BEE fordert Überarbeitung der BMWK-Langfristszenarien

Im Bild Windenergieanlagen und Photovoltaik-Module, deren Beitrag zur Stromerzeugung in den Langfristszenarien des BMWK laut BEE unterschätzt werden.Foto: Soonthorn / stock.adobe.com
Die Langfristszenarien, die im Auftrag des BMWK den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Transformation des Energiesystems modellieren, unterschätzen laut Branchenverband BEE die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Daher fordert der BEE eine Überarbeitung der Szenarien.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) hat die Langfristszenarien des Bundesministeriums für Wirtschaft- und Klimaschutz (BMWK) begutachtet und eine zweite Analyse zu diesen vorgelegt. Er verweist darin auf erhebliche Probleme bezüglich der ermittelten erneuerbaren Stromerzeugung in den Szenarien. „Abweichungen in den vorliegenden Langfristszenarien bergen die Gefahr in sich, dass darauf aufbauende politische Konzepte fehlerhaft werden. Die Annahmen und Ergebnisse der Langfristszenarien sollten daher in der jetzigen Form nicht als Grundlage weiterer Studien oder politischer Entscheidungen dienen”, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Das Ministerium müsse sicherstellen, dass eine so wichtige Basisstudie keine Folgefehler produziere.

Die Langfristszenarien erstellt seit 2017 ein Forschungskonsortium im Auftrag des BMWK. Die Forscher:innen modellieren die zukünftige Entwicklung des Energiesystems, mit denen man die energie- und klimapolitischen Ziele erreichen könnte. Die aktuelle Version der Langfristszenarien stammt aus dem Jahr 2022. „Die Ergebnisse der BEE-Analyse machen deutlich, dass die Berechnungen bei allen erneuerbaren Technologien die Realität nicht korrekt abbilden. Dies führt in der Summe zu Abweichungen im hohen zweistelligen Terawattstunden-Bereich“, sagt Peter. Die Szenarien unterschätzten die tatsächlich verfügbare Leistung und damit der Beitrag aus erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung deutlich. Das gelte es zu korrigieren, so Peter.

BMWK Langfristszenarien unterschätzen Windenergie-an-Land

Die Ursachen für die Abweichungen seien vielfältig, jedoch nicht systematisch begründet, wie die Ergebnisse der Analyse zeigten. Im Bereich Windenergie-an-Land gingen die Szenarien von einer bestmöglichen Anlagenkonfiguration im Jahr 2040 aus, die deutlich schlechter als der heutige Stand sei. Allein in den vergangenen zwei Jahren sei bei etwa 75 Prozent aller Neuanlagen eine bessere Anlagenkonfiguration zu verzeichnen. Gleichzeitig unterschätzten die Forscher:innen die Auslastung der Anlagen. Im Gegensatz dazu überschätzten die Szenarien die Auslastung im Offshore-Bereich überschätzt: „In den letzten acht Jahren ist in keiner Stunde eine reale Auslastung von mehr als 95 Prozent im deutschen Offshore-Bereich aufgetreten. In den Langfristszenarien treten diese Zeitfenster aber in 600 bis über 800 Stunden auf”, so Peter.

Verzerrtes Bild bei der Photovoltaik

Die zugrunde gelegten Annahmen führen auch im Bereich der Photovoltaik zu einem verzerrten Bild. Wenn auf nationaler Ebene eine Auslastung von rund 50 Prozent der Nennleistung erreicht werde, komme es zu einer praktisch nahezu unmöglichen und rechtlich unzulässigen pauschalen Abregelung der darüber hinausgehenden Einspeisung. Zusätzlich sehen die Szenarien in diesen Zeitfenstern teilweise vermehrt teure Nettostromimporte vor. „Günstigen erneuerbaren Strom abzuregeln, um teuren Graustrom aus dem Ausland zu beziehen, ist weder wirtschaftlich noch aus Sicht der Energiewende und des Klimaschutzes sinnvoll”, sagt Peter.

Die Annahmen zum nachhaltigen Biomassepotenzial blenden bestimmte Biomasse-Sortimente vollständig aus. Damit senke man künstlich deren Potenzial. Gleichzeitig werde die Flexibilität der Bioenergie gegenüber den vorangegangenen Langfristszenarien unbegründet stark verringert, was wiederum zu einem erhöhten Bedarf an Leistung aus H2-Gasturbinen führe. Für die Wasserkraft hätte man in der Berechnung gänzlich falsche Annahmen getroffen, die man weder technisch noch praktisch mit dem Kraftwerkspark in Deutschland umsetzen könne.

„Die BEE-Analyse legt eine Reihe von gravierenden Problemen in den Langfristszenarien offen. Mit der Veröffentlichung der Studie möchte der BEE eine erneute Diskussion zur Weiterentwicklung der Langfristszenarien des BMWK anstoßen. Korrekturen sind erforderlich, damit politische Konzepte für die Umsetzung der Energiewende diese tatsächlich auf der Erfolgsspur halten”, so Peter.

Die Analyse des BEE zu den Aussagen der BMWK-Langfristszenarien ist unter diesem Link zu finden. Weitere Informationen zu den Langfristszenarien bietet eine eigene Website. Schon im Jahr 2021 hatte der BEE die Langfristszenarien des BMWK kritisiert, weil die nationalen Potenziale der erneuerbaren Energien unterschätzt würden.

19.9.2023 | Quelle: BEE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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