Abhängigkeit von Solar-Silizium aus China wächst weiter

Zu sehen ist eine Polysilizium-Solarzelle in Brocken von Silizium als Symbol für die Wacker Siliziumherstellung.Foto: Wacker Chemie
Polysilizium kommt in Solarzellen zum Einsatz.
China investiert hohe Beträge in den Aufbau der Silizium-Produktion, einem wesentlichen Grundstoff von Solarzellen. Damit wächst das Angebot, das schon jetzt die Nachfrage übersteigt. Und dies setzt wiederum europäische Hersteller weiter unter Druck. Dies zeigte eine aktuelle Studie der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Schon heute überstiegen die die weltweiten Kapazitäten der Silizium-Produktion die Nachfrage, sagt die Studie von DERA. Und bis Ende 2027 nehmen die Produktionskapazitäten laut der Untersuchung um weitere 66 Prozent zu. Demgegenüber wachse die weltweite Nachfrage nur um 37 Produzent. Noch gravierender sieht es, so die Analyse, bei Polysilizium aus. Kapazitätserweiterungen von 437 Prozent stünden einer Nachfragesteigerung von 107 Prozent gegenüber. Und fast alle neuen Produktionskapazitäten entstehen in China. Harald Elsner, Hauptautor der Studie, erläutert: „China bereitet sich auf eine weiter stark wachsende weltweite Nachfrage nach Solarmodulen vor und investiert daher bereits Milliarden auch in die vorgelagerte Silizium- und Polysiliziumproduktion.“

Preis für Silizium aus China sinkt

Die Folge seien weiterhin sehr niedrige Preise für Silizium und Polysilizium auf den globalen Märkten, prognostiziert die Studie. Und dies wirkt sich auf die europäische Produktion aus. „Bei derart niedrigen Preisen wird der Wiederaufbau einer selbständigen europäischen Solarwirtschaft schwierig“, so Elsner. Aufgrund der zur Produktion benötigten sehr hohen Energiemengen für Silizium träfen die niedrigen Preise in China die Produzenten von Silizium und Polysilizium in Europa besonders schwer.
 
In Europa kann laut Elsner derzeit nur noch in Norwegen bei Industriestrompreisen von 2 bis 3 Eurocent je Kilowattstunde wettbewerbsfähig Silizium produziert werden. In Island sei dies trotz Nutzung ebenfalls alternativer Energien bei mehr als doppelt so hohen Industriestrompreisen schwierig. Erst recht in Deutschland, Frankreich oder Spanien, wo die Industriestrompreise noch deutlich höher sind, erklärt der Rohstoffexperte.

In Deutschland produziert die Wacker Chemie AG schon seit vielen Jahren Silizium. Wie Tobias Brandis, Präsident von Wacker Polysilizium, gegenüber den Solarthemen erklärte sei eine Kapazitätserweiterung in Deutschland grundsätzlich machbar, doch im Bereich von Solar-Silizium sei dies derzeit nicht wirtschaftlich. Wacker produziert polykristallines Silizium an seinen deutschen Standorten in Burghausen und in Nünchritz und an seinem Standort Charleston im US-Bundesstaat Tennessee. Die Gesamtkapazität beträgt laut Unternehmen insgesamt rund 80.000 Jahrestonnen Polysilicium, davon 60.000 Jahrestonnen in Deutschland. Das Unternehmen macht keine Angaben dazu, wie viel davon in die Solar- und die Halbleiterindustrie fließen. Es ist anzunehmen, dass es vor allem für die Chipproduktion verwendet wird.

Die Grundstoffproduktion ist allerdings auch eine wichtige Basis für ein Wiedererstarken der europäischen Photovoltaikindustrie.

Produktion bei hohen Temperaturen

Das Halbleiterelement Silizium wird bei hohen Temperaturen von rund 2.000 Grad Celsius aus Quarz in einem Gemisch zusammen mit Kohle, Holzkohle und Holzhackschnitzeln in riesigen Öfen erschmolzen. Der Quarz muss dabei möglichst rein und ausreichend grob sein. Quarzsand ist dagegen viel zu fein und zur Siliziumproduktion nicht geeignet. Das auf dem oben genannten Weg gewonnene Rohsilizium besitzt eine Reinheit von mindestens 98 Prozent, meist jedoch 99 Prozent. Es kann in dieser Form bereits in zwei seiner wichtigsten Einsatzgebiete verwendet werden. Das sind die Herstellung von Silikonen – ein weltweit stark wachsender Absatzmarkt – sowie die Produktion von Aluminiumlegierungen. Am stärksten wachsen derzeit jedoch die Märkte für Halbleiter-Silizium und insbesondere für Solar-Silizium, die beide Polysilizium als Ausgangsrohstoff benötigen. Polysilizium ist ein auf chemischem Wege hoch aufgereinigtes Silizium mit Reinheiten von bis zu 99,9999999999 Prozent.

Silizium als Basis für die Photovoltaik

 Solar-Silizium steht am Anfang der weiteren Wertschöpfungskette in der Photovoltaikindustrie, die über die Herstellung von Siliziumbarren (Ingots) über Siliziumwafer zu Solarzellen und letztlich zu Solarmodulen führt. Rund 97 Prozent aller Barren und Wafer, 78 Prozent der Solarzellen und 82 Prozent der Solarmodule weltweit werden derzeit laut der Studie in China gefertigt. Bei den benötigten Ausgangsrohstoffen Polysilizium bzw. Silizium liegen die chinesischen Marktanteile demnach bei 83 bzw. 75 Prozent.
 
Zu den Hauptregionen der Silizium- und Polysiliziumherstellung in China gehört die Provinz Xinjiang. Die Siliziumindustrie in der Region steht im Verdacht, von staatlich geförderter Zwangsarbeit und anderen Menschenrechtsverletzungen zu profitieren. Die betreffen insbesondere uigurische und andere muslimische Minderheiten. „Die Kritik daran und die damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Reaktionen konzentrieren sich allerdings auf die Photovoltaikindustrie. Dass die Hauptmenge des Siliziums weltweit in anderen Bereichen Verwendung findet, wird dabei komplett übersehen“, so Evelyn Schnauder, Mitautorin der Studie.

Die DERA ist Teil der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Diese ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Ihre Aufgabe ist es unter anderem zu analysieren, wie die Versorgung Deutschlands mit Rohstoffen zu sichern ist. Die BGR ist die zentrale geowissenschaftliche Beratungseinrichtung der Bundesregierung

21.11.2023 | Autor: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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