LIKAT erforscht Methylformiat als Wasserstoffspeicher
Eine Gruppe um Henrik Junge am Rostocker Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) schlägt den Methylester der Ameisensäure, Methylformiat, als alternativen Wasserstoffspeicher vor. In ihren Forschungen erwies sich diese Substanz als potente Ergänzung zu den zwei bekannten chemischen H2-Speichermedien Ameisensäure und Methanol. Und in einem Punkt lässt Methylformiat die beiden überraschend weit hinter sich: In der Geschwindigkeit, mit der diese Substanz den Wasserstoff wieder freigibt. Vor allem in der ersten Phase der Reaktion.
Methylformiat lässt sich katalytisch mit CO2 aus der Luft, Wasserstoff und Methanol herstellen. Ebenso kann man Methanol CO2-basiert produzieren. „Somit ist unser Vorschlag, Wasserstoff chemisch in Methylformiat zu speichern, CO2-neutral und erfüllt die Kriterien einer Kreislaufwirtschaft“, sagt LIKAT-Direktor Matthias Beller. Denn bei der Freisetzung des Wasserstoffs entsteht am Ende nur so viel CO2, wie zuvor für seine Speicherung im Methylformiat verwendet wurde.
Bislang boten sich als chemische H2-Speicher vor allem Ameisensäure, Methanol und Ammoniak an. „Methanol und Ammoniak weisen zwar einen ausreichend hohen Wasserstoffgehalt auf“, wie LIKAT-Mitarbeiter Henrik Junge erläutert, „wurden aber durch UN-Gremien als giftig und brennbar eingestuft.“ Und Ameisensäure verfüge über eine etwas geringere H2-Dichte als Methylformiat, das zudem als ungiftige Substanz unproblematisch im Umgang ist.
Vor 15 Jahren gelang es LIKAT-Chemikern erstmals, aus Ameisensäure bei niedrigen Temperaturen bis herunter zur Zimmertemperatur Wasserstoff zu gewinnen. Somit öffnete man quasi Wege zur praktikablen chemischen Speicherung dieses Grundstoffs und gab der Forschung auf diesem Gebiet weltweit einen deutlichen Impuls. Junge: „Auf der Suche nach weiteren H2-Quellen lag es nahe zu schauen, inwieweit sich auch Methylformiat als Speicher eignet, das ja aus Ameisensäure und Methanol unter Wasserabspaltung entsteht.“ Es hatte bislang nur noch niemand getan.
Methylformiat als Wasserstoffspeicher: unbekannter Mechanismus
Die Freisetzung von Wasserstoff aus einem Methylformiat-Wasser-Gemisch ist chemisch gesehen eine Dehydrierung. Am LIKAT geschieht dies im Druckreaktor in Gegenwart eines Ruthenium-Katalysators. Dabei lässt sich die Menge des produzierten Wasserstoffgases präzise aus dem Druck ablesen, der im Reaktor entsteht.
Unter den Bedingungen in den Versuchsreihen gab Ameisensäure den Wasserstoff deutlich langsamer frei. „Bei wässrigem Methanol läuft die Freisetzung etwas schneller. Stoppt aber bald, indem sich das chemische Gleichgewicht einstellt“, sagt Junge. Beim Methylformiat-Wasser-Gemisch hingegen schoss der Druck sofort und deutlich in die Höhe. „Das war überraschend und im Grunde nur zu erklären, wenn wir der Reaktion einen bislang unbekannten Mechanismus unterstellten.“
Methylformiat setzte den Wasserstoff 20mal so schnell wie Methanol und fünfmal so schnell wie Ameisensäure frei. Solche Werte haben Konsequenzen für die spätere Praxis. Junge: „Wer mit seinem Verfahren einen Energieträger um den Faktor 20 schneller als üblich bereitzustellen vermag, kann zum Beispiel seine Anlage entsprechend kleiner planen oder mehr Nutzer als geplant versorgen.“ Bei ihren Forschungen haben die LIKAT-Chemiker mit der APEX-Group kooperiert, einem auf Wasserstofftechnologien spezialisierten Unternehmen in Rostock-Laage. Im Ergebnis hätte man zwei Patente angemeldet.
26.6.2023 | Quelle: LIKAT | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH