Geld an Kommunen legal zahlen bei Solar- und Windparks
Eine Spende an den Kindergarten oder den Sportverein: Für viele in ihrer Gemeinde verankerte Unternehmen ist das übliche Praxis und häufig auch unproblematisch. Kritisch wird es, wenn die Geschenke zeitlich oder sachlich verknüpft sind mit Bewilligungen kommunaler Ämter oder Entscheidungen zugunsten eines Unternehmens. Das verstößt dann womöglich nicht nur gegen freiwillige Compliance-Regeln der Kommunen, sondern kann schnell strafrechtlich relevant werden. Doch bei Wind- und Solarparks ist das Zahlen von Geld an Kommunen möglich.
Geld an Kommunen: Vorteilsnahme als Straftat
„Vorteilsnahme” heißt die Straftat, die in Paragraf 331 des Strafgesetzbuchs (StGB) mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren sanktioniert wird; bei minder schweren Fällen kann das Gericht auch eine Geldstrafe verhängen. Zu verfolgen sind Amtsträger:innen oder weitere Personen, die für eine Behörde tätig werden, wenn sie im Rahmen des Dienstes für die Behörde eine Gegenleistung fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Und dies gilt nicht nur für Leistungen, die ihnen persönlich zugute kommen, sondern auch für solche, die Dritten zufließen, also zum Beispiel einem Verein oder der Dorfgemeinschaft insgesamt. Das Pendant auf der anderen Seite, die Vorteilsgewährung, ist in Paragraf 333 StGB geregelt. Das kann auch Wind- und Solarparks betreffen. Und tatsächlich gab es in der Vergangenheit Verfahren, die die Vorteilsnahme oder auch Bestechlichkeit im Zusammenhang mit solchen Projekte verfolgten.
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Aber andererseits geht es auch um Akzeptanz für Wind- und Solarparks. Bürger:innen sollen merken, dass der Betrieb erneuerbarer Energien Vorteile für sie bringt. Gemeinden profitieren zwar auch von Gewerbesteuern, die aber fließen nicht unbedingt schon in den ersten Jahren des Betriebs. Daher hat der Gesetzgeber in das Erneuerbare-Energien-Gesetz – jetzt geregelt in Paragraf 6 – die Option aufgenommen, dass die Betreiber:innen von Wind- und Solarparks am Ertrag der Anlagen direkt finanziell beteiligt werden können. Seit dem 1. Januar 2023 gilt dies auch bei Bestandsanlagen. Und mit dem neuen „Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung”, das bislang als Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorliegt, soll die finanzielle Beteiligung auf weitere Photovoltaikparks ausgedehnt werden. Bisher kann sie nur bei Freiflächen-PV-Anlagen fließen. Die Regelung gilt derzeit also nicht für PV-Anlagen auf baulichen Anlagen, wie zum Bespiel alten Deponien. Aber mit dem PV-Steigerungs-Gesetz könnte sich das im Laufe des Jahres ändern.
Kleiner Solarpark = 10.000 Euro für die Kommune
0,2 Cent gibt es für jede eingespeiste Kilowattstunde, sofern zwischen Betreiber und Gemeinde eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde. Bei einem beispielsweise fünf Megawatt starken Solarpark geht es also um etwa 10.000 Euro, die jedes Jahr in die kommunale Kasse fließen können. Dabei hat der Betreiber keinen Nachteil, denn er kann sich das Geld vom Netzbetreiber erstatten lassen, der es wiederum vom Bund zurückerhält. Wie das BMWK in seiner Photovoltaikstrategie erläutert, werde diese Regelung von Gemeinden und Betreibern sehr gut angenommen. Doch manche Kommunen, die Betreiber auf eine Zahlungsvereinbarung entsprechend EEG angesprochen haben, stoßen dort offenbar – noch – auf taube Ohren.
