Testlauf für Closed-Loop-Geothermie in Bayern
In Alberta betreibt Eavor seit 2019 eine Demonstrationsanlage mit der sogenannten Loop-Technologie. Dabei führen zunächst zwei benachbarte Bohrungen in eine Tiefe von 4.500 bis 5.000 Metern. Dort wird die Bohrung horizontal abgelenkt, erklärt Eavor. Es entstehen mehrere parallele Abzweigungen, die jeweils etwa 3.300 Meter lang sind. In Schleifen führen sie durch das Gestein. In einem geschlossenen Kreislauf (Closed Loop) kann Eavor so ein Wärmeträgermedium durch das warme Tiefengestein führen und die Energie an die Oberfläche bringen.
In Geretsried gab es bereits vorher Versuche, mit klassischen hydrothermalen Verfahren Wärme aus der Erde zu gewinnen – sie scheiterten allerdings daran, dass sie zu wenig heißes Wasser in der Tiefe fördern konnten. Durch das geschlossene System soll es bei der Anlage von Eavor keinerlei Fündigkeitsrisiko geben. Das Fündigkeitsrisiko ist bisher eines der größten Hindernisse für Geothermie-Projekte, da man erst nach einer millionenteuren Bohrung erfährt, ob ein Projekt wirklich funktioniert. Eine Versicherung des Fündigkeitsrisikos ist daher eine gängige Forderung für einen schnelleren Geothermie-Ausbau, wie auch der Solarserver mehrfach berichtete.
Geothermie soll 8 MW Strom liefern – Wärmenutzung ungewiss
Laut Eavor soll der erste Loop im Juni 2024 fertiggestellt sein. Der ersten Bohrung sollen noch drei weitere folgen. Da es kein Fündigkeitsrisiko gebe habe Eavor bereits die Turbinen für den oberirdischen Teil des Kraftwerks bestellt. Es handelt sich um ein ORC-System von Turboden. Die Stromproduktion soll noch 2024 beginnen und bis 2026 erweitert werden. Die elektrische Leistung beziffert Eavor in Summe mit 8,2 MW. An anderer Stelle erklärt das Unternehmen, das Kraftwerk werde „die ganze Region“ mit Wärme versorgen. Die Wärmeleistung ist mit 64 MW beziffert. Laut den aktuellen FAQ will Eavor aber erst nach Inbetriebnahme des ORC-Kraftwerks entscheiden, ob die Wärme überhaupt genutzt werden soll. Das ist ungewöhnlich – die meisten Geothermie-Projekte setzen primär auf die Nutzung der Wärme, da der Wirkungsgrad beim Strom gering ist.
Bundeskanzler Scholz, Bundesministerin Stark-Watzinger und Ministerpräsident Dr. Söder besuchte Staatsminister Aiwanger die Bohrungen in Geretsried und zeigten sich begeistert von der neuen Technologie. Aiwanger lobt den Innovationsmut: „Das Konzept in Geretsried, die petrothermale Geothermie über die sogenannte Closed Loop Technologie, kann ganz neue Möglichkeiten eröffnen auch in Regionen ohne Warmwasservorkommen. In Zusammenhang mit dem Ausbau von Fernwärmenetzen wäre Tiefengeothermie in ganz Bayern, nicht nur in Oberbayern und Niederbayern, nutzbar.“ Obwohl die Closed-Loop-Technologie die Wärme des Tiefengesteins nutzt, ist sie kein petrothermales Verfahren im engeren Sinne. Normalerweise bezeichnet petrothermale Geothermie ein Vorgehen, bei dem Klüfte im Gestein mit hohem Druck erweitert werden und so das Gestein selbst als Wärmetauscher fungiert. Kommerzielle Projekte für petrothermale Geothermie gibt es bisher nicht.
Auch das neue Closed-Loop-Verfahren ist noch weit von der Wirtschaftlichkeit entfernt. Allein von der EU wird das „kommerzielle“ 8-MW-Projekt mit fast 92 Millionen Euro gefördert. Eine Gruppe von Geologen und Geophysikern sieht die Erfolgaussichten der Technologie insgesamt skeptisch, wie die taz berichtete.
25.08.2023 | Quelle: Eavor | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH