Keine MwSt-Entlastung für Solarthermie mit dem Finanzminister

Solarthermiemodul von Akotec auf rotem ZiegeldachFoto: Akotec
Das Bundesfinanzministerium räumt gegenüber dem Informationsdienst Solarthemen ein, dass eine Mehrwertsteuerbefreiung, wie sie für die Photovoltaik gilt, auch für Solarthermieanlagen von Seiten der EU-Kommission zulässig wäre. Dennoch lehnt das FDP-geführte Ministerium eine steuerliche Gleichbehandlung der Solarwärme mit dem Solarstrom weiterhin ab. Auch durch die GEG-Novelle, die die Ampel-Koalition kommende Woche im Bundestag beschließen will, fühlt sich die Solarthermiebranche unfair behandelt und hofft auf Änderungen in letzter Minute.

Nicht nur Verbände der Solarbranche sondern auch etlichen Bundestagsabgeordnete aus Koalition und Opposition befürworten einen MwSt-Satz von Null für die Solarthermie – analog zu der Steuerbefreiung, die die Bundesregierung vor rund einem Jahr für die Schwestertechnologie Photovoltaik eingeführt hat. Bei seiner Ablehnung einer solchen Steuerbefreiung für Solarwärmeanlagen hatte sich das von FDP-Minister Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium stets darauf berufen, dass der Zweck der PV-Steuerbefreiung allein in der Bürokratieentlastung für Bürger:innen und Finanzämter begründet sei. Dieser Zweck allerdings sei mit einer etwaigen Nullsteuer für Solarthermie nicht zu erreichen.

Vertreter:innen des Ministeriums hatten in Stellungnahmen gegenüber Bundestagsabgeordneten sogar behauptet, dass die europarechtliche Grundlage der Steuerbefreiung ursprünglich nur mit Bürokratieentlastung begründet worden sei. Ein Blick in die EU-Richtlinie 2022/542 vom 5. April 2022, die die Grundlage für die PV-Mehrwertsteuerbefreiung in Deutschland bildet, beweist jedoch das Gegenteil: Das EU-Recht begründet die Möglichkeit zur Steuerbefreiung für Solarpanele – thermische und elektrische – ausdrücklich mit „Dekarbonisierung”, „Green Deal” sowie „Autarkie der Union in Bezug auf Energie”. Von Bürokratievermeidung ist in diesem Zusammenhang nicht die Rede.

EU-Kommission hält Null MwSt. auf Solarthermie für zulässig

Dies räumt nun auch eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums auf Nachfrage der Solarthemen-Redaktion indirekt ein. Die EU Kommission sei der Ansicht, dass eine Mehrwertsteuer-Entlastung auch für Solarthermieanlagen zulässig sei, schreibt das BMF.

Dennoch versucht das Ministerium in seiner Antwort an die Solarthemen Zweifel zu säen: „Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich bislang noch nicht dazu geäußert, ob ein Mitgliedstaat auf Grundlage von Art. 98 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 10c der Richtlinie 2006/112/EG auch auf die Lieferung von Solarthermieanlagen einen Nullsteuersatz anwenden kann. Diese Rechtsfrage ist daher noch nicht abschließend geklärt.” Was die Ministeriumssprecherin nicht schreibt: Das oberste EU-Gericht ist bislang in dieser Sache von niemandem angerufen worden – wie auch, wenn es noch kein Gesetz gibt, gegen das man vor dem EuGH klagen könnte. Die Aussage des BMF ist also als Nebelkerze zu bewerten.

Das vermutet auch der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig: „Die BMF-Argumentation im Hinblick auf die EU können wir nicht nachvollziehen. Unter Umständen wurde sie nur vorgeschoben.”

Bislang hat nach Erkenntnissen des europäischen Verbandes Solar Heat Europe (ESTIF) noch kein EU-Mitgliedsland einen Nullsteuersatz für Solarthermie eingeführt. Wohl aber gelte in Großbritannien nach dem Brexit Null Prozent Mehrwertsteuer für beide Solartechnologien, merkt ESTIF-Politik-Referent Saverio Papa an.

Fakt ist, dass die EU-Richtlinie eine Mehrwertsteuersenkung für bestimmte Güter den Mitgliedsländern nicht zur Vorgabe macht, sondern lediglich die entsprechende Möglichkeit eröffnet und vorschlägt. Darauf beruft sich auch das Bundesfinanzministerium und schreibt abschließend: „Aus diesen Gründen sieht das BMF nach wie vor keine Notwendigkeit, dem Gesetzgeber die Einführung eines Nullsteuersatzes für Solarthermieanlagen vorzuschlagen.”

GEG-Entwurf würdigt Solarthermie zu gering

Aber nicht nur durch die steuerliche Ungleichbehandlung sieht sich die Solarthermiebranche gegenüber der Schwestertechnologie Photovoltaik benachteiligt. Auch die in der kommenden Woche anstehende Bundestagsentscheidung über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) macht der Branche weiterhin Sorgen. Der Bundesverband Solarwirtschaft hofft daher mit einem Formulierungsvorschlag für eine relativ kleine Modifikation noch das Gesetzgebungsverfahren zu beeinflussen.

Zwar hilft die in der neuesten Version des Gesetzentwurfs in § 71 h vorgesehene pauschale Bemessungsformel für Kollektorflächen in einer Solarthermie-Hybridheizung aufwendige Rechenverfahren zu vermeiden. Nach dieser Formel kann eine Solarthermieanlage von mindestens 0,07 Quadratmeter Aperturfläche pro Quadratmeter Gebäudenutzfläche in Ein- und Zweifamilienhäuser beziehungsweise 0,06 Quadratmeter in Mehrparteienhäusern pauschal mit 15 Prozent angerechnet werden (bei Vakuumkollektoren reduzieren sich die erforderlichen Flächen um 20 Prozent). Zwar wird dies nach Auffassung von Fachleuten gerade in neueren Gebäuden der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Solarthermie nicht gerecht. Aber mit dem Kompromiss muss die Branche nun wohl leben: Wer höhere Anteile anerkannt wissen möchte, muss eine:n Energieberater:in individuell rechnen lassen.

Solarthermie als Wasserstoffersatz

Zugleich soll laut Gesetzentwurf eine entsprechend ausgelegte Solarthermieanlage nach § 71 h Absatz 4 die erforderlichen Biomethan- bzw. Wasserstoffanteil einer über die Stichtage des GEG hinaus weiterbetriebenen Gasheizung von 65 auf 60 % reduzieren. Und hier setzt der jüngste Änderungswunsch des BSW an. Denn diesen anrechenbaren Effekt der Solarthermie würde der Branchenverband gern anstelle der pauschalen Flächenwerte an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Kollektoren und am jeweiligen Wärmestandard des Gebäudes bemessen wissen. Eine entsprechende Tabelle im Anhang des GEG sollte so den Anreiz zur Nachrüstung von Kollektoranlagen erhöhen. Denn je nach Beitrag der Solarthermie ließe sich der erforderliche Anteil von grünen Gasen am Heizenergiebedarf nach BSW-Vorstellungen damit nicht nur um 5 Prozent sondern um bis zu 30 Prozent drücken.

Ob sich der Bundestag von diesen Argumenten und zahllosen Versuchen anderer Interessengruppen, auf das Gesetz noch Einfluss zu nehmen, bewegen lässt, ist allerdings sehr fraglich. Nach der monatelangen Aufregung um das Heizungsgesetz, scheint die Devise jetzt eher zu sein, den vor der Sommerpause aufgrund der Intervention des Bundesverfassungsgericht aufgeschobenen Gesetzesbeschluss jetzt ohne weitere Änderungen über die Bühne zu bringen.

31.8.2023 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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