Verfassungsgericht für Gemeindebeteiligung
Gegen solche Zahlungen sprechen nur ein geringfügiger Aufwand, um die Vereinbarung zu schließen und das Geld zu überweisen, sowie mit Blick auf das Strafgesetzbuch möglicherweise Unsicherheit über die Rechtslage. Mit seinem Urteil vom 5. Mai 2022 zum „Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern” (1 BvR 1187/17) untermauert das Bundesverfassungsgericht die aus seiner Sicht grundsätzliche Legitimität von solchen Regelungen. Sie dienten der Verbesserung der Akzeptanz und damit den Gemeinwohlzielen des Klimaschutzes. Die Reduktion von fossiler Stromerzeugung sei durch das Klima,schutzziel des Artikels 20a des Grundgesetzes sogar geboten.
In Mecklenburg-Vorpommern ist mit dem genannten Gesetz eine Abgabe an die Gemeinden sogar verpflichtend, falls Betreiber sie nicht in anderer Form an Windparks beteiligen. Vorrangig soll dies über den Erwerb von Geschäftsanteilen durch die Gemeinde oder von Sparprodukten durch die Anwohner:innen erfolgen.
Wie das BMWK in seiner Photovoltaikstrategie erklärt, soll auch auf Bundesebene eine verpflichtende Beteiligung rechtlich geprüft werden. Voraussichtlich ist hier aber nicht kurzfristig mit einem Gesetzesvorschlag zu rechnen. Im PV-Steigerungs-Gesetz ist es nicht enthalten.
Vorbild für andere Länder
Wie die Stiftung Umweltenergierecht bereits im Mai 2022 nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausführte, ist die Regelung von Mecklenburg-Vorpommern auch nicht einfach auf den Bund übertragbar. Es seien Unterschiede in den Blick zu nehmen, falls man die freiwillige Zahlung nach Paragraf 6 EEG in eine verpflichtende ändern wolle. Ein, so die Stiftung, vermutlich zentraler Unterschied liege darin begründet, dass im Gesetz Mecklenburg-Vorpommerns keine Zahlungs-, sondern eine Beteiligungspflicht besteht. „Vielmehr ist es eine Entscheidung des Vorhabenträ-gers, ob er statt Gesellschaftsanteilen den Gemeinden eine Zahlung in Form der Ausgleichsabgabe gemäß § 11 BüGembeteilG M-V anbietet”, erläutert die Stiftung.
Mecklenburg-Vorpommern kann so als Beispiel für andere Bundesländer gelten – seit dem vergangenen Jahr sogar sozusagen mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichts. Allerdings haben Kommunen auf Bundesebene auch jetzt schon mit dem Paragrafen 6 EEG ein gutes Mittel in der Hand, um in Kooperation mit Betreibern von Windparks finanzielle Vorteile für Städte und Gemeinden zu erreichen. Und dabei müssen sie nicht befürchten, dass Staatsanwaltschaften wegen Vorteilsnahme gegen sie ermitteln.
Gesetz als Leitschnur
Nils Wegner von der Stiftung Umweltenergierecht rät, sich bei Zahlungsvereinbarungen im Umfeld von Solar- und Windkraftprojekten klar an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Der Vorteil sei, dass der Gesetzgeber mit dem Paragrafen 6 Zuwendungen an die Gemeinden aus einem Graubereich herausgeführt habe.
Kommunen und Betreiber müssen rechtskonforme Vereinbarungen nicht selbst erfinden. Für den Windbereich hat die Fachagentur Windenergie gemeinsam mit Verbänden – u.a. dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) – einen Mustervertrag sowie eine Reihe weiterer Hinweise entwickelt, die frei verwendet werden dürfen. Und für Solarparks haben der Bundesverband Neue Energiewirtschaft, der DStGB, der VKU und der BDEW ebenfalls einen Mustervertrag vorgelegt.
Links zu den Musterverträgen:
Mustervertrag Windenergie: www.fachagentur-windenergie.de/
themen/akzeptanz/mustervertrag/
Mustervertrag Photovoltaik: www.sonne-sammeln.de/mustervertrag
4.9.2023 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH
Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 7/2023 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!