Photovoltaik-Steuern: Chancen durch Lindners Wachstumschancengesetz
Mediale Beachtung hat beim Wachstumschancengesetz, das als Referentenentwurf vorliegt, bislang vor allem die Investitionsprämie gefunden. Sie soll es für Unternehmen attraktiver machen, in den Klimaschutz zu investieren. Das betrifft zum Beispiel den Kauf energieeffizienter Maschinen oder auch Photovoltaikanlagen. Wichtig ist, dass die Investition Bestandteil eines Einsparkonzeptes ist, das ein unabhängiger Energieberater auf Basis bestimmter Normen erstellt hat. Dafür lockt eine 15-prozentige Prämie. Die Investition eines einzelnen Unternehmens darf maximal 200 Millionen Euro betragen. Dadurch ist die Investitionsprämie auf 30 Millionen Euro je Unternehmen gedeckelt. Eine Kumulation mit anderen Förderungen oder staatlichen Beihilfen will Lindner zulassen. Ausgeschlossen von der Prämie sind Investitionen in die Kraft-Wärme-Kopplung sowie für Fernwärme oder -kälte.
Das Wachstumschancengesetz enthält aber noch weitere Aspekte. Insgesamt gibt es 44 Artikel, die sich meist auf Änderungen bestehender Steuergesetze richten. Für die Investitionsprämie soll es ein eigenes, neues Gesetz geben. Dies ist das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz (Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz – Klimaschutz-InvPG). Im Sammelsurium des Wachstumschancengesetzes ist es Artikel 1. Artikel 31 richtet sich auf das Forschungszulagengesetz. Es soll Forschungs- und Entwicklungsvorhaben stärker begünstigen, was ebenfalls für erneuerbare Energien relevant sein kann.
Mehr Spielraum für PV-Anlagen für Wohnungsgenossenschaften
Ein anderer Artikel mit der Nummer 20 soll einen Teil des Körperschaftssteuergesetzes novellieren. Diese Änderung soll Wohnungsgenossenschaften und -vereinen mehr Spielraum für den Bau von Photovoltaikanlagen bringen. Sie müssen für ihre Kerntätigkeit traditionell keine Körperschafts- und Gewerbesteuer zahlen. Problematisch ist es aber, wenn andere Tätigkeiten wie der Betrieb von Solarstromanlagen zu viel Einnahmen bringen. Für andere Geschäftszweige existiert für diese Genossenschaften und Vereine eine Unschädlichkeitsgrenze von 10 Prozent der Gesamteinnahmen. Speziell und ausschließlich bei Mieterstromlieferungen hat der Gesetzgeber diese Grenze schon früher auf 20 Prozent angehoben. Jetzt will das Bundesfinanzministerium (BMF) sie auf 30 Prozent steigern. Außerdem soll die Freigrenze nun auch für den zugelieferten Strom gelten, der im Rahmen einer Mieterstromlieferung aus dem Netz bezogen werden muss, falls es nicht genug Solarstrom gibt.
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) begrüßt die Anhebung um 10 Prozent, bemängelt aber die starren Begrenzungen. Sie bringen aus Sicht des Verbandes keine Sicherheit gegen eine steuerliche Infizierung der Miet- und Pachteinnahmen. Zudem widerspreche der limitierende Ansatz dem Ziel der Bundesregierung, möglichst die gesamte Dachfläche für PV-Anlagen zu nutzen. Die Freigrenzen begrenzten die Photovoltaik so eher statt deren Ausbau zu maximieren. „Gerade risikoaverse Immobilienbesitzer:innen scheuen dadurch aus Angst vor einer möglichen steuerlichen „Infizierung“ ihrer Miet- und Pachteinnahmen die Investition in eine Solaranlage“, so der BSW. Außerdem gelte die Regelung nur für Mieterstrom. Der BSW regt an, alle Stromlieferkonzepte aus erneuerbaren Energien einzuschließen. Ansonsten wäre etwa die im Solarpaket I geplante gemeinschaftliche Gebäudeversorgung nicht von der Regelung erfasst.
Dies erklärt der BSW in seiner Stellungnahme zum Wachstumschancengesetz. Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) hat nach Aussage von Pressesprecher Alexander Karasek keine eigene Stellungnahme abgegeben, hat aber vor allem drei Wünsche zum Steuerrecht. Diese sind bislang noch nicht im BMF-Entwurf für das Artikelgesetz zu finden.
Zu hohe Erbschaftssteuern bei Hofübergabe mit Solarpark
Ein Wunsch des bne gilt dem Themenfeld Solarpark und Hofübergabe: Bei der Übergabe von Landwirtschaftsbetrieben auf die nächste Generation werden laut bne die nötigen steuerlichen Freigrenzen bei der Erbschaftssteuer für die Hofübergabe aufgezehrt, wenn Solarparkflächen mit übergeben werden. „Das blockiert die Flächenbereitstellung zurzeit erheblich“, so Karasek. „Daher empfehlen wir – wie auch das Bundeswirtschaftsministerium in dessen Photovoltaik-Strategie – im Bewertungsgesetz eine Zuordnung von Freiflächen mit PV-Anlagen zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zu ermöglichen.“
Das sieht der BSW genauso. Er identifiziert die erbschaftssteuerliche Behandlung von Flächen mit Solaranlagen als zunehmende Herausforderung bei der Suche nach geeigneten Flächen für neue Solaranlagen. „Denn mit einer Verpachtung der Fläche zur Nutzung einer Freiflächenanlage drohen den Verpächter:innen immense erbschaftssteuerliche Risiken, die in keinem Verhältnis zu den Pachteinnahmen stehen“, erklärt der Solarverband. Dabei würden die Flächen möglicherweise nur für eine begrenzte Zeit für Solaranlagen genutzt. Und nach Auslaufen der Verpachtung könne wieder eine landwirtschaftliche Nutzung folgen.
Wachstumschancengesetz: Grundsteuern für PV-Anlagen kein Thema
Darüber hinaus fordert der BSW eine Gleichstellung von Solarstrom- mit Windkraftanlagen. Letztere unterliegen der begünstigten Grundsteuer A, wenn die Flächen von land- oder forstwirtschaftlichen Flächen umgeben sind. Flächen von Solaranlagen werden dagegen derzeit mit der Grundsteuer B belastet. „Die höhere Steuerbelastung verteuert Projekte oder macht sie unrentabel“, sagt der BSW.
Diese Forderung ist ähnlich der Position des bne, aber nicht deckungsgleich. Wie Karasek erklärt, sei die Grundsteuer in Solarparks von der Bewertung umliegender Gewerbegrundstücke abhängig. Ändere sich diese Bewertung, weil Gewerbegrundstücke in einer Region höher bewertet werden, erhöhe sich auch die Grundsteuer der Solarparks. „Dies führt zu einer Übermaßbesteuerung, die PV-Freiflächenprojekte risikoreicher und teurer macht“, sagt der bne. Er empfiehlt – neben einer bewertungsrechtlichen Zurechnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen – eine klar definierte und im Vergleich zu gewöhnlichen Landwirtschaftsflächen höhere Grundsteuer bei Solarparks, vergleichbar der bei Weinbergen.
Mehr Gewerbesteuern an Standortkommunen von Stromspeichern
Das dritte Anliegen des bne betrifft die Gewerbesteuern, die an Kommunen fließen. Dem großen Nutzen der Speicher für die Allgemeinheit stehe bislang nur ein geringer ökonomischer Nutzen vor Ort gegenüber, führt Karasek aus. Denn die Gewerbesteuer auf die Speichereinnahmen falle nicht bei den Standortkommunen an. Eine rechtliche Regelung im Sinne der Standortkommunen gebe es bereits bei der Windenergie und Photovoltaik. Bei Speichern stehe das aber noch aus. „Die stärkere und gleichmäßigere Beteiligung von Standortkommunen an der Gewerbesteuer beim Betrieb von Anlagen im Bereich der Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern sollte mit der Einführung des § 29 Absatz 1a GewStG auf Betriebsstätten von Betreibern von Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie ausgeweitet werden“, betont der bne.
BSW: Stromsteuer vereinfachen
Eine weitere Erleichterung regt der BSW im Stromsteuergesetz an. Auch dies sollte der Finanzminister in das Gesetzespaket aufnehmen. Einige Betreiber von Solarstromanlagen müssen im Grunde keine Stromsteuern zahlen. Um dies zu erreichen, müssen sie aber erst Anträge stellen. Das könne man leichter machen, findet der BSW. „Regelungen im Stromsteuergesetz sind so zu formulieren, dass von der Stromsteuer befreite Strommengen weder zu messen noch zu melden sind.“ Die Regelungen sollten nach Meinung des BSW so vereinfacht werden, dass Anlagenbetreiber ohne komplizierte und teure Rechtsberatung durch Fachanwälte in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob bei ihnen stromsteuerpflichtige Strommengen anfallen.
Das Wachstumschancengesetz befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Einen Termin, wann es im Kabinett beschlossen werden soll, gibt es noch nicht.
4.8.2023 | Autor: Andreas Witt
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