Hohe Verluste: Meyer Burger will deutsche Modulproduktion schließen

Blick in die Fabrikhalle der Modulproduktion von Meyer Burger in Freiberg.Foto: Meyer Burger
Gerade erst eröffnet, bald schon wieder dicht? Die Solarmodulproduktion von Meyer Burger in Freiberg.
Fehlende Wettbewerbsfähigkeit sorgte bei Meyer Burger 2023 für Millionenverluste. Das Unternehmen will deshalb die Solarmodulproduktion in Deutschland schließen, sofern die Politik keine Unterstützung wie den Resilienzbonus anbietet. Die Solarzellenproduktion soll vorerst bleiben und den Aufbau der US-Produktion unterstützen.

Solarproduzent Meyer Burger erwägt eine Beendigung der Modulproduktion in Deutschland. Wie das Unternehmen mitteilte, will es sich stattdessen auf die integrierte Produktion in den USA konzentrieren. Hintergrund ist die fehlende Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Standorte. Sie hat dem Schweizer Photovoltaikunternehmen 2023 hohe Verluste eingebrockt. Für die Schließungsentscheidung ist wesentlich, ob die Bundesregierung den erwogenen Resilienzbonus in das Solarpaket 1 integriert. Bisher hat es zwar auf Seiten der EU und der Bundesregierung vielfach verbale Untrerstützung gegeben. Doch bisher sind den Worten keine Taten gefolgt. Die Solarthemen beschreiben in ihrer aktuellen Ausgabe 571 den Stand der Dinge in Sachen Resilienzbonus.

Angesichts des sich verschlechternden europäischen Marktumfelds sei die Fortsetzung der europäischen Solarproduktion in vollem Umfang vorerst nicht weiter tragbar. Parallel dazu erwägt Meyer Burger strategische Partnerschaften, um die Vermarktung ihrer hochmodernen Technologie zu beschleunigen. Derartige Partnerschaften würde ein schnelleres Wachstum mit geringerem Kapitalbedarf ermöglichen und gleichzeitig die lokalen Lieferketten in den USA stärken.

Zur Eindämmung der Verluste hat das Unternehmen nun einen Plan vorgelegt. Ein Teil des Plans wäre die Schliessung des Werkes in Freiberg bereits Anfang April 2024. Dabei ist die Fertigung erst wenige Jahre alt. Dabei handelt es sich um die grösste in Betrieb befindliche Solarmodulproduktion Europas. Hiervon wären rund 500 Beschäftigte betroffen. Eine endgültige Entscheidung soll bis zur zweiten Februarhälfte 2024 fallen. Diese stehe unter dem Vorbehalt, dass keine ausreichenden Massnahmen zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in Europa, etwa durch Resilienzmassnahmen, ergriffen werden.

Solarzellenproduktion in Thalheim soll vorerst bleiben

Die Solarzellproduktion in Thalheim (Bitterfeld-Wolfen), Deutschland, würde weiterhin den Produktionshochlauf der US-Solarmodulproduktion in Goodyear, USA, unterstützen. Der Maschinenbau und die F&E-Standorte in der Schweiz und in Deutschland wären von diesen Massnahmen nicht betroffen und würden mit ihren technologischen Entwicklungen weiterhin zum Geschäft ausserhalb Europas beitragen.

Meyer Burger plant, Gespräche mit allen betroffenen Beschäftigten und weiteren Beteiligten zu führen. Im Falle einer Schliessung würden unverzichtbare Mitarbeitende aus den Bereichen Ingenieurwesen, Technologie, Lieferkettenmanagement und bestimmten anderen kritischen Funktionen am Produktionsstandort in Freiberg die Möglichkeit erhalten, ihre Verträge auf andere Meyer-Burger-Gesellschaften zu übertragen.

„In den USA können wir – bedingt durch die dortige Industriepolitik – unsere führende Technologieposition voll ausnutzen, was zu einem erheblichen Interesse von potenziellen Partnern führt. Angesichts eines Auftragsbestandes von 5,4 Gigawatt im Rahmen von Abnahmevereinbarungen und der Möglichkeit, ein EBITDA von rund CHF 250 Mio. im Jahr 2026 zu erzielen, sind wir in der Lage, ein profitables Geschäft aufzubauen und unseren Aktionären somit einen positiven Ausblick zu geben. Der Ausbau des US-Geschäfts schreitet derzeit wie geplant voran und die Inbetriebnahme unserer Modulproduktion in Goodyear wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 anlaufen“, sagte Gunter Erfurt, CEO von Meyer Burger.

EBITDA-Verlust mindestens 126 Millionen Franken

Meyer Burger rechnet derzeit damit, das Geschäftsjahr 2023 mit einem EBITDA-Verlust von mindestens 126 Millionen Schweizer Franken (CHF) abzuschliessen (vorläufige ungeprüfte Geschäftszahl). Das EBITDA steht für das Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern. Die Menge der produzierten Solarmodule ist trotz rückläufigen Verkaufs auf 650 Megawatt angestiegen, der Modul-Lagerbestand hat sich deutlich auf rund 360 Megawatt erhöht.

Das EBITDA wurde durch die Unterauslastung der Produktionskapazitäten in Deutschland und Wertminderungen auf Produktionsmaterial und Endprodukte sowie durch Kosten für den Betrieb der Produktionsanlagen in Deutschland und den weiteren Ausbau in den USA im Jahr 2023 belastet. Die endgültige EBITDA-Zahl könnte erheblich von der heute bekannt gegebenen Schätzung abweichen, insbesondere, wenn weitere Wertberichtigungen aufgrund von Werksschliessungen notwendig werden.

450 Millionen Franken Finanzmittel nötig

Ein starker Anstieg der chinesischen Produktionsüberkapazitäten sowie von Indien und den USA verhängte Handelsbeschränkungen führten im vergangenen Jahr zu einem erheblichen Überangebot und einer beispiellosen Verzerrung auf dem europäischen Solarmarkt. Das habe die erfolgreiche Umsetzung der Geschäftsstrategie beeinträchtigt. Diese müsse nun in Ermangelung von politischen Massnahmen, die faire Wettbewerbsbedingungen gewährleisten – etwa der Net Zero Industry Act (NZIA) in der EU und nachfolgende nationale Lösungen wie Resilienz-Massnahmen in Deutschland – überprüft werden.

Meyer Burger beendete das Jahr 2023 mit einer Cash-Position von etwa CHF 150 Mio. Auf der Grundlage aktueller Prognosen benötigt Meyer Burger Finanzmittel in Höhe von ca. CHF 450 Mio., bis das Unternehmen einen positiven Cashflow erzielt. Dieser Zeitpunkt wird für 2025 erwartet, vorausgesetzt der Hochlauf der US-Aktivitäten verläuft planmässig. Meyer Burger erwartet, dass die potenziellen Umstrukturierungskosten durch den Verkauf eigener Lagerbestände finanziert werden.

Dem Unternehmen stehen verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung: Meyer Burger befindet sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit dem deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über eine von Euler Hermes gedeckte Exportfinanzierung. Weitere Optionen seien die Monetarisierung künftiger US-Steuergutschriften, ein Advanced Manufacturing Production Credit sowie ein Darlehen des US-Energieministeriums, für das Meyer Burger die erste Prüfphase bereits erfolgreich durchlaufen hat. Das Unternehmen erwägt zudem eine Eigenkapitalfinanzierung, etwa eine Bezugsrechtsemission, Privatplatzierungen oder andere Formen eigenkapitalbasierter Finanzierung.

„USA sind attraktivster Solarmarkt“

Im aktuellen Umfeld bleiben die USA der mit Abstand attraktivste Markt für Solarhersteller. Die dortigen Marktbedingungen lassen die Solarindustrie florieren; sie profitiert von einer stabilen Kostenbasis, festen Abnahmeverträgen und einem hervorragenden Preisniveau. Staatliche Förderprogramme wie der Inflation Reduction Act (IRA) tragen zusätzlich zum bestehenden Marktpotenzial bei.

„Der Schwerpunkt liegt derzeit auf dem Wachstum im hochattraktiven US-Markt, der eine hohe Profitabilität ermöglicht. Gemeinsam mit Partnern könnten wir unsere Position dort erheblich verbessern, ohne eigene grössere Investitionen tätigen zu müssen. Wir würden unsere technologische Führungsposition nutzen und ausbauen, indem wir auf unsere F&E- und Maschinenbau-Standorte in der Schweiz und in Deutschland zurückgreifen. Die Entscheidung zur Schliessung unserer Modulproduktion in Deutschland, die vor weniger als drei Jahren in Betrieb genommen wurde, würden wir gerne vermeiden. Solange der Gesetzgeber trotz seiner Ankündigungen keinen fairen Wettbewerb herstellt, bereiten wir die Umstrukturierung in Deutschland vor“, sagt Gunter Erfurt.

Mit der Unterstützung einer weltweit führenden Investmentbank hat das Unternehmen Gespräche mit ausgewählten potenziellen strategischen Partnern aufgenommen.

Hinweis: der Artikel wurde am 18.1. im ersten Absatz rund um das Thema Resilienzbonus aktualisiert.

Quelle: Meyer Burger | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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