Solarpaket 1: Verbände empfehlen Korrekturen
Dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) ist besonders wichtig, dass die wirtschaftliche Situation bestimmter Marktsegmente mittels der Förderbedingungen verbessert wird. Dies sei bislang im Referentenentwurf zum Solarpaket 1, dem Solarausbau-Gesetz, noch nicht zu erkennen. So seien die aktuellen Zinssteigerungen bei den anzulegenden Werten im EEG einzupreisen. Vor allem sei dies für das Marktsegment der Gewerbedächer von Bedeutung. Ebenso wünscht sich der BSW eine flexiblere Gestaltung der Gebotshöchstwerte für innovative Konstellationen, wie Speicher-PV-Hybridsysteme oder Agri-PV.
Flächenkulisse für PV-Freiflächenanlagen schon mit Solarpaket 1 ändern!
Besonders wichtig sei aber, die Flächenkulisse für förderfähige Solarparks bereits im Rahmen des jetzt geplanten Solarpakets 1 auf die sogenannten benachteiligten Gebiete zu erweitern, so der BSW. Unterstützt wird diese Forderung auch vom Bundesverband der Energie- und Wassserwirtschaft (BDEW) sowie dem Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE). Das BMWK hat die Prüfung der Thematik in seiner Photovoltaik-Strategie angekündigt, sieht es allerdings offenbar eher als langfristige Option an. Das Ministerium überlegt konkret eine Umkehr der Länderöffnungsklausel im EEG, nach der Bundesländer ihre benachteiligten Gebiete für PV-Parks öffnen können. Nicht alle Länder haben dies bislang getan und dort, wo es passiert ist, zumeist mit unterschiedlichen Einschränkungen. Stattdessen könnte der Bund diese Flächen künftig generell freigeben, so die Überlegung des Habeck-Ministeriums, sofern einzelne Länder dem nicht ausdrücklich einen Riegel vorschieben.
Der BDEW fordert mittel- bis langfristig weiterhin die Abschaffung sowohl der Opt-In als auch der Opt-Out-Regel und plädiert für eine generelle Öffnung der benachteiligten Gebiete in allen Bundesländern für PV-Freiflächenanlagen. Der BSW, BNE und BDEW drängen in ihren Stellungnahmen zur Eile. Die Öffnung seit notwendig, so heißt es in der BSW-Stellungnahme „um noch in dieser Legislaturperiode eine positive Wirkung auf den Zubau von Freiflächenanlagen erreichen zu können“. Letztlich sei eine Erweiterung der Flächenkulisse auch deshalb geboten, um beim avisierten Ausbautempo von perspektivisch 11 Gigawatt Freiflächen-PV pro Jahr die Pachtpreise nicht durch die Decke gehen zu lassen und den Strom nicht unnötig zu verteuern.
Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Viel ist noch unklar
Unter den vielen Aspekten des geplanten Solarausbau-Gesetzes ist die „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ einer der interessantesten. Damit will das BMWK eine weniger bürokratische Alternative zu bisherigen Mieterstrommodellen schaffen. Allerdings sehen Verbände wie die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), BDEW, BNE und BSW, die alle das Anliegen des BMWK dazu ausdrücklich begrüßen, hier auch noch besonders viel Nachbesserungsbedarf. Gemeinsamer Tenor ihrer Kritik am Referentenentwurf ist, dass die neue Option räumlich nicht so eng auf ein Gebäude begrenzt werden dürfe, wie es der BMWK-Entwurf vorsieht. Vielmehr müssten Nebengebäude und Garagen eingebunden sein, schon um die E-Fahrzeuge der Nutzer einzubeziehen. Wie bereits beim bisherigen EEG-Mieterstrommodell in den letzten Jahren nachträglich korrigiert, so sei auch für die gemeinschaftliche Versorgung nicht ein einzelnes Gebäude, sondern eine sogenannte Kundenanlage, die geeignete Grenze. Alles, was an PV-Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet werde, müsse für eine gemeinschaftliche Versorgung in Frage kommen.
Während BNE, BSW und DGS das Prinzip, mit dem das Ministerium die „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ einführen will, offenbar grundsätzlich begrüßen, favorisiert der Versorgerverband BDEW dafür ein völlig anderes, eigenes Beteiligungsmodell. Das von ihm so genannte BDEW-Gebäudestrommodell sieht eine Art virtuelle Beteiligung der Mieter:innen und Bewohner:innen an den Solarerträgen vor, während die Strommengen allerdings voll ins öffentliche Netz eingespeist würden.
