Aus Solarstrom wird Fernwärme
In der unterfränkischen 900-Seelen-Kommune Bundorf ist in der letzten Septemberwoche die größte Photovoltaik-Freiflächenanlage Nordbayerns eingeweiht worden. Die Solarstrom-Anlage mit einer Gesamtleistung von 125 Megawatt (MW) soll künftig pro Jahr 131 Milliarden Kilowattstunden Strom produzieren. Ungewöhnlich an dem Solarpark ist aber nicht nur die Größe der Anlage, sondern auch die dort beabsichtigte Sektorenkopplung. Ein kleiner Teil des Solarstroms wird künftig verwendet, um ein Fernwärme-Netz in Bundorf mit Energie zu versorgen.
1,5 MW Solarstrom als Solarheizwerk für Fernwärme
Ein Teilbereich des Solarkraftwerks mit etwa 1,5 MW ist durch eine Direktleitung mit der benachbarten Heizzentrale des dörflichen Wärmenetzes verbunden. Dort verarbeiten ein 400-kW-Elektrodenkessel und eine 200-kW-Luftwärmepumpe den Solarstrom zu Heizenergie. „Wir wollen die Wärmepumpe vorrangig mit Photovoltaikstrom betreiben.“ Das sagt Matthias Zimmermann, Projektleiter Fernwärme bei der Energiegenossenschaft Egis eG. Sie betreibt das Wärmenetz und ein Drittel des gesamten Solarparks in Bundorf. Solarstrom soll übers Jahr 60 Prozent der Heizenergie für zunächst 30 angeschlossene Gebäude erzeugen.
Ein Pufferspeicher mit 75 Kubikmetern Volumen sorgt dabei für den Ausgleich von Tag und Nacht und für Reserven an regnerischen Tagen. Reicht dies im Winter nicht, um den Bedarf des Netzes zu decken, so kann ein 200-kW-Holzkessel einspringen, dessen Einsatz auf 1600 Betriebsstunden kalkuliert wird. Technisch möglich wäre auch, dass die Wärmepumpe Strom aus dem öffentlichen Netz bezieht, sofern der Solarpark nicht genug Energie liefert. Doch das sei nicht vorgesehen, betont Zimmermann: „Wenn möglich werden wir ausschließlich PV-Strom einsetzen.“
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Ein Vorteil dieser neuartigen Kombination von PV-Anlage und Großwärmepumpe ist aus Sicht von Zimmermann: Wenn weniger Strom für die Wärmepumpe benötigt wird, als der Solarpark leisten kann und wenn der Speicher voll ist, lässt sich überschüssige Solarenergie einfach ins Stromnetz einspeisen.
Netzgebühren sparen
Zur Wirtschaftlichkeit dieser Variante von Fernwärme mit Solarstrom trägt freilich auch das Stromkabel bei, das vom Solarpark zur Heizzentrale führt und das der Egis gehört. Dadurch spart die Genossenschaft Netzgebühren für den Wärmestrom, was sich günstig auf den Fernwärmepreis auswirkt.
Ähnlich wie bei einer Solarthermieanlage sind also auch bei diesem Modell der Fernwärme in Kombination mit Solarstrom kurze Wege zwischen Solarenergiegewinnung und Fernwärmenetz von Vorteil.
Für die kommunalen Gebäude und die Bürger:innen, die sich ans Wärmenetz anschließen, ist der Nutzen des großen Solarparks, der sehr viel mehr Strom erzeugt, als die Kommune verbraucht, somit direkt spürbar. Doppelt profitieren können sie zudem von einer Beteiligung an der Genossenschaft. Mit einem Genossenschaftsanteil, der bereits ab 150 Euro zu haben ist, sind sie einerseits an den Dividendenausschüttungen der Egis eG beteiligt, die unter anderem in dem neuen Solarpark vor ihrer Haustür erwirtschaftet werden. Zum zweiten haben Genossenschaftsmitglieder in Bundorf aber auch Anrecht auf einen besonders vergünstigten Wärmepreis. Auf diese Weise ist die Mitgliedschaft zwar nicht Voraussetzung eines Wärmenetzanschlusses, aber im Sinne des Bürgerenergiegedankens allemal eine interessante Option.
Wärmepumpe für Mertingen
Die Bundorfer Erzeugungs-Kombi aus Photovoltaik und Wärmenetz ist keineswegs einmalig in Deutschland. Im bayrisch-schwäbischen Mertingen verfolgt die Kommune mit dem Regenerativenergieunternehmen GP Joule ein ähnliches solarelektrisches Wärmekonzept. Das Joined Venture ProTherm Mertingen GmbH (Kommunalanteil 55 %, GP Joule 45 %) betreibt hier seit 2017 ein Wärmenetz mit inzwischen 14 Kilometer Leitungslänge, das laufend erweitert wird. Jetzt kommt eine Großwärmepumpe hinzu.
Die Wärmepumpe bildet künftig das Bindeglied zwischen dem Wärmenetz und einer bereits bestehenden Photovoltaik-Freiflächenanlage des Kommunalunternehmens ProTherm. Deren Strom soll künftig auch zu Wärme verarbeitet werden. Auch hier erfolgt die Lieferung über eine Direktleitung, damit keine Netzgebühren anfallen. Die weiteren Wärmequellen in Mertingen sind zwei Biogasanlagen, eine Hackschnitzelfeuerung und Abwärme aus einem Industriebetrieb.
3.11.2023 | Autor: Guido Bröer
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