Energiewende New York: „Big Apple“ will grüner werden
Startschuss für die Biotonne und zartes Pflänzchen der Energiewende in New York: seit Anfang Oktober ist in Brooklyn Mülltrennung Pflicht. Ab dann müssen die rund 2,6 Millionen Einwohner des größten New Yorker Stadtbezirks Lebensmittel- und Gartenabfälle in braune Tonnen für die Müllabfuhr abfüllen. Im Nachbarstadtteil Queens gilt die Pflicht schon. Die übrigen Bezirke Bronx, Manhattan und Staten Island folgen 2024.
Nach jahrelangen Diskussionen schafft die Stadt damit Fakten. „Für Jahrzehnte hat New York City Milliarden Tonnen an Lebensmittelresten über die Staatsgrenze transportieren lassen, hunderte Kilometer weit, um sie auf Deponien zu entsorgen“, sagte die stellvertretende Bürgermeisterin Meera Joshi zum Startschuss des sogenannten Curbside-Programms. Der Hintergrund: eine Müllverbrennung gibt es in New York nicht. Lediglich der Anteil des Müllaufkommens, der sich recyceln lässt, bleibt teilweise in der Stadt. Der Rest wird unter hohem Transportaufwand und CO2-Fußabdruck ins Umland gekarrt. Und die organischen Reste setzen auf der Deponie auch noch Methan frei.
Apfelkitschen und Abwasser zu Biomethan
Dem Methanschlupf auf der Müllkippe will die Stadt den Riegel vorschieben und die Energie lieber selbst nutzen. Und zwar indem sie die aufbereiteten Reste in der größten Kläranlage der 8-Millionen-Metrople am East River-Ableger Newtown Creek in Brooklyn zu Biomethan veredelt.
Dazu werden sie mit Klärschlamm aus der Abwasserbehandlung gemischt. Bakterien produzieren aus der Mixtur Biogas, das der Gasnetzbetreiber National Grid nach der Aufbereitung in sein Pipelinesystem einspeist. Laut Unternehmen würde das Vorhaben rund 5.200 New Yorker Haushalte mit Wärme versorgen können.
Viel ist das zwar nicht. Aber ein durchaus wichtiger Schritt. Denn Alternativen zu fossilen Energien sind gefragt. Der Bundesstaat New York plant, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. 2019 waren erst sieben Prozent erreicht. Die Metropole will den Ausstoß der Gebäude in diesem Zeitraum um 40 Prozent senken. Sie sind laut Stadtverwaltung für 70 Prozent der Gesamtemissionen New York Cities verantwortlich.
Fernwärme dampft aus dem Asphalt
Die Ineffizienz der Wärme- und Kälteversorgung ist auch optisch zu sehen: an dem Dampf, der an vielen Straßen in Manhattan aus dem Asphalt quillt. Er stammt von Kondensationen und undichten Stellen des Fernwärmenetzes.
Es bringt heißen Dampf zu Gebäuden wie dem Empire State Building, dem World Trade Center und Wohnhäusern. Versorger ConEdison erzeugt ihn in Kraftwerken, die zu 95 Prozent Erdgas und ansonsten Heizöl verfeuern.
Das muss sich ändern, weshalb der Versorger derzeit eine Langfriststrategie erarbeitet. Die Minimierung der Leckagen und Verluste bringt nur einen Bruchteil der nötigen CO2-Einsparungen. Deshalb sollen Wärmepumpen die Dampfversorgung ablösen. Die komplette Stilllegung des Netzes steht im Raum. Alternativ könnte das System in abgespeckter Form auch regenerative Gase einsetzen wie grünen Wasserstoff oder Biomethan. Das wäre auch die kostengünstigere Variante verglichen mit der kompletten Elektrifizierung der Wärme. Noch ist allerdings unklar, wo die nötigen Volumina an sauberen Gasen herkommen sollen. New Yorks Biomüll wird dafür kaum reichen.
1.000 MW Photovoltaik bis 2030
Große Ziele verfolgt die Stadt auch bei der Elektrifizierung. 2040 soll ausschließlich grüner Strom im Netz fließen. Bis 2030 will die Stadt 1.000 Megawatt (MW) Photovoltaik angeschlossen haben. Derzeit sind rund 450 MW in Betrieb. Zum Vergleich: Berlin hatte zum Jahresanfang 2023 rund 300 MW installiert und München laut den Stadtwerken München aktuell rund 100 MW.
Wichtigste grüne Stromquelle der Zukunft soll aber Offshore-Wind werden. Farms mit 9 GW Leistung bis 2035 sind vor Long Island und Massachusetts geplant, um die Energiewende in New York zum Erfolg zu führen.
13.10.2023 | Autor: Oliver Ristau
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