Weicht Hamburg die PV-Pflicht auf?

Flachdach mit PV-Modulen, die ein Handwerker im Begriff ist zu montieren.Foto: franco lucato / stock.adobe.com
Festschrauben oder nicht? Der Senat könnte die PV-Pflicht in Hamburg abschwächen.
In Hamburg sollen sich Wohnungsunternehmen künftig einfacher von der Photovoltaik-Pflicht befreien können. Das geht aus dem Entwurf einer Novelle der Verordnung zur PV-Pflicht hervor. Kernelement ist, dass die Nachweispflicht abgeschafft werden soll. Dazu kommt, dass auch ältere Bestandsgebäude mehr Kosten geltend machen könnten, um die Unwirtschaftlichkeit einer PV-Anlage zu errechnen.

Die Freie und Hansestadt Hamburg will Änderungen an der bestehenden PV-Pflicht vornehmen, nach der es Immobilien- und Wohnungsunternehmen einfacher fallen würde, die Verpflichtung zu umgehen. Das geht aus einem von der Umweltbehörde vorgelegten Entwurf der „Verordnung zur Änderung von Vorschriften zur Umsetzung von Pflichten nach dem Hamburgischen Klimaschutzgesetz“ vom 19. Dezember 2023 hervor, der den Solarthemen vorliegt.

Denn der Entwurf verringert die Nachweispflicht verglichen mit der geltenden Verordnung vom 22. Dezember 2020. Das betrifft Wohnungsunternehmen und Eigentümer gewerblicher Immobilien, die das Gewerbesteuerprivileg genießen und dieses verlieren könnten, wenn sie eine PV-Anlage errichten.

Zum Hintergrund: Die Unternehmen sind von