Nachruf auf Adolf Goetzberger – Wegbereiter und Motivator
Die meisten Menschen, die sich der Solarenergie verschrieben haben, nennen den Klimawandel als ursprüngliche Motivation ihres Engagements. Für Adolf Goetzberger, der am 24. Februar im Alter von 94 Jahren starb, wurde die 1972 veröffentlichte Studie des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums zum Ausgangspunkt seiner eigenständigen Solarforschung. Damals war der Klimawandel noch nicht das vorherrschende Thema.
Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik, das er seit 1968 leitete, richtete er in den 1970er- Jahren eine Arbeitsgruppe Solarenergie ein, die zum Grundstock des späteren Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) wurde. Es konnte nach langjähriger Vorlaufzeit unter seiner Leitung 1981 mit der Arbeit beginnen.
Das war eine mutige Entscheidung, denn damals dominierte die Kernenergie die Forschungslandschaft und die Solarenergie nahm kaum jemand ernst. Ökonomisch spielte sie keine Rolle. Deshalb hatte Adolf Goetzberger während seiner gesamten Amtszeit große Mühe, die Arbeit des Instituts durch Aufträge aus der Industrie zu finanzieren. Aber wie er in seiner Autobiografie schreibt, hatten ihn schon immer Aufgaben gereizt, die für unlösbar gehalten wurden.
Mut und Ausdauer
Bemerkenswert war sein Mut, im Alter von 52 Jahren noch etwas Neues anzufangen, obwohl der Erfolg höchst ungewiss war. Das galt vor allem für die Photovoltaik, die damals nur im Weltraum zum Einsatz kam und von der sich fast niemand vorstellen konnte, dass sie eines Tages zur wichtigen Säule der Stromversorgung heranwachsen könnte. Aber mit Zähigkeit und Ausdauer setzte er sich durch. Als er 1993 im Alter von 65 Jahren die Leitung des Instituts abgab, war das ISE zur größten Solarforschungseinrichtung in Europa herangewachsen.
Den Ruhestand fasste er nicht als solchen auf, sondern kümmerte sich unter anderem in beratender Funktion um die Agri-Photovoltaik, die er bereits 30 Jahre zuvor als Möglichkeit beschrieben hatte, die Konkurrenzsituation zwischen Freiflächen-Photovoltaik und landwirtschaftlicher Nutzung zu entschärfen.
Im Laufe seiner über sechs Jahrzehnte währenden Forschungstätigkeit widmete er sich bevorzugt der effizienten Verknüpfung mehrerer Technologien, was man am besten an seinem Lieblingsprojekt, dem energieautarken Solarhaus, erkennen kann.
Weil er sich nicht auf ein spezielles Thema konzentrierte, um auf diesem Gebiet Herausragendes zu vollbringen, kam er für die ganz großen Preise nicht in Frage. Aber das war ihm auch nicht so wichtig. „Mancherlei Ehrungen blieben nicht aus“, bemerkte er trocken in seiner Autobiografie, nachdem er fast alle internationalen Solarpreise erhalten hatte.
Zu verdanken hat er seinen Erfolg nicht zuletzt den Menschen, die er für das ISE gewinnen konnte und denen er viel Spielraum ließ, damit sie sich frei entfalten konnten. Als Motivator und aufmerksamer Zuhörer, der auch die Ideen und das Engagement deutlich jüngerer Mitarbeiter respektierte, sorgte er für ein produktives Arbeitsklima. Gerühmt wird auch sein trockener Humor, an den man sich auch dann noch gerne erinnern wird, wenn seine zahlreichen Ehrungen längst verblasst sind.
19.3.2023 | Autor: Detlef Koenemann
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