Steckersolargeräte: Die Norm lässt weiter auf sich warten

Zwei PV-Module, die schräg an der Außenseite einer Balkonbrüstung montiert sind.Foto: Robert Poorten / stock.adobe.com
Balkonkraftwerk an einem Mehrfamilienhaus in Düsseldorf mit schräg gestellten Glas-Folien-Modulen: Wer haftet bei einem Sturmschaden für diese Konstruktion?
Mit der Produktnorm für Steckersolargeräte sollte es klare Regeln für kleine PV-Anlagen geben. Die erfreuen sich schon großer Beliebtheit. Doch es ließen sich trotz ausführlicher Diskussionen nicht alle Einsprüche ausräumen. Daher gibt es nun eine weitere Runde - mit einem neuen Einspruchsverfahren.

Darf man Strom aus einem PV-Modul in eine Schuko-Steckdose einspeisen? Und wenn ja, mit welcher Leistung? Diese Fragen bewegen die Gemüter seit Jahren – und werden es auch 2024 weiter tun. Dabei sollte die Produkt-Norm für Steckersolargeräte eigentlich ein für allemal Klärung bringen. Seit August 2020 hatte das 35köpfige Normungsgremium diskutiert. Die Fachleute kamen unter anderem aus der Steckersolar-Branche, dem Verbraucherschutz, der Forschung und von Prüfeinrichtungen.

Anfangs konträre Positionen näherten sich im Laufe intensiver Gespräche an, und im November 2022 legte die Gruppe einen Norm-Entwurf für Steckersolargeräte vor. So richtig schlau wurde man aus dem aber nicht, wie der Solarserver berichtete – vor allem in der Steckerfrage wurde beim Lesen nicht so recht klar, wie Norm und Anhang zusammenpassen sollten.

Viele Änderungen, weiterhin inhaltliche Streitpunkte

Eine intensive öffentliche Diskussion begleitete die Normungsarbeit. Auf den Entwurf hin gingen rund 750 Einsprüche ein, die das Gremium prüfte und je nach Ergebnis einpflegte oder ablehnte. Selbst in der Steckerfrage schien zuletzt eine Einigung greifbar. Mit zusätzlichen elektrischen oder mechanischen Schutzvorrichtungen auf der Geräteseite sollte es möglich werden, die gängigen Schukosteckdosen normativ korrekt und sicher zu nutzen.

Bei der Einspruchsberatung, die am 13. Dezember stattfand, hätten die letzten Differenzen ausgeräumt werden sollen – so zumindest ist bei den meisten Normen der Gang der Dinge. Einige Themen ließen sich tatsächlich zügig abräumen. Doch sowohl bei der Leistungsgrenze als auch beim Netzanschluss „konnte noch kein abschließender Konsens gefunden werden“, wie es die für den Normungsprozess zuständige Deutsche Kommission für Elektrotechnik (DKE) auf ihrer Webseite formuliert. Anders ausgedrückt: Einsprechende machten deutlich, dass sie an ihren Positionen festhalten wollen. Es bedürfe „weiterer Gespräche, um den Anfoderungen an die Sicherheit gerecht zu werden“, heißt es auf der Webseite.

Hinzu kam, dass sich der Diskussionsstand angesichts der vielen seit dem Entwurf erfolgten Änderungen nur noch schwer nachvollziehen ließ. Der Normenentwurf ist nach Einarbeitung der Einwände stark verändert. Auch verwandte Regeln, auf die sich die Norm bezog, haben sich weiterentwickelt. So sind die Steckersolargeräte zum Beispiel nun doch kein Bauprodukt, was für die erlaubte Art der Montage relevant ist. Und schließlich verändert das Solarpaket I noch den gesetzlichen Rahmen.

Daher entschloss sich das Normungsgremium, Anfang 2024 einen überarbeiteten Entwurf vorzulegen, indem jeder nachvollziehen kann, welche Änderungen es gab.

Kommt die Steckersolargeräte-Norm noch 2024?

Das bedeutet, auch das Einspruchsverfahren startet neu. Da man mit dem bisherigen Konsens anfängt, besteht die Chance, dass es diesmal schneller geht. Auch der Druck aus den Institutionen ist gestiegen. So hat der VDE sich in einem Positionspapier bereits dafür ausgesprochen, den Anschluss über die Schuko-Steckdosen zu „tolerieren“, auch wenn der Verband mittlerweile deutlich macht, dass damit nicht gemeint sei, dass er den bisherigen Schuko-Stecker für unproblematisch hält.

„Die Chancen stehen somit gut, dass die weltweit erste Produktnorm für Balkonkraftwerke im Jahr 2024 als Vornorm veröffentlicht werden kann“, formuliert die DKE. Damit das gelingt, sollten sich Normungsgremium und Einsprechende möglichst bald einig werden, damit sich nicht noch ein aufwändiges Schlichtungsverfahren anschließt.

Aufschub der Norm für „mehr Sicherheit“

Inwiefern der Einspruch gegen einen über Jahre von einer 35köpfigen Expertenkommission ausverhandelten Kompromiss für mehr Sicherheit sorgen soll, wird allerdings nicht so recht klar. Da eine Norm kein Gesetz ist, ist nämlich niemand per se gezwungen, sich an sie zu halten. Für Einfamilienhausbesitzer spielt sie im Alltag kaum eine Rolle. Sie können auch ungenormte Geräte einfach einstöpseln. Nur wenn ein Schaden auftreten sollte, ist das Risiko hoch, dass die Versicherung sich mit dem Hinweis auf Fahrlässigkeit aus der Affäre zieht.

Das hält bisher allerdings kaum jemanden davon ab, sich ein Steckersolargerät zuzulegen. Discounter und Onlineshops verkaufen, was immer gefragt ist. Verbraucher kombinieren nach Herzenslust Wechselrichter, Batterien, Module und Montagesysteme – meist ohne zu wissen, dass sie sich damit selbst in die Haftung für ihre Eigenkreationen bringen. So kommt es, dass zweifelhafte Produkte am Markt existieren, die mangels Norm und Zertifizierung nicht von sicheren Steckersolargeräten zu unterscheiden sind.

Wer in einer Mietwohnung wohnt und daher auf eine Genehmigung angewiesen ist, hat es allerdings schwerer. Ohne Norm müsste man im Zweifel einen Gutachter bestellen, um die Sicherheit eines Steckersolargeräts zu belegen. Das führt die Idee der einfachen Solarenergienutzung ad absurdum. Ohne Norm wird die einfache Nutzung der Solarenergie für alle und jeden also nicht möglich werden.

Der sicheren Nutzung von Steckersolargeräten liegen also weiterhin mindestens zwei Steine im Weg.

Eva Augsten | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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