Dena-Studie: Peer-to-Peer Stromhandel kann Vorteile bringen
Wer bisher als Privatperson oder kleines Unternehmen Solar- oder Windstrom vermarktet, ist auf einen Dienstleister angewiesen. Eine neue Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) hat nun untersucht, wie ein Markt aussehen könnte, wenn Endverbraucher tatsächlich direkt miteinander ihren Strom handeln würden. „Peer to Peer“, kurz P2P heißt dieser Handel unter Gleichen. Die Dena-Studie geht davon aus, dass dieser bis 2030 erhebliche Vortele für Verbraucher, Umwelt und Wirtschaft schaffen kann. Erstellt haben die Studie mit dem Titel „Das dezentralisierte Energiesystem im Jahr 2030“ das Future Energy Lab der dena, das Fraunhofer FIT und GridSingularity. Sie untersuchen einen systemischen Bottom-up-Ansatz zur Marktintegration dezentraler Verbrauchs- und Erzeugungseinheiten, insbesondere durch die Einführung von Peer-to-Peer-Stromhandelsplätzen.
Peer-to-Peer-Stromhandel im Vergleich mit variablen Stromtarifen
Für die Studie hat das Team einen agentenbasierten P2P-Strommarkt im Modell simuliert. Er besteht aus 967 Agenten, die untereinander Strom handeln. Die Agenten repräsentieren unterschiedliche Energieanlagen wie Photovoltaik, Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen, Batteriespeicher, Haushalts- und Industrielasten sowie Windkraftanlagen im deutschen Strommarkt im Jahr 2030. Die regionale Verteilung der Agenten basiert auf den Plänen und Prognosen der Bundesregierung für das Jahr 2030. Das Autorenteam untersuchte sechs Szenarien. Neben dem P2P-Stromhandel waren auch ganz andere Modelle darunter, wie zeitlich variierende Strompreise und Netzentgelte. Den P2P-Stromhandel unterteilten sie zudem in lokale, regionale und nationale Marktebenen.
Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft
Laut der Studie kann der P2P-Stromhandel die Stromkosten für die Endkunden deutlich senken – und zwar um vier Prozent in einem lokalen Markt und bis zu 20 Prozent in einem nationalen Markt. Die Preisvorteile würden helfen, Stromerzeugung und-verbrauch auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene besser in Deckung zu bringen. Die Studie zeigt zudem, dass die Kosten mit der Ausweitung des P2P-Stromhandels sinken. „“Die Studie zeigt das große Potenzial der Einführung von P2P-Stromhandelsmärkten und deren Auswirkungen.“, sagt Philipp Richard, Leiter Digitale Technologien und Start-up-Ökosysteme bei der dena.
Die Ergebnisse sollten verstärkt in Diskussionen über das künftige Strommarktdesign einfließen, so Richard. Das Autorenteam spricht verschiedene Empfehlungen an die Politik aus. Dazu gehören die Umsetzung der EU-Direktive zur Regulierung von Energiegemeinschaften, die Förderung von Pilot- und Demonstrationsprojekten zum P2P-Stromhandel sowie die beschleunigte Einführung intelligenter Messsysteme und digitaler Technologien. Mit Energiegemeinschaften (Energy Communities) tut man sich in Deutschland bisher schwer und hat das Thema auf das Solarpaket II vertagt.
Zugleich müssten verschiedene Themen noch tiefer untersucht werden. Dazu gehören neben dem flexiblen Verbrauch und den Energiespeichern auch die Liquidität der Märkte, Netzengpässe und das Increase-Decrease-Gaming (Inc-Dec-Gaming). Inc-Dec-Gaming ist laut der Münchener Forschungstelle für Energiewirtschaft (FfE) eine Art von Spekulation. Dabei erwarten Anbieter von Flexibilitäten einen Preis auf dem Flexibilitätsmarkt, der günstiger ist als der Preis auf dem Spotmarkt und passen ihre Gebote auf dem Spotmarkt entsprechend an. Mögliche Folgen könnten eine Zunahme von Netzengpässen, steigende Kosten des Netzbetreibers für die Flexibilitätsbeschaffung und unerwünschte Investitionsanreize sein.
30.11.2023 | Quelle: dena | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH