Leichter Auftrieb für deutsche Windenergie-Branche

Windenergie-Park hinter Baumgruppe - Enercon-Anlagen vom Typ E 101 und E 92.Foto: Guido Bröer
Die gesetzlichen Initiativen zur Erleichterung von Windkraftprojekten scheinen erste Früchte zu tragen. Für die Windbranche in Deutschland geht es wieder leicht voran. Noch müssen aber insbesondere die Hersteller mit den Schwierigkeiten aus den vorausgegangenen Jahren fer­tig werden. Außerdem sind noch nicht alle Gesetzesprojekte abgeschlossen.

Als „weiterhin herausfordernd” bezeichnete deshalb Christian Bruch, Vorstandsvorsitzender der Siemens Energy AG, bei der Präsentation der Ergebnisse im 1. Quartal 2023 das Markt­umfeld der Windenergie-Branche. Dabei gebe es eine starke Nachfrage. Aber noch belastet Siemens Gamesa die ansonsten derzeit profitable Siemens Energy, die im Laufe des Frühjahrs fast alle Aktien der Windtochter übernehmen konnte. „Die Wende im Windgeschäft bleibt der Grundstein, um ein profitabler Vorreiter der Energiewende zu werden“, so Bruch.

Die Vestas Wind Systems A/S konnte hingegen im 1. Quartal 2023 zumindest wieder einen operativen Gewinn in Höhe von 40 Millionen Euro verzeichnen. Im Vorjahreszeitraum wies das Ebit noch einen  Betrag von minus 329 Millionen Euro aus. Dabei spielten Lieferungen für den deutschen Markt wieder eine größere Rolle. Mit 367 Megawatt (MW) an Windkraftleistung war Deutschland im ersten Quartal 2023 der wichtigste Markt für Vestas. Im gleichen Zeitraum 2022 waren es nur 124 MW.

Höhere Verkaufspreise für Windenergieanlagen

Auch für die Nordex-Gruppe ist der deutsche Markt von hoher Bedeutung. Im 1. Quartal 2023 seien alle Aufträge mit einem Gesamtumfang von etwas mehr als einem Gigawatt in Europa aquiriert worden, so das Unternehmen. Und hier sei Deutschland derzeit eines der größten einzelnen Absatzgebiete. Doch auch bei Nordex ist das finanzielle Ergebnis noch durch das Vorjahr belastet. Bei einigen Aufträgen der Windkrafthersteller entsprachen die vertraglich vereinbarten Preise nicht mehr den höheren Herstellungskosten. Dies änderte sich wohl erst mit einer gewissen Verzögerung. So liegt bei Nordex der durchschnittliche Verkaufspreis laut Unternehmensangaben in diesem Jahr bei 900.000 Euro je Megawatt. Im Vorjahr waren es 780.000 Euro.

Weiterhin ist die Situation der Hersteller von Windenergieanlagen von Unsicherheiten geprägt. Dazu zählen die Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine, teils noch stockenden Lieferketten und Preissteigerungen. Doch auf dem deutschen Markt zeichnet sich ein Anstieg ab.

„Sehr erfreulich ist, dass die Genehmigungszahlen nach drei Monaten bereits 60 Prozent – bezogen auf die Leistung – über dem Vergleichszeitraum 2022 liegen”, sagt Jürgen Quentin, Referent Energiewirtschaft und EEG bei der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind).

Lage der Windenergie-Branche ist auch Ergebnis der Politik

„Hier ist zu vermuten, dass die zahlreichen Gesetzesänderungen in den vergangenen zwölf Monaten mittlerweile erste Früchte tragen”, so Quentin. Auch sei der Brutto-Zubau um fast 40 Prozent gegenüber dem Frühjahr 2022 gestiegen. „Dass trotz der erheblichen Rohstoff- und Energiepreissteigerungen noch Anlagen in nennenswertem Umfang errichtet werden, mag oftmals auch an projektspezifischen Rahmenbedingungen liegen”, erklärt Quentin. Er sieht aber bislang keine ausgeprägten Auffälligkeiten bei der regionalen Verteilung des diesjährigen Zubaus. Wie zuvor finde der Windkraftausbau vor allem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Schleswig-Holstein statt.

Und der Anteil in der Südregion ist nach Aussage Quentins „weiterhin desolat”. Er habe sogar noch weiter abgenommen. „Nur noch knapp 8 Prozent am Gesamtzubau, während im letzten Jahrzehnt dort noch 15 bis 20 Prozent des jährlichen Zubaus stattgefunden haben.” Insbesondere im Süden sei ein Einfluss der Kostensteigerungen auf den Zubau zu vermuten, sagt Quentin: „Denn an windschwächeren Standorten lassen sich die Mehrkosten mutmaßlich schlechter schultern als an ertragsstarken Standorten im Norden.”

Bau von Windparks folgt Genehmigungen

Wenn die Genehmigungszahlen nun gestiegen sind, könnte sich dies schon relativ bald in den Ausschreibungen bemerkbar machen. Denn, so zeigt es eine Analyse der FA Wind, bei mehr als der Hälfte der Anlagen, die im Februar bei der Windkraftausschreibung einen Zuschlag erhielten, war zum Zeitpunkt der Meldefrist am 4. Januar 2023 der Genehmigungsbescheid nicht älter als vier Monate. Lediglich zehn Prozent der erfolgreichen Anlagen seien zum Zeitpunkt des Zuschlags seit mindestens einem Jahr genehmigt gewesen.