Was bringt Solarpaket 1 für Steckersolargeräte?
Gut finden alle Verbände auch das Bemühen des geplanten Gesetzentwurfs für eine Definition und weitere Entbürokratisierung von Steckersolargeräten. Das BMWK will Balkonsolaranlagen bis 2000 Watt Modul- und 800 Watt Wechselrichterleistung von zahlreichen Pflichten und Restriktionen befreien (vgl. Solarthemen+plus vom 28.6.2023). Die DGS merkt in ihrer Stellungnahme an, dass nicht die Leistung des Wechselrichters begrenzt werden sollte, sondern die maximale Einspeiseleistung der Steckersolargeräte. Auf der anderen Seite möchte die DGS die Generatorleistung von 2000 Watt aus dem Gesetzentwurf streichen, weil einerseits beim Einsatz von beispielsweise Stromwächtern auch höhere Leistungen denkbar seien, andererseits aber bereits oberhalb von 1000 Watt Gleichstromleistung zusätzliche Sicherheitseinrichtungen für die Hausinstallation zu empfehlen seien.
Die DGS bittet den Gesetzgeber außerdem um die Klarstellung, dass PV-Nutzer:innen auch für Steckersolargeräte eine Einspeisevergütung beanspruchen können. Dies ist zwar nach Rechtsauffassung der DGS bereits heute der Fall. Allerdings nötige ein Teil der Netzbetreiber bislang den Betreibern einer Balkonsolaranlage den Verzicht auf die Einspeisevergütung auf. Nach dem Einbau einer modernen Messeinrichtung – sprich: eines digitalen Zählers, der auch Einspeisungen erfasst, seien eine jährliche Abrechnung und Zahlung einer EEG-Vergütung für die Netzbetreiber kein grundsätzliches Problem mehr.
Ganz anders muss man in diesem Punkt wohl die Stellungnahme des BDEW interpretieren, in dem sich u.a. Deutschlands Netzbetreiber organisieren. Der Verband lobt den Entwurf des Habeck-Ministeriums ausdrücklich dafür, „dass die unentgeltliche Abnahme für die Anmeldung im Marktstammdatenregister (MaStR) vorausgesetzt wird, sodass keine Vergütungsabrechnung erfolgen muss“. Das allerdings ist die Interpretation des BDEW, die sich nicht unbedingt mit dem Text des BMWK-Entwurfes deckt (vgl. Solarthemen+plus vom 28.6.2023).
Kritik an der unentgeltlichen Abnahme
In jedem Fall will das Ministerium mit der „unentgeltlichen Abnahme“ eine Vergütungsform einführen, bei der paradoxerweise kein Geld fließt. Anwendung finden soll dies nicht nur auf Steckersolargeräte, sondern vor allem auch auf Anlagen ab 100 kW, die direktvermarkten müssen. Bei hohen Eigenverbrauchsraten können die Kosten der Direktvermarktung nämlich größer sein als die Erlöse. Für dieses Problem hält der BSW die „unentgeltliche Abnahme“ allerdings für keine gute Lösung. Um das Problem anzugehen, solle der Gesetzgeber stattdessen lieber die Verpflichtung zur Direktvermarktung flexibilisieren, rät der Verband. In seiner Stellungnahme schreibt der BSW: „Statt einer starren Leistungsgrenze von 100 bis 200 kWp sollte Anlagenbetreibern eine Einspeisemenge von 100 MWh zur Verfügung stehen, bis zu der sie nicht verpflichtet werden, an der Direktvermarktung teilzunehmen.“
Die Stellungnahmen der Verbände zum Solarausbau-Gesetz befassen sich – ebenso wie der Referentenentwurf selbst mit zahlreichen weitere Detailregelungen. Und dies nicht nur für Photovoltaik, wie der Titel nahelegt, sondern auch für andere erneuerbare Energien. Die Vorschläge zu den geplanten Gesetzesänderungen können in einem Artikel wie diesem nicht alle ausführlich dargestellt werden. Die Solarthemen bleiben aber am Ball und werden einzelne Themen im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens genauer beleuchten.
7.6.2023 (aktualisiert am 8.6.2023) | Autor: Guido Bröer
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