Riesen-Luftschiffe im Anflug
Geht es nach Sylvain Allano, sollen die Flying Whales schon bald käuflich sein. Allano ist „Chief Scientific Officer“, also Chefentwickler des in Frankreich angesiedelten, 2012 gegründeten Luftschiff-Unternehmens Flying Whales. Mit Hilfe einer ganzen Reihe namhafter Investoren und Technik-Partner hat es ein Riesenluftschiff konstruiert, das zumindest schon durch das Internet fliegt. „60 Tonnen Nutzlast, fast ohne Umweltbelastung“ werde der Fliegende, 200 Meter lange Wal transportieren können, verspricht Allano. Damit könnten diese Luftschiffe Transportprobleme lösen, die auf der Straße kaum mehr zu bewältigen sind: zum Beispiel, riesige Windflügel auf Baustellen in Wald und Flur zu bringen.
Flying Whales mit Brennstoffzellen-Antrieb
Ab etwa 2026 soll der erste Wal bis in 3000 Meter Höhe durch die Lüfte fliegen, angetrieben von Wasserstoff (H2) und Brennstoffzellen, oder per Elektroantrieb mit Batteriespeichern. Eine einzige Energiefüllung soll für zehn Betriebsstunden ausreichen.
Dass das klappt mit der Produktion der fliegenden Wale, da ist sich die Firma schon deshalb sicher, weil – wie es heißt – bis zu 500 Millionen Entwicklungsgeld dafür bereit steht. Kosten solle ein solches Luftgefährt dann etwa 25 Millionen Euro, ist zu hören. Laut Sylvain Allano habe es schon 800 recht konkrete Anfragen gegeben. „Die Technik ist vorhanden. Offen ist vor allem noch: Wie soll betankt werden?“ Auf jeden Fall sollen die Luftschiffe nicht in Hallen, sondern draußen stationiert werden. Denn anders als der plastisch-elastisch geplante Cargo Lifter ist die Kunststoff-Hülle der Wale auf einem Skelett mit starrem Material aufgebaut, die auch Regen oder Sturm aushält.
Luftschiff-Entwicklungen weltweit
Und die Franzosen sind nicht die Einzigen, die derzeit große, starre Luftschiffe entwickeln. So hat beispielsweise LTA Research aus den USA im Mai 2023 sein 120-Meter-Luftschiff namens „Pathfinder 1“ für Tests in die Luft gelassen – zuerst in einer riesigen Halle, seit Anfang November auch im Freien. Das Kürzel LTA steht übrigens für „Lighter Than Air“.
„Die sind aber sehr vorsichtig mit dem Testflug“, sagt Christoph Pflaum, Professor für Computational Engineering an der FAU Erlangen-Nürnberg und einer der Haupt-Organisatoren der „International Conference on Electric Airships“ im Oktober am Nürnberger Energie-Campus. LTA war dort nicht vertreten, weil sie kurz vor dem Freiluftstart waren. Für Pflaum steht fest: „Die sind am Weitesten.“
180-Meter-Luftschiff für 60 Tonnen Last
Wobei das 120-Meter-Vehikel mit der Nummer 1 bei LTA nur der Zwischenschritt zum eigentlich geplanten 180-Meter-Fluggerät mit erwarteten 60 Tonnen Lastfähigkeit und Elektroantrieb sein soll. Doch schon das kleinere solle vor allem Hilfstransporte in Katastrophengebiete ermöglichen, heißt es von LTA.
Am 5. November, so das Unternehmen, habe Pathfinder 1 seinen Hangar im NASA-Gelände Moffett Field verlassen, um die nächste Phase der Flugtests im Freien zu beginnen. Und es gibt Bilder, die das Luftschiff im Tiefflug zeigen. „In den kommenden Wochen und Monaten wird das Team von LTA Research das Test-Luftschiff Pathfinder 1 strengen Tests unterziehen, um Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten“, heißt es weiter. LTA spricht von einem „bedeutsamen Meilenstein“.
Pathfinder 1, 120 m lang und 20 m dick, kann zwischen 2000 und 5000 Kilogramm Nutzlast transportieren, neben der Besatzung, dem Wasserballast und dem Treibstoff. Der besteht momentan noch aus Diesel, die über Motoren und Generatoren Strom für die Elektroantriebe produzieren. Aber bald schon sollen bei den Tests Solarmodule genutzt und der Einsatz von Wasserstoff-Brennstoffzellen zum Betrieb des elektrischen Antriebssystems erprobt werden. Die Reisegeschwindigkeit von etwa 120 Stundenkilometern liegt zwischen Transportflugzeugen und Lkw.
Nach dem Testende will LTA augenscheinlich sehr schnell in den Bau von Pathfinder 3 gehen – eben jenes mit dem Flying Whale in der Größe vergleichbare Luftschiff mit etwa 200 Metern Länge.
29.11.2023 | Autor: Heinz Wraneschitz
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