Bundesregierung beschließt Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie

Im Bild eine Erdkugel mit wasserstofftank, Windenergie und Photovoltaik als Symbol für die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie.Grafik: Mediaparts / stock.adobe.com
Wo liegen die Prioritäten: Soll Wasserstoff aus der Wüste oder vorwiegend aus heimischer Produktion kommen?
Die Bundesregierung hat die Nationale Wasserstoffstrategie aus dem Jahr 2020 überarbeitet. Verbände aus dem Naturschutz, der Energiewirtschaft und den erneuerbaren Energien begrüßen einen schnellen Wasserstoffhochlauf, sehen jedoch eine Reihe von Inhalten der Strategie kritisch.

Das Bundeskabinett hat die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) beschlossen. „Mit der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie setzen wir den Rahmen für die neue Phase im Wasserstoffmarkthochlauf, die wir seit dem Regierungsantritt konsequent eingeleitet haben: Von Forschung und Demonstration hin zur großskaligen Produktion. Investitionen in Wasserstoff sind eine Investition in unsere Zukunft“, sagt Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.

Die Klima-Allianz Deutschland und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßen die Pläne eines schnellen Wasserstoffhochlaufs für den Klimaschutz, sehen jedoch Nachbesserungsbedarf in der Priorisierung der Anwendungsbereiche. Der Förderung von blauem Wasserstoff aus Erdgas und dem Einsatz von Wasserstoff in Heizungen stehen die Verbände kritisch gegenüber. „Die vorgesehene Förderung von blauem Wasserstoff ist ein Festhalten an alten, fossilen Strukturen, verhindert mittelfristig eine grüne Transformation und setzt kurzfristig falsche Anreize bei den anstehenden Infrastrukturplanungen“, sagt Christiane Averbeck, Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland und Mitglied des Nationalen Wasserstoffrates.

Formulierung eines klaren Zielbildes fehlt in Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie

Für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist die Nationale Wasserstoffstrategie keine konsistente Strategie. „Leider fehlt für eine konsistente Strategie die Formulierung eines klaren Zielbildes. Dieses sollte aus Sicht des BDEW ein funktionierender und sich selbst tragender Wettbewerbsmarkt sein. Auf dieses Ziel sollten die Förderinstrumente, aber auch die allgemeinen Rahmenbedingungen und das Marktdesign ausgerichtet werden“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Insbesondere muss die Bundesregierung ihr Ziel von 10 GW heimische Elektrolysekapazität bis 2030 mit mehr konkreten Maßnahmen und Förderprogrammen unterfüttern – sowohl auf Erzeugungs- als auch auf Nachfrageseite.“

Importe oder Wasserstoffproduktion in Deutschland?

Umstritten ist unter den Verbänden, ob Wasserstoffimporten oder dem heimischen Wasserstoff die Priorität gelten sollte.Wir unterstützen zudem die in der NWS angelegte Entwicklung einer Importstrategie für Wasserstoff. Der Wasserstoffbedarf wird in Deutschland zukünftig enorm steigen. Die benötigten Mengen können jedoch nicht allein in Deutschland erzeugt werden; ein Großteil muss importiert werden. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW). Das sieht der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) ganz anders. „Die NWS soll den für die Energiewende wichtigen Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland voranbringen. Doch statt auf heimische Potenziale zur Produktion von grünem Wasserstoff zu setzen, zielt die Bundesregierung mit ihrer Strategie vorrangig auf Importe per Schiff, auch von blauem Wasserstoff“, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE). „Nach der durch die hohe Erdgasabhängigkeit verursachten Kosten- und Versorgungskrise des letzten Jahres droht Deutschland in neue Importabhängigkeiten zu geraten.“

Angesichts der großen Invesititionsvolumina in die Wasserstoffproduktion und Infrastruktur, aber auch aufgrund steigender Anforderungen an Energiesicherheit und Resilienz sollte man nach Ansicht des BEE Fehlinvestitionen unbedingt vermeiden. Es gebe heute auch schon große Mengen an erneuerbarer Energie, die für die Wasserstoffproduktion eingesetzt werden könnten. Allein 2021 hätte man 5.817 Gigawattstunden Strom abgeregelt, die man hätte nutzen können. „Die Bundesregierung sollte daher auf eine No-Regret-Strategie setzen, die zunächst den Hochlauf vor Ort anstößt und den verbliebenen Bedarf durch Importe deckt“, sagt Peter.

Stärken der Bioenergie nutzen

Das Hauptstadtbüro Bioenergie weist daraufhin, dass auch die Bioenergie ihren Beitrag zur Versorgung mit grünem Wasserstoff leisten kann. Dies müsse man in der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie berücksichtigen. „Bei der Ausarbeitung der Strategie dürfen nicht die vielen Vorteile einer noch stärkeren Sektorenkopplung unter den Tisch fallen. Blockheizkraftwerke an Biogasanlagen können schon heute Wasserstoff nutzen und so Strom und Wärme regional und dezentral bereitstellen“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. „Der Neubau großer Wasserstoffkraftwerke wäre damit in einem deutlich geringeren Maße notwendig.“

Auch sollten nach Ansicht des Hauptstadtbüros Bioenergie zusätzliche Elektrolysekapazitäten noch stärker in der Nähe von Biomethanaufbereitungsanlagen entstehen. Das bei der Biogasaufbereitung abgeschiedene CO2 könne man zusammen mit grünem Wasserstoff in gasförmige oder flüssige Derivate wie synthetisches Methan oder Methanol aufbereiten. So ließe sich die volumetrische Energiedichte deutlich erhöhen. Ferner könne man das bereits existierende Gasnetz so auch langfristig nutzen.

26.7.2023 | Quelle: BMUV, BUND, BDEW, BEE, DVGW, HBB | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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