Fraunhofer IEG kombiniert Solarthermie, Wärmepumpe und Grubenwasser
Die Kombination von Solarthermie, Wärmepumpen und Grubenwasser als Wärmespeicher sei ein weltweit einzigartiger Ansatz, den das Fraunhofer IEG nun als Prototypen in Bochum teste, heißt es in der Pressemitteilung. Während des Sommers soll eine Solarthermie-Anlage das Wasser in einem alten, bereits gefluteten Bergwerk in Bochum auf 60° erwärmen. Während der Heizperiode dient das Grubenwasser als Wärmequelle für die Hochtemperatur-Wärmepumpe. Diese soll das Wasser auf bis zu 120 °C erhitzen und in das Fernwärme-Netz einspeisen, das die Haushalte im Bochumer Süden versorgt. An diesem Wärmenetz hängen der Campus der Ruhr-Universität Bochum, 4.800 Mietwohnungen, 760 Häuser und 115 weitere Kunden im Stadtteils Querenburg. Das Projekt zeige, wie vorhandene fossile Infrastrukturen wie Bergwerke und Fernwärmenetze eine nachhaltige Rolle für die Wärmewende spielen können, sagt Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG.
„Wir haben die komplexe Pilotanlage schrittweise entwickelt und nun im Sommer alle Teile erfolgreich zusammengefügt“, sagt die leitende Projekt-Ingenieurin Arianna Passamonti. In der anstehenden Heizperiode soll die Anlage in den Realbetrieb gehen und beweisen, dass die Wärmepumpe die die hohe Temperatur des Fernwärmenetzes zuverlässig erreicht.
Die Leistung der konzentrierenden Solarthermie-Anlage ist mit 60 kW im Verhältnis zum Fernwärme-Netz mit 115 MW Gesamtleistung recht bescheiden. Die Kollektoren sollen jährlich 165 MWh Wärme ins Grubenwasser einspeisen.
Viel Ausbaupotenzial bietet hingegen das Steinkohlebergwerk als Wärmespeicher. Aus dem Bergwerk wurden zwischen 1953 und 1958 rund 37.000 Tonnen Kohle gefördert. Es ist mittlerweile laut Fraunhofer IEG mit rund 20.000 m3 Grubenwasser gefüllt. Um die Wärme aus dem Bergwerk zu ziehen, hat das Fraunhofer IEG eine Entnahmebohrung abgeteuft, die das Bergwerk auf 64 Meter erschließt. Über die Eignung und das Potenzial des Bergwerks als Wärmespeicher wurden Computersimulationen durchgeführt.
Hochtemperatur-Wärmepumpe für Grubenwasser-Nutzung eigens entwickelt
Wie viele Wärmenetze ist auch das Fernwärmenetz im Süden von Bochum auf fossile Energien ausgelegt und nutzt hohe Temperaturen. Je nach Jahreszeit liegt die Vorlauftemperatur bei 80 bis 120 °C. Die Rücklauftemperatur zum Heizkraftwerk beziffert das Fraunhofer IEG mit 60 °C. Das macht die Einbindung erneuerbarer Energien anspruchsvoller als in moderneren Netzen, die von Anfang an auf niedrige Temperaturen setzen können.
Passamonti und ihr Team haben die Wärmepumpe mit einer Leistung von 500 kW und einer Zieltemperatur von 120 °C eigens für diese Randbedingungen entwickelt. Die Wärmepumpe arbeitet nun in einem zweistufigen Prozess. Sie nutzt im Niedertemperaturbereich Ammoniak als Arbeitsmedium, im Hochtemperaturbereich Butan.
Die nun umgesetzte praktische Installation zeige, dass stillgelegte Bergwerke als Wärmespeicher mit Wärmepumpen sinnvoll an bestehende Fernwärmenetze angebunden werden können.
Die Forschenden wollen die nun geschaffene Infrastruktur zudem nutzen, um die Betriebsmodelle für Großwärmepumpen weiterzuentwickeln. In Folgeprojekten sollen nun in der Region weitere Bergwerke als Wärmespeicher und zudem Abwärme als Wärmequelle erschlossen werden. Grundsätzlich ließen sich verschiedene Abwärmequellen integrieren – allerdings sei der Markt noch nicht entwickelt, so das Fraunhofer IEG.
Um die Pilotanlage zum Laufen zu bekommen, nutzten die Forschenden zwei EU-Projekte, die von 2018 bis 2023 liefen. In „Geothermica Heatstore“ erschlossen sie die seit 65 Jahren stillgelegte Zeche mit drei Bohrungen erschlossen und schlossen die Solarthermieanlage an. . In „NWE-Interreg DGE-Rollout“ planten, bauten und installierten sie die Wärmepumpe und die Teile, die der Wärmeeinspeisung und der Wärmeauskopplung ins Fernwärmenetz dienen. Neben dem Fraunhofer IEG waren an den Projekten der Gebäudeausrüster Johnson Controls, der Kraftwerksausrüster Mitsubishi Power Europe, der Wärmenetzbetreiber Stadtwerke Bochum unique Wärme GmbH & Co. KG sowie die Ruhruniversität Bochum beteiligt.
Das bisherige Kohleland Nordrhein-Westfalen setzt im Zuge der Energiewende vermehrt auf Erdwärme und will dafür auch die alte Bergbau-Infrastruktur nutzen. Im vorigen Jahr entstand zu diesem Zweck eine Erdwärme-Allianz.
25.9.2023 | Quelle: Fraunhofer IEG | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH