirklich rein gar nichts gemacht. Mein Eindruck: Nach 50 Jahren fangen wir jetzt endlich an nachzudenken, ob wir nicht vielleicht unabhängig werden sollten – mit 50 Jahren Verspätung!
Welche Rolle kann dabei die Solarthermie spielen?

Wir brauchen den ganzen Mix der erneuerbaren Energien. Ich sollte auch gar nicht immer so auf die Photovoltaik schimpfen – schließlich bin ich selbst Gesellschafter eines PV-Unternehmens. Aber mein Herz schlägt nach wie vor für die Solarthermie. Damit habe ich 1991 begonnen. Es tut mir weh, dass Solarthermie so weit unter Wert gehandelt wird und alle Gespräche nur in Richtung Photovoltaik und Stromerzeugung gehen. Wir brauchen natürlich auch die Photovoltaik. Aber wo Wärme benötigt wird, da gehört einfach die Solarthermie her. Mit Strom Solarwärme zu ersetzen, wäre kompletter Humbug. Aber die politische Meinung geht in diese Richtung. Ich empfinde das als Katastrophe.

Bei uns in Österreich kommt beim Heizkesseltausch fossil gegen Biomasse nur in 4 Prozent der Fälle eine Solarthermieanlage dazu. Das heißt, wir heizen das ganze Jahr mit Holz und verursachen mehr CO2-Ausstoß und NOx-Belastung als mit Ölkesseln. In Wirklichkeit müsste zu jedem Holzheizkessel eine Solarthermieanlage verpflichtend dazugehören. Dann muss ich sechs Monate den Kessel nicht anschalten und produziere kein CO2, kein NOx, keinen Feinstaub. Aber die Gesetzgebung geht komplett nur in Richtung Photovoltaik. Wie falsch kann denn ein Gesetz sein?! Es sorgt dafür, dass im Sommer für nichts und wieder nichts Holzheizungen laufen.

In Deutschland werden heute schon deutlich mehr Biomasseheizungen mit Solarthermie verkauft. Und demnächst soll kein Biomassekessel mehr ohne Solarthermie gefördert werden.

Ja, in Deutschland ist das über die Förderung wesentlich besser gelöst.

Ist Deutschland nach wie vor Ihr größter Exportmarkt?

Unser größter Markt ist Deutschland, gefolgt von Italien, danach kommen Spanien und Frankreich.

In Deutschland drängt die Politik massiv in Richtung Wärmepumpe. Bislang werden diese nur sehr selten in Verbindung mit Solarthermie installiert.

Wenn sich jemand eine Photovoltaikanlage zur Wärmepumpe installieren lässt und im Sommer damit auch das Haus kühlt, dann passt das super. Dann hat er den Strom für die Kühlung und die Wärmepumpe. Aber wenn ich im Einfamilienhaus eine Luftwärmepumpe habe und glaube der Werbung, dass ich mit der Photovoltaik den Strom dafür produzieren kann, liege ich falsch. Wenn es im Winter richtig kalt ist, habe ich schlicht eine Stromheizung. Und die Photovoltaik bringt dann auch nichts.

Wie können Sie als Solarthermiehersteller da gegensteuern?

Als OEM-Anbieter von Kollektoren kann ich wenig machen. Wir verkaufen unsere Kollektoren an große Heizungsbaufirmen. Ich bin nur Passagier: Wenn der Markt rauf geht, geht’s uns gut, wenn er runter geht, schlecht.

Aber politisch versuche ich in Österreich zu tun, was möglich ist. Ich bin seit Jahren Präsident von Austria Solar, habe auch nächste Woche einen Termin mit der österreichischen Umweltministerin. Ich will ihr erklären, wie man die Förderung sinnvoll verändern könnte. In Europa versuchen wir uns über den europäischen Verband Estif einzubringen. Aber in Deutschland habe ich keinen politischen Einfluss. Der Mainstream ist zurzeit überall: Photovoltaik, Photovoltaik, Photovoltaik.

Wie ist denn eigentlich Ihr Verhältnis als größter Kollektorhersteller Europas zu den großen Heizungsbaufirmen die ja zumeist eigene Inhouse-Fertigungen für Kollektoren haben? Ist das ein Spannungsverhältnis?

Nein. Es funktioniert super. Auch mit den großen Unternehmen. Wir beliefern sie alle – auch, wenn sie eine eigene Kollektorfertigung haben. Manche Unternehmen haben ihre Fertigungen sogar geschlossen aufgrund der geringen Nachfrage und lassen jetzt ihre Kollektoren von uns produzieren. Wenn ein großer Heizungsanbieter nur 50.000 Quadratmeter Sonnenkollektoren braucht, lohnt sich die Produktion für den nicht. Bei uns laufen diese Mengen einfach mit. Wir haben ja 2008 schon mal 1,2 Millionen Quadratmeter produziert. Im vorigen Jahr waren es nur 500.000; wir haben die doppelte Kapazität im Haus.

Könnten Sie von jetzt auf gleich die Produktion verdoppeln?

Auf die Schnelle könnten wir eine Million Quadratmeter produzieren, wenn ich ein halbes Jahr Vorbereitung habe, können es auch 1,5 Millionen sein.

In der Krisenphase sind Sie auch ins Projektgeschäft mit Großkollektoren eingestiegen. Was trauen Sie diesem Bereich zu?

Wir haben selbst in Eigenregie nur zwei Großanlagen projektiert, weil wir zeigen wollten, was wir können. Ansonsten beliefern wir unsere Kunden, mit unseren Produkten und unterstützen sie mit unserem Know-how. Wie bei den Standardkollektoren, will ich auch bei Großanlagen nicht zum Mitbewerber unserer Kunden werden.

Wie bewerten Sie denn die Geschäftsaussichten im Großanlagensegment?

Das ist meine größte Hoffnung. Weil es total sinnvoll ist, die Fernwärme im Sommer zu 100 Prozent mit Solarthermie abzudecken. In Friesach haben wir die Kollektoren für Österreichs größte Anlage geliefert und die Anlage auch mitentwickelt. Die haben einen Pufferspeicher mit 1000 Kubikmetern und stellen ihre Biomassekessel im Sommer einfach ab.

Sie haben vor zwei Jahren Maschinen und Patente des früheren Marktführers für Großanlagen, Arcon-Sunmark, übernommen. Ein Teil des Arcon-Erbes ist bei Aalborg CSP gelandet und ein Großteil des Teams bei Viessmann. Hat sich der Deal für Sie schon gelohnt?

Die Mitarbeiter haben wir nicht übernommen, weil wir kein Projektgeschäft machen. Aber die genannten Firmen sind unsere Kunden. Wir haben die früheren Arcon-Sunmark-Kollektoren noch ein bisschen verbessert und bauen sie jetzt bei uns für unsere Kunden. Extrem viel habe ich dafür nicht gezahlt. Der Deal hat sich schon deshalb gelohnt, weil dadurch kein anderer Wettbewerber die Anlagen übernommen hat. Sonst hätte ich jetzt noch einen Mitbewerber mehr.

Wie wird das Jahr 2023 für die Solarthermiebranche und GREENoneTEC?

Sehr gut. Wir liegen jetzt bei den Aufträgen für Jänner (Januar) um 50 Prozent über dem Vorjahr.

Also steigt Ihr Geschäftserwartungsindex für 2023 von vier auf sechs?

Ja. Wenn jetzt in Deutschland die Biomasseheizungen tatsächlich nur noch mit einer Solaranlage gefördert werden, dann erhöhe ich auf sechs.

20.1.2023 | Interview: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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