Ampel-Klimakompromiss: Details zu erneuerbaren Energien
Die Koalition will die Planungs- und Genehmigungsverfahren mit ihrem Klimakompromiss weiter beschleunigen. Dies soll, so die Ampel, einen zentralen Beitrag zur Modernisierung Deutschlands leisten. Dies soll gelten für Autobahnvorhaben und neue Bahnlinien, aber auch für die Flächenbereitstellung für erneuerbare Energien.
Zusätzliche Flächen und Privilegierung für Onshore-Wind
Für Onshore-Wind will die Ampelkoalition laut ihrer Vereinbarung kurzfristig zusätzliche Flächen mobilisieren. Dafür wollen sie allerdings die Kommunen verantwortlich machen. Zwar gilt seit dem 1. Februar das Wind-an-Land-Gesetz, das die Bundesländer zu bestimmten Flächenanteilen für die Windenergie verpflichtet. Und in einigen Ländern ist hier die Landes- und Regionalplanung maßgeblich. Doch die Koalition will die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Kommunen künftig Flächen für die Windenergie auch dann ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet keine Windflächen vorgesehen haben.
„Damit werden besonders diejenigen Kommunen gestärkt, in denen sich die Bürger:innen bewusst für den Ausbau der Windenergie entscheiden. Das ist ein starkes Signal für Bürgerenergie und Akzeptanz vor Ort“, sagt dazu Hermann Albers, der Präsident des Bundesverbands WindEnergie BWE.
Außerdem wollen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eine neue flächenspezifische Außenbereichsprivilegierung für die Windkraft einführen. Das soll vor allem dann greifen, wenn die Windenergieanlagen benachbarte Unternehmen direkt beliefern könnten. Ebenso soll das gelten für Windenergie zum Eigenverbrauch. Letztlich würde die geplante Regelung wohl darauf hinauslaufen, dass in und an Gewerbe- und Industriegebieten Windkraftanlagen vereinfacht zu errichten sind.
Ampel-Klimakompromiss: Mehr erneuerbare Energien an Autobahnen
Auch an Autobahnen und Schienenwegen soll es mehr erneuerbare Energien geben. Für die Photovoltaik hat der Bundestag bereits entsprechende Vereinfachungen beschlossen. So ist der Bau der PV-Anlagen in einem schmalen Streifen entlang von Autobahnen und zweigleisigen Schienenwegen privilegiert, wenn diese im Außenbereich liegen. Nun sollen an Bundesstraßen mehr Windkraftanlagen errichtet werden können. Offenbar haben die Grünen dem erweiterten Autobahnausbau zugestimmt, weil nun bei jedem Neubau für den Ausbau der erneuerbaren Energien gesorgt werden soll. „Beim Autobahnausbau werden bereits bei der Planung die Voraussetzungen für eine eigenwirtschaftliche Nutzung der Flächen zur Erzeugung erneuerbarer Energien geschaffen“, erklärt dazu der Klimakompromiss.
Dazu erklärt Marie-Luise Wolff, die Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Es ist richtig, jede verfügbare Fläche für den Ausbau der Erneuerbaren zu nutzen, auch die Flächen am Rand von Verkehrswegen. Der Kompromiss ‚Autobahnen mit Solaranlagen‘ erscheint aber wie ein Trostpflaster. Zum einen stehen entlang der jetzt schon sehr eng geplanten Trassen kaum genügend Flächen zur Verfügung, um einen spürbaren Effekt zu erreichen. Zum anderen bedeuten mehr Straßen auch immer mehr motorisierten Individualverkehr. Will der Verkehrsbereich ernsthaft endlich anfangen, sich um Klimaschutz zu bemühen, kommt die Bundesregierung nicht um ein integriertes Verkehrskonzept herum.“
Beschleunigung der Verfahren
Wichtiger ist es sicherlich, dass für Flächen entlang von bestehenden Autobahnen laut Koalition die Voraussetzung geschaffen werden, um sie grundsätzlich für erneuerbare Energieerzeugung zu nutzen. Bisher gibt es hier einige Beschränkungen. Die Koalition will nun klarstellen, dass „im Rahmen der anbaurechtlichen Beurteilung die Belange der erneuerbaren Energien grundsätzlich überwiegen“. Weiterhin bleibt es aber je Anlage eine Einzelfallentscheidung.
Darüber hinaus will die Koalition eine Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes auf den Weg bringen, um Industrie- und Windenergieanlagen an Land sowie Elektrolyseure für Wasserstoff verfahrensrechtlich zu beschleunigen. Das will sie unter anderem durch feste Genehmigungsfristen und vereinfachte Prüfverfahren für Repowering erreichen.
Komplette Neuregelung für Ausgleichsflächen
Für viele Projekte sind Ausgleichsflächen ein Thema. Diese sind häufig knapp und damit teuer. Die Koalition erklärt nun, das Umweltrecht ändern zu wollen. So sollen nicht mehr einzelne Projekte bzw. Genehmigungsverfahren isoliert zu betrachten sein. Sondern die Behörden und Vorhabenträger sollen Umwelt- und Naturschutzvorhaben vernetzt denken. Bislang können Eingriffe in die Natur, die von einem Windrad oder eine PV-Freiflächenanlage ausgehen, entweder über eine direkte Realkompensation, wie etwa das Anpflanzen einer Streuobstwiese, oder über Ersatzgeldzahlungen ausgeglichen werden. In beiden Fällen erfolgt die Kompensation dann laut Koalition häufig spät und unsystematisch auf kleinteiligen und unzusammenhängenden Flächen.
Jetzt wollen die Politiker:innen den Naturschutz auf großräumigeren Flächen ermöglichen und so zusammenhängende, auch länderübergreifende Biotopverbünde schaffen. Vorteil für Projektträger: sie zahlen an eine Institution einen Ausgleichsbetrag für den Eingriff und müssen sich um Weiteres nicht kümmern. Die Koalition hat verabredet, eine zentrale Organisationseinheit im Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums zu schaffen. Dabei soll sich mit teils bereits bestehenden Flächenagenturen der Länder kooperieren. „Dort wo kommunale Zuständigkeiten oder Zuständigkeiten der Länder berührt werden, kann die Bundesinstitution mindestens beratend tätig werden“, heißt es im Ampel-Klimakompromiss.
„Entscheidend dabei wird sein, eine transparente Berechnung der Ausgleichszahlungen gesetzlich festzulegen“, erklärt Albers aus Sicht der Windbranche: „Dies muss bereits in der Planungsphase erfolgen, damit auch diese Maßnahme eine Beschleunigungswirkung entfalten kann. Auf der anderen Seite ist unbedingt darauf zu achten, dass die geplante Sicherung vernetzter Flächen für den Naturschutz mit der Flächenerfordernis für Windenergie in Einklang gebracht wird.“
Keine neuen Impulse im Verkehrssektor im Klimakompromiss
Wie bereits breit berichtet, hat die Koalition die Verantwortung des Verkehrsministeriums für die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen etwas zurückgenommen. Der jetzt verabschiedete Kompromiss enthält allerdings auch Maßnahmen im Verkehrsbereich, darunter die Förderung der Elektromobilität. Diese sind jedoch vage formuliert. Die Koalition bekräftigt das schon vorhandene Ziel, bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge auf deutschen Straßen zu haben. Auch der Koalition ist klar, dass dafür die Ladeinfrastruktur auszubauen ist. „Das Erreichen des 15-Millionen-Ziels setzt einen erheblichen Anstieg der Neuzulassungen von batterieelektrischen Fahrzeugen bereits in den nächsten Jahren voraus“ sagt die Koalition nicht überraschend: „Die Bundesregierung wird gemeinsam mit der Branche die Entwicklung eng monitoren und im Bedarfsfall weitere Maßnahmen zur Erreichung des Ziels beschließen.“
Eine gesetzliche Regelung richtet sich auf die Verteilnetzbetreiber. Die Koalition will sie damit verpflichten, „ihre Netze vorausschauend auszubauen, damit in 2030 15 Millionen voll- elektrische Fahrzeuge reibungslos und komfortabel geladen werden können.“ Außerdem soll die Bundesregierung tätig werden. Sie „wird Betreiber von Tankstellen gesetzlich verpflichten, binnen fünf Jahren mindestens einen Schnellladepunkt pro Tankstelle zu errichten. Für die Betreiber kleiner Tankstellen wird es eine Sonderregelung geben.“
Mehr Verpflichtungen für Ladeinfrastruktur
Und auch die Verpflichtungen für Elektromobilität im Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) will die Koalition verschärfen.Die Bundesregierung soll es so novellieren, „dass Anforderungen für Ladesäulen-Infrastruktur für Wohn- und Gewerbegebäude deutlich ambitionierter ausgestaltet werden. Außerdem wird gesetzlich geregelt, dass binnen fünf Jahren eine verbindliche Bereitstellung von öffentlich-zugänglichen Ladepunkten bei Stellplätzen mit öffentlichem Zugang erfolgt (Parkplatzauflage für Einzelhandel, Flughäfen, Bahnhöfe etc.)“.
Der Ampel-Klimakompromiss hat auch Auswirkungen auf das Car-Sharing. Das Carsharing-Gesetz vereinfacht Kommunen derzeit das Ausweisen von speziellen Parkplätzen für Carsharing-Fahrzeug i öffentlichen Straßenraum. Das ist an bestimmte Kriterien gebunden. Hier ist eine genauere Defintion geplant. „Dazu wird die Bundesregierung über § 5 Absatz 4 Carsharinggesetz (CsgG) die CO2-Neutralität zu einem Eignungskriterium für die Zulassung von Carsharing-Flotten ab 2026 machen.“
Auch über Förderung der Elektromobilität hat die Koalition gesprochen. Mit dem „Sonderprogramm Flottenelektrifizierung“ will sie die Umstellung kommunaler und gewerblicher Flotten und Mobilitäts- dienstleister auf CO2-neutrale Antriebe gezielt vorantreiben. „Fahrzeugflotten von Stadtverwaltungen und kommunalen Unternehmen (Stadtwerke etc.) können einen sichtbaren Beitrag zur CO2-Einsparung leisten“, heißt es dazu. Konkreter äußert sich die Koalition in ihrem Kompromisspapier aber nicht.
Heizungstausch ab 2024
Wie bereits berichtet hat sich die Koalition grundsätzlich auf einen 65-prozentigen Anteil erneuerbarer Energie an der Wärmeversorgung verständigt. Diese greift ab 1. Januar 2024, wird aber – wie auch zu erwarten war – erweiterte Übergangszeiträume für bestimmte Gruppen enthalten.
31.3.2023 | Autor: Andreas Witt
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