Geld an Kommunen legal zahlen bei Solar- und Windparks

verschiedene Euroscheine vor einem Windbark aufgefächert.Foto: gottsfam / stock.adobe.com
Der Grat, der einen Bürgermeister vom Gefängnis trennen kann, ist durchaus schmal, wenn er Investoren von Zahlun­gen für einen guten Zweck in seiner Gemeinde überzeugt. Doch bei Solar- und Windparks ist die Zahlung von Geld an eine Kommune legal, wenn man sich an bestimmte gesetzliche Regelungen hält.

Eine Spende an den Kindergarten oder den Sportverein: Für viele in ihrer Gemeinde verankerte Unternehmen ist das übliche Praxis und häufig auch unproblematisch. Kritisch wird es, wenn die Geschenke zeitlich oder sachlich verknüpft sind mit Bewilligungen kommunaler Ämter oder Ent­scheidungen zugunsten eines Unter­neh­mens. Das verstößt dann womöglich nicht nur gegen freiwillige Compliance-Regeln der Kommunen, sondern kann schnell strafrechtlich relevant werden. Doch bei Wind- und Solarparks ist das Zahlen von Geld an Kommunen möglich.

Geld an Kommunen: Vorteilsnahme als Straftat

„Vorteilsnahme” heißt die Straftat, die in Paragraf 331 des Strafgesetzbuchs (StGB) mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jah­ren sanktioniert wird; bei min­der schwe­ren Fällen kann das Gericht auch eine Geldstrafe verhängen. Zu verfolgen sind Amtsträger:innen oder wei­tere Perso­nen, die für eine Behörde tätig werden, wenn sie im Rahmen des Diens­tes für die Behörde eine Gegenleistung for­dern, sich versprechen las­sen oder annehmen. Und dies gilt nicht nur für Leistungen, die ihnen persönlich zugute kommen, son­dern auch für solche, die Dritten zufließen, also zum Beispiel ei­nem Verein oder der Dorfgemeinschaft insgesamt. Das Pendant auf der an­deren Seite, die Vorteilsge­wäh­rung, ist in Paragraf 333 StGB geregelt. Das kann auch Wind- und Solar­parks betreffen. Und tatsächlich gab es in der Vergangenheit Verfahren, die die Vorteilsnahme oder auch Be­stech­lich­keit im Zusammenhang mit solchen Projekte verfolgten.

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Aber andererseits geht es auch um Akzeptanz für Wind- und Solarparks. Bürger:innen sollen merken, dass der Betrieb erneuerbarer Energien Vorteile für sie bringt. Gemeinden profitieren zwar auch von Gewerbesteuern, die aber fließen nicht unbedingt schon in den ers­ten Jahren des Betriebs. Daher hat der Gesetzgeber in das Erneuerbare-Energien-Gesetz – jetzt geregelt in Paragraf 6 – die Option aufgenommen, dass die Betreiber:innen von Wind- und So­lar­parks am Ertrag der Anlagen direkt finanziell beteiligt werden können. Seit dem 1. Januar 2023 gilt dies auch bei Bestandsanlagen. Und mit dem neuen „Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung”, das bislang als Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vorliegt, soll die finanzielle Beteiligung auf weitere Photovoltaik­parks ausgedehnt werden. Bisher kann sie nur bei Freiflächen-PV-Anlagen fließen. Die Regelung gilt der­zeit also nicht für PV-Anlagen auf bau­lichen Anlagen, wie zum Bespiel alten Deponien. Aber mit dem PV-Stei­ge­rungs-Gesetz könnte sich das im Laufe des Jahres ändern.

Kleiner Solarpark = 10.000 Euro für die Kommune

0,2 Cent gibt es für jede ein­ge­speis­te Kilowattstunde, sofern zwischen Betreiber und Gemeinde eine entspre­chende Vereinbarung geschlossen wur­de. Bei einem beispielsweise fünf Me­­gawatt starken Solarpark geht es also um etwa 10.000 Euro, die jedes Jahr in die kommunale Kasse fließen können. Dabei hat der Betreiber keinen Nachteil, denn er kann sich das Geld vom Netzbetreiber erstatten lassen, der es wie­de­rum vom Bund zurückerhält. Wie das BMWK in seiner Photovoltaikstrategie erläutert, werde diese Regelung von Gemeinden und Betreibern sehr gut angenommen. Doch manche Kommu­nen, die Betreiber auf eine Zahlungs­vereinbarung entsprechend EEG angesprochen haben, stoßen dort offenbar – noch – auf taube Ohren.

Verfassungsgericht für Gemeindebeteiligung

Gegen solche Zahlungen sprechen nur ein gering­fügiger Aufwand, um die Vereinbarung zu schließen und das Geld zu über­weisen, sowie mit Blick auf das Strafgesetzbuch möglicherweise Unsicherheit über die Rechtslage. Mit seinem Urteil vom 5. Mai 2022 zum „Gesetz über die Beteiligung von Bür­gerinnen und Bürgern sowie Gemein­den an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern” (1 BvR 1187/17) untermau­ert das Bundesverfassungsgericht die aus sei­ner Sicht grundsätzliche Legitimität von solchen Re­ge­­lungen. Sie dien­ten der Verbesserung der Akzep­tanz und damit den Gemeinwohl­zielen des Klimaschut­zes. Die Reduktion von fos­siler Stromer­zeu­gung sei durch das Klima­,schutzziel des Arti­kels 20a des Grundgesetzes so­gar ge­boten.

In Mecklenburg-Vorpommern ist mit dem genannten Gesetz eine Abga­be an die Gemeinden sogar verpflich­tend, falls Betreiber sie nicht in anderer Form an Windparks beteiligen. Vorran­gig soll dies über den Erwerb von Ge­schäfts­anteilen durch die Gemeinde oder von Sparprodukten durch die Anwohner:innen erfolgen.
Wie das BMWK in seiner Photovoltaikstrategie erklärt, soll auch auf Bun­des­ebene eine verpflichtende Betei­ligung rechtlich geprüft werden. Voraussichtlich ist hier aber nicht kurz­fristig mit einem Gesetzesvorschlag zu rechnen. Im PV-Steigerungs-Gesetz ist es nicht enthalten.

Vorbild für andere Länder

Wie die Stiftung Umweltener­gie­recht bereits im Mai 2022 nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausführte, ist die Regelung von Mecklenburg-Vorpommern auch nicht einfach auf den Bund übertragbar. Es seien Unterschiede in den Blick zu nehmen, falls man die freiwillige Zah­lung nach Paragraf 6 EEG in eine ver­pflichtende ändern wolle. Ein, so die Stiftung, vermutlich zentraler Unter­schied liege darin begründet, dass im Gesetz Mecklenburg-Vorpommerns kei­ne Zahlungs-, sondern eine Betei­li­gungs­­­pflicht besteht. „Vielmehr ist es eine Entscheidung des Vorhabenträ-gers, ob er statt Gesellschaftsanteilen den Gemeinden eine Zahlung in Form der Ausgleichsabgabe gemäß § 11 BüGembeteilG M-V anbietet”, erläutert die Stiftung.

Mecklenburg-Vorpommern kann so als Beispiel für andere Bundesländer gelten – seit dem vergangenen Jahr sogar sozusagen mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichts. Allerdings ha­ben Kommunen auf Bundesebene auch jetzt schon mit dem Paragrafen 6 EEG ein gutes Mittel in der Hand, um in Kooperation mit Betreibern von Wind­parks finanzielle Vorteile für Städte und Gemeinden zu erreichen. Und da­bei müssen sie nicht befürchten, dass Staats­anwaltschaften wegen Vorteils­nahme gegen sie ermitteln.

Gesetz als Leitschnur

Nils Wegner von der Stiftung Um­weltenergierecht rät, sich bei Zahlungs­ver­einbarungen im Umfeld von Solar- und Windkraftprojekten klar an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Der Vorteil sei, dass der Gesetzgeber mit dem Paragrafen 6 Zuwendungen an die Gemeinden aus einem Graubereich herausgeführt habe.
Kommunen und Betreiber müssen rechtskonforme Vereinbarungen nicht selbst erfinden. Für den Windbereich hat die Fachagentur Windenergie ge­meinsam mit Verbänden ­­– u.a. dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) – einen Mustervertrag sowie eine Reihe weiterer Hinweise ent­wickelt, die frei verwendet werden dürfen. Und für Solarparks haben der Bundesverband Neue Energiewirt­schaft, der DStGB, der VKU und der BDEW ebenfalls einen Mustervertrag vorge­legt.

Links zu den Musterverträgen:
Mustervertrag Windenergie: www.fachagentur-windenergie.de/
themen/akzeptanz/mustervertrag/

Mustervertrag Photovoltaik: www.sonne-sammeln.de/mustervertrag

4.9.2023 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

Titelbild der Zeitschrift Energiekommune 7/23

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 7/2023 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!

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