Doch, wie die weitere Analyse der FA Wind zeigt, dauert es derzeit lange, bis eine Anlage nach der Genehmigung tatsächlich gebaut wird. Die mittlere Realisierungsdauer der aktiven Windkraftanlagen lag demnach bei 25,4 Monaten. In den Jahren 2012 bis 2017 habe dieser Zeitraum nur etwa 12 Monate betragen, so die FA Wind. Sie sieht in den längeren Zeiträumen einen Einfluss des Ausschreibungssystems. Bereits im Jahr 2018, in dem noch Windturbinen ohne Vergütungsanspruch aus der Ausschreibung realisiert werden konnten, sei die durchschnittliche Realisierungsdauer auf etwas mehr als 19 Monate deutlich angestiegen, erklärt die Fachagentur: „Dies begründet sich in der Tatsache, dass diese Anlagen vor 2017 genehmigt worden sein mussten, um noch ohne Ausschreibungsteilnahme realisiert werden zu können.”

Wenige Hersteller von Windkraftanlagen teilen sich den Markt

Weiterhin ist es eine recht kleine Anzahl an Herstellern, die sich den Großteil des deutschen Marktes teilen, 114 der im Februar bezuschlagten Anlagen kommen aus den Fabriken von Enercon; das sind 40 Prozent. Ein Viertel – 71 Anlagen – hat Nor­dex produziert, 67 Anlagen Vestas. Siemens Gamesa kam in dieser Aktion auf 21 Anlagen und GE Wind Energy auf 11. Der neue Hersteller Windwise aus NRW konnte eine Anlage beisteuern.
Die Zuschlagswerte waren bei der Februar-Ausschreibung im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höher. Bei dieser hatte die Bundesnetzagentur die Auktionsmenge spürbar auf 3210 MW angehoben. Aber nur für etwa 47 Prozent hatten Projektierer Gebote abgegeben. Dies zeigt auch, dass eine Steigerung des Windkraftausbaus nicht von heute auf morgen erfolgt. Und es zeigt, dass nicht nur die Zuschlagswerte, sondern auch die weiteren Rahmenbedingungen stimmen müssen.

Optimismus in der Windenergie-Branche

Bei einigen Projektierungsunternehmen sind allerdings optimistische Töne zu vernehmen. So kündigt die Genossenschaft Prokon an, bis 2030 ihre Erzeugungskapazitäten fast verdoppeln zu wollen. „In der Flächenakquise war 2022 für uns ein gutes Jahr”, erklärt Henning von Stechow, Vorstandsvorsitzender von Prokon: „1500 Megawatt Kapazität für bestehende und geplante Windenergieanlagen in den nächsten Jahren sind unter bestimmten Bedingungen keine Utopie. Mit dabei sind Repowering-Projekte von Altanlagen sowie Projekte, deren Genehmigungen kurz bevorstehen.“ Für über 100 MW erwartet Prokon im Laufe des Jahres die Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).

Für Prokon-Vorstandsmitglied Andreas Neukirch geht einiges in die richtige Richtung: „Beispielsweise führen die verbindlichen Flächenzielvorgaben für die Bundesländer und neue Berechnungsmethoden dazu, dass neue Flächen ausgewiesen werden. Auch die artenschutzrechtliche Bewertung wurde neu geregelt und Genehmigungsprozesse werden zunehmend optimiert.” Dennoch gebe es Luft nach oben.

Strompreisbremse beeinflusst Gewinne der Windbranche

Die PNE AG sei operativ dynamisch in das Geschäftsjahr 2023 gestartet, betont Markus Lesser, Vorstandsvorsitzender des Windkraftprojektierers. „Gerade der Stand der Ge­­­n­ehmigungen und erfolgreichen Ausschreibungen stimmen uns positiv.” Der operative Gewinn sei im ersten Quartal des Vorjahres aber mit 15,8 Millionen Euro höher gewesen als in diesem. Jetzt habe PNE nur 8,6 Millionen erreicht. Lesser führt das auf höhere Strompreise sowie ein hohes Windangebot im Vorjahreszeitraum zurück. „Im Zuge der sinkenden Strompreisentwicklung und dem geringeren Windangebot gab das Ergebnis nach”, erklärt Lesser. Zudem habe die Strompreisbremse das Ergebnis gedrückt.

So gibt es sowohl Anzeichen für Wachstum als auch klare Signale, dass die von der Bundesregierung formulierten Ziele noch lang nicht erreicht sind. Robert Habeck will eine Vervierfachung des Windmarktes in Deutschland erreichen.

Windenergie-Branche wartet auf nächsten Wind-Gipfel

So warten nun auch viele Marktteilnehmer auf die Vorschläge, die die Regierung beim jüngsten Wind-Gipfel am 22. März 2023 angekündigt hatte. Zum Gipfel hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) laut eigener Ausssage eine Reihe von Maßnahmen identifiziert, die es mit den Akteur:innen der Windbranche beraten wollte. Dazu zählte es unter anderem bessere Finanzierungsbedingungen für Direktverträge zwischen Stromerzeugern und -verbrauchern. Ein Thema ist auch die weitere Erleichterung von Repowering bis zum zügigen Transport von Windkraftanlagen. Die Konsultation lief bis zum 6. April. Nun will das BMWK daraus eine Strategie ableiten und diese bei einem weiteren Gipfel vorstellen.

23.5.2023 | Autor: Andreas Witt
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