Bundeskabinett beschließt Entwurf für Gebäudeenergiegesetz
Das Bundeskabinett hat mit seinen Beschlüssen die viel diskutierte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zur 65 Prozent Erneuerbare-Energien-Vorgabe bei neu eingebauten Heizgeräten auf den Weg gebracht und erste Eckpunkte für eine flankierende Förderung vorgestellt.
Grundsätzlich muss ab dem 1.1.2024 jede neu eingebaute Heizung (in Neubau und Bestandsgebäuden, Wohn- und Nichtwohngebäude) mindestens 65% erneuerbare Energie nutzen. Bestehende Heizungen sind nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch Reparaturen sind laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) weiter möglich. Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31.12.2044.
GEG mit verschiedenen Erfüllungsoptionen
Die Regelung ist technologieoffen: Um die Pflicht zur Nutzung von mindestens 65% erneuerbarer Energien in neu eingebauten Heizungen zu erfüllen, können die Eigentümer entweder eine individuelle Lösung umsetzen und den Erneuerbaren-Anteil (mind. 65%) rechnerisch nachweisen oder zwischen verschiedenen gesetzlich vorgesehenen pauschalen Erfüllungsoptionen frei wählen: Anschluss an ein Wärmenetz, elektrische Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Hybridheizung (Kombination aus Erneuerbaren-Heizung und Gas- oder Ölkessel), Heizung auf der Basis von Solarthermie.
Außerdem hat die Bundesregierung auf Druck der Industrie jetzt die Möglichkeit von sogenannte „H2-Ready“-Gasheizungen eingeführt. In der Praxis bezieht sich das vor allem auf fossile Heizkessel, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Voraussetzung für diese Option ist, dass es einen rechtsverbindlichen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze gibt und diese Heizungen ab 2030 mit mindestens 50 Prozent Biomethan oder anderen grünen Gasen und spätestens ab 2035 mit mindestens 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden. Für bestehende Gebäude sind weitere Optionen vorgesehen: Biomasseheizung, Gasheizung, die nachweislich erneuerbare Gase nutzt (mindestens zu 65 % Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff).
Kritik am GEG-Entwurf
„Mit dem Gebäudeenergiegesetz setzt die Bundesregierung widersprüchliche Signale. Wir unterstützen ausdrücklich, dass neue Heizungen ab 2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen“, sagt Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (BNE). „Es bleibt jedoch hochproblematisch, dass H2-ready-Gasheizungen nur Klimaschutz vorgaukeln, anstatt wirklich das Klima zu schützen. Diese Option sollte daher komplett gestrichen werden. Wenn weiterhin Gasheizungen installiert werden können, die erst später mit Wasserstoff betrieben werden sollen, gehen wertvolle Jahre für die Wärmewende verloren.“
Die Vorstellung, dass man auf absehbare Zeit auch nur im Ansatz ausreichend Wasserstoff hergestellten oder importieren kann, um ihn im Gebäudebestand zu verheizen, ist nach Einschätzung des BNE realitätsfremd. Die Stadtwerke hätten gerade erst erklärt, dass nur wenige Versorger ihre Gasnetze für Wasserstoff öffnen können. Für die Verbraucher entsteht so die Gefahr von Stranded Investments und für den Klimaschutz die Gefahr eines verlorenen Jahrzehnts im Wärmesektor. „Wir brauchen Klimaschutz statt Klimaschutz-Readyness“, sagt Busch. „Ein weiteres Problem ist, dass blauer Wasserstoff als Erfüllungsoption gilt. Wasserstoff aus Fracking-Erdgas ist aufgrund der CH4-Emissionen ein Problem für den Klimaschutz und keine Lösung. So werden wir die Klimaziele nicht erreichen.“
Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bremst Biomasse
Das Hauptstadtbüro Bioenergie fürchtet, dass die geplante Novelle des Gebäudeenergiegesetzes die Biomasse ausbremst. „Eigentümern darf nicht per se verboten werden, in Neubauten mit Biomasse zu heizen“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. „Wir brauchen alle erneuerbaren Energien, um die Wärmewende zu stemmen und können uns einen willkürlichen Ausschluss der Bioenergie nicht erlauben. Gerade in Quartierskonzepten zur gemeinsamen Versorgung von Neu- und Bestandsbauten macht ein solches Verbot keinen Sinn.“ Ein neu gebautes Wohnhaus, das sich in unmittelbarer Nähe zu einem mit Biomasse betriebenen Gebäudenetz befindet, sollte man an das Netz anschließen dürfen, anstatt zwingend ein eigenes Wärmesystem installieren zu müssen.
Weiterhin dürfe man nach Ansicht des Hauptstadtbüros Bioenergie Eigentümer nicht verpflichten, beim Einbau einer Holzheizung oder beim Anschluss an ein mit Holz beheiztes Gebäudenetz eine Solaranlage zu installieren. „Dies würde die volks- und betriebswirtschaftliche Effizienz, die soziale Verträglichkeit sowie die Akzeptanz der 65-Prozent-Anforderung konterkarieren und kann damit einen Heizungstausch hinauszögern und den Ausbau Erneuerbarer Wärme verlangsamen“, so Rostek.
Ausnahmen von der 65-Prozent-Regel im GEG
Aufgenommen hat das Kabinett auch eine Befreiung von der Heizen-mit-Erneuerbaren-Vorgabe für hochbetagte Gebäudeeigentümer. Sie gilt für Eigentümer, die das 80. Lebensjahr vollendet haben und die ein Gebäude mit bis zu sechs Wohnungen selbst bewohnen. Für diese Gruppe soll im Havariefall die Pflicht zur Umstellung auf Erneuerbares Heizen entfallen. Gleiches gilt beim Austausch für Etagenheizungen für Wohnungseigentümer, die 80 Jahre und älter sind und die Wohnung selbst bewohnen.
Des Weiteren enthält der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes eine allgemeine Härtefallregelung, die Ausnahmen von der Pflicht ermöglicht. Im Einzelfall berücksichtigt der Entwurf, ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Auch Fördermöglichkeiten und Preisentwicklungen sollen hier laut BMWK einfließen.
19.4.2023 | Quelle: BNE, Hauptstadtbüro Bioenergie, BMWK | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH