Einigung auf neue EU-Gebäuderichtlinie EPBD

Europaflaggen Fahnen vor dem Kommissionsgebäude in BrüsselFoto: Guido Bröer
Die überarbeitete EU-Gebäuderichtlinie kommt. In der vergangenen Nacht haben sich im sogenannten Trilog-Verfahren Vertreter:innen des europäischen Parlaments mit den Mitgliedsländern und der EU-Kommission auf umstrittene Punkte der Energy Performance of Buildings Directive – EPBD geeinigt. Wie sich bereits im Vorfeld andeutete, entfällt die in den Richtlinien-Entwürfen vorgesehene umstrittene Sanierungspflicht für Wohngebäude mit besonders schlechtem Energiestandard. Sie bleibt nur noch für Nichtwohngebäude erhalten. Die Einigung enthält einige weitere interessante Details:

In der vorherigen Debatte um die Novelle der EPBD hatten sich die Gemüter vor allem an einer Sache erhitzt: Die am schlechtesten gedämmten 15 Prozent aller Gebäude eines Landes hätten bis 2030 nach den Richtlinienentwürfen auf einen energetischen Mindeststandard verbessert werden müssen. Bereits bei der vorigen Runde der Trilog-Verhandlungen im Oktober hatte sich allerdings angedeutet, dass es diese Bestimmung für die sogenannten „Worst Performing Buildings” nicht in die Endfassung der Richtlinie schaffen würde. Auch die deutsche Bundesregierung war nach den Erlebnissen mit dem eigenen Heizungsgesetz am Ende umgeschwenkt und hatte sich gegen die „Zwangssanierung” von Gebäuden stark gemacht. Stattdessen haben sich Rat und Parlament nun im Trilog auf eine Regelung verständigt, die den Mitgliedsländern vielfältige Freiheiten lässt, wie sie die neuen Vorgaben erfüllen.

Primärenergieverbrauch muss um 16 % sinken

Diese sehen nun vor, dass der durchschnittliche Primärenergieverbrauch von Wohngebäuden bis 2030 um 16 Prozent zu senken ist. In einem zweiten Schritt bis 2035 müssen es 20 bis 22 Prozent sein. Das Problem der Worst Performing Buildings will man nun mithilfe einer Quote angehen. Die Länder müssen jeweils mindestens 55 Prozent der Senkung des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs durch die Renovierung von Gebäuden mit der schlechtesten Energieeffizienz erzielen. Wie diese Vorgaben in der bislang nicht vorliegenden Endfassung des Richtlinientextes ausformuliert sein werden, darauf darf man gespannt sein. Denn erst in den kommenden Wochen werden die gestrigen Verabredungen der Verhandlungsführerinnen in eine juristisch korrekte Gesetzesform gebracht. Dieser müssen dann das europäische Parlament und der Rat der Mitgliedsregierungen jeweils noch zustimmen. Letzteres gilt allerdings seit gestern Abend als Formsache.

Mindeststandards für Nichtwohngebäude

Gehalten haben sich die Mindeststandards für Nichtwohngebäude. In diesem Bereich sollen die 16 Prozent schlechtesten bis 2030 energetisch zu sanieren sein. Bis 2033 sollen dann weitere 10 Prozent hinzukommen. Ausnehmen können die Mitgliedsstaaten von allen diesen Vorgaben bestimmte Gebäudekategorien wie etwa Denkmäler oder Ferienwohnungen.

Aus deutscher Sicht bemerkenswert sind einige weitere Teile des Trilog-Kompromisses. So wird die Bundesregierung ihr erst kürzlich novelliertes Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz”) GEG beispielsweise hinsichtlich der Ausstiegsfristen für fossile Kessel überprüfen müssen. Denn während die Bundesregierung die Deadline für die letzten CO2-Schleudern auf 2045 gesetzt hat, soll die Nutzung mit fossilen Brennstoffen betriebener Heizkessel europaweit bereits bis 2040 vollständig eingestellt werden.

Im Unterschied zu Deutschland müssen nun einige andere europäische Länder bis spätestens Ende 2024 eine Hausaufgabe machen, die zum Beispiel in Dänemark und Deutschland bereits erledigt ist: Die Förderung rein fossiler Kessel ist zum 1.1.2025 nirgends mehr zulässig.

Solarpflicht ab 2027

Dafür landet nun ein im Koalitionsvertrag adressiertes, aber zuletzt in der Ampel nicht mehr konsensfähiges Thema auf dem Umweg über Brüssel wieder beim deutschen Gesetzgeber: die Solarpflicht. Zum Einen sind alle neuen Gebäude so zu konstruieren, dass sie sich für die Installation von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen eignen. Zum zweiten sind ab 2027 auf Nichtwohngebäuden und auf öffentlichen Gebäuden „schrittweise” Solaranlagen zu installieren, „sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktionell machbar ist“. Somit wird spätestens die nächste Bundesregierung die Solarpflicht für neue Nichtwohngebäude umsetzen müssen, falls sich die regierende Ampel nicht doch noch vorher auf diesen Punkt ihres Koalitionsvertrags besinnt. Bereits jetzt gibt es deutlich weitergehende Photovoltaikpflichten in einigen Bundesländern. Europa bleibt auch bei der Solarpflicht übrigens seiner Linie treu, stets beide Solartechnologien, Photovoltaik und Solarthermie, zu adressieren.

Nullemissionsgebäude werden Standard im Neubau

Sprach die bislang geltende Gebäuderichtlinie aus dem Jahr 2018 lediglich von „Nearly Zero-Energy Buildings” so soll nach der neuen Version das „Zero-Emission building” zum neuen Standard werden. Alle neuen Gebäude müssen ihn ab dem 1. Januar 2030 einhalten. Bereits zwei Jahre früher nimmt die EU auch hier die öffentlichen Bauherren in der Pflicht. Zero Emission bedeutet konkret, dass die Gebäude keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr aufweisen dürfen.

Aber die EPBD belässt es nicht dabei, die Ziele und Messlatten für die Mitgliedsländer im Gebäudebereich neu zu justieren. Es werden auch Instrumente aufgezeigt, um die Ziele zu erreichen. So muss jedes Land einen nationalen Gebäuderenovierungsplan erarbeiten. Es soll darin auch erklären, wie es solche Hindernisse wie Fachkräftemangel und Finanzierungsprobleme aus dem Weg räumen will. Alle Länder sollen Gebäuderenovierungspässe im Stile der deutschen individuellen Sanierungsfahrpläne (iSFP) einführen. Und nicht zuletzt soll es künftig auch überall zentrale Anlaufstellen für Gebäudeeigentümer und alle im Renovierungsgeschäft tätigen Player geben.

Echo auf den Trilog-Kompromiss zur EPBD

Das Echo auf das Trilog-Ergebnis fällt sehr unterschiedlich aus. Umweltverbände und einige grüne Abgeordnete des europäischen Parlaments kritisieren vor allem die Streichung der Sanierungspflicht. Derweil kommt von der konservativen Seite, aber auch aus der Branche, überwiegend Zustimmung zu dem Kompromiss.

Der bau- und wohnungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, nennt das Trilog-Egebnis einen „vernünftigen Kompromiss“. Als Oppositionspolitiker erinnert er mit Blick auf die gescheiterten Mindeststandards daran, „dass die Ampel eine erzwungene 180-Grad-Wendung auch bei der Gebäuderichtlinie machen musste.“

Der europäische Solarthermieverband Solar Heat Europe begrüßt vor allem Artikel 9a der novellierten Richtlinie. Er soll die Solardächer durch die „Solar-ready”-Vorgabe anschieben.

Für den Versorgerverband BDEW betont deren Hauptgeschäftsführerin, Kerstin Andreae, es sei richtig, „dass die EPBD zukünftig erstmals direkte energetische Anforderungen an den Gebäudebestand stellen soll.” Entscheidend sei dabei unter anderem, dass das europäische Zielbild der „Nullemissiongebäude“ auf nationaler Ebene klar definiert werde.

Die Neufassung der Richtlinie ist einer der zentralen Punkte des von der EU-Kommission ausgerufenen European Green Deal. Der Entwurf der Kommission stammt aus dem Dezember 2021. Er wurde unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mit dem REpowerEU-Plan im Mai 2022 um Vorschläge aus der europäischen Solarstrategie ergänzt. Die EPBD tritt in Kraft, sobald der Rat der Mitgliedländer und das Europäische Parlament dem Trilog-Ergebnis formal zugestimmt haben und die Richtlinie im Amtsblatt der EU veröffentlicht sein wird.

8.12.2023 (aktualisiert 9.12.2023) | Autor: Guido Bröer
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