Mehr private Finanzierung: Strategiepapier „Kapital für die Energiewende“
Für den Umbau des Energiesystems werden allein bis 2030 rund 600 Milliarden Euro notwendig sein, bis 2045 wird der Bedarf sogar auf mindestens eine Billion Euro anwachsen, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung der Verbände. Dabei gehe es neben der Investition in Erneuerbare-Energien-Anlagen auch um Netze und den Hochlauf einer Wasserstoff-Wirtschaft. Der Großteil dieser Summe werde von der Energiewirtschaft aufgebracht. „Deutschlands Stadtwerke müssten ihr jährliches Investitionsvolumen in die Energiewende um das Vier- bis Fünffache steigern, erklärt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU). Das sei eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten. „Der plötzliche Wegfall von 60 Milliarden Euro aus dem Kima- und Transformationsfonds durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht den Handlungsbedarf noch dringlicher: Wir können uns bei der Finanzierung der Energiewende nicht auf öffentliche Mittel verlassen. Mehr denn je gilt es, privates Kapital für die Energiewendeprojekte zu gewinnen“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Da der Klima- und Transformationsfonds nicht mehr zur Verfügung steht, sind zurzeit eine Reihe von Förderprogrammen ausgesetzt.
BDEW und VKU haben gemeinsam mit der Unternehmensberatung Deloitte das Strategiepapier „Kapital für die Energiewende“ erarbeitet. Die Deutsche Kreditwirtschaft – der Dachverband der Kreditwirtschaftsverbände – unterstützt das Papier. Es enthalte konkrete Empfehlungen, die zu einer gesicherten Finanzierung der Energiewende beitragen und Investitionshemmnisse beseitigen könnten, heißt es in der Pressemitteilung.
Staat soll private Finanzierung für Energiewende erleichtern und absichern
In Zukunft müsse mehr privates Kapital für die Energiewende mobilisiert werden. Die Finanzierung müsse sich noch stärker auf möglichst viele Schultern verteilen. Eine der wichtigsten Aufgaben der Energiepolitik sei es daher, einen effizienten Investitionsrahmen zu schaffen, der wirtschaftlich attraktive Energiewende-Projekte ermögliche. Entscheidend seien die richtige Balance und ein Mix aus verschiedenen Instrumenten, die zusammenwirken und sich verstärken. Als konkrete Handlungsfelder nennen die Verbände:
- Gezielte Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung der Unternehmen, die Energiewendeprojekte stemmen und umsetzen. Dazu klare und signifikante steuerliche Investitionsanreize zur Stärkung der „Innenfinanzierungskraft“. Konkrete Möglichkeiten hierzu sind bereits benannt (beispielsweise „Superabschreibungen“ oder steuerbegünstigte Kapitalerträge aus Anleihen zur Finanzierung der Energiewende).
- Anpassung des regulatorischen Rahmens, mit dem Ziel die Finanzierung deutlich zu erleichtern. Für alle Energiewende-Investitionen sollten die Eigenkapitalvorgaben für Infrastrukturprojekte erleichtert werden. Ein weiterer pragmatischer Lösungsansatz sei es dabei, bereits etablierte (Taxonomie-) Kennziffern auch auf noch nicht erfasste Unternehmen auszuweiten und anzuwenden.
- Mit Nachdruck Energiewende-Fonds auflegen, um staatliche Beteiligungsinvestitionen kombiniert mit Geldern aus der Privatwirtschaft oder von privaten Investoren zu ermöglichen und zu fördern.
- Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Energiewendeprojekten gezielt fördern und diese für ein Engagement vor Ort zu gewinnen, etwa über Energiegemeinschaften.
- Konsequenter Bürokratieabbau etwa durch Übernahme standardisierter Nachhaltigkeits-Definitionen und –Kriterien (ESG) starten.
- Einfacheren Zugang zu Fördergeldern und stärkeres Engagement der Förderbanken ermöglichen.
Kreditfinanzierte Energiewende-Investitionen durch Garantien von Bund und Ländern bestmöglich absichern. - Gleichzeitig brauche es für ein gutes Investitionsklima die breite Unterstützung und Beteiligung von Politik und Gesellschaft. Das würde die Akzeptanz der Energiewende stärken und das Tempo beschleunigen.
DK: Vorschriften für Kapitalpuffer bei Kreditvergabe lockern
Hans-Jürgen Walter, Partner Financial Services, Global Leader Sustainable Finance bei Deloitte, empfiehlt öffentliche und private Mischfinanzierungen und Garantiemechanismen. Sie seien ein Mittel, um das Verhältnis von Risiko und Rendite bei Energiewende-Projekten zu verbessern. So würden diese auf dem Kapitalmarkt interessanter und es ließe sich mehr privates Geld dafür einwerben. Marija Kolak, die als Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken in diesem Jahr die Federführung der DK innehat, verweist auf gesetzliche Vorschriften für die Kreditvergabe. Wenn das Gesetz hohe Kapitalpuffer fordere, könnten Banken und Sparkassen weniger Kredite vergeben. Liebing vom VKU betont: „Energiewendeprojekte wie der Fernwärmeausbau sind Infrastrukturprojekte: Bevor überhaupt der erste Bagger bestellt ist und gebaggert wird, muss die Finanzierung stehen.“
29.11.2023 | Quelle: BDEW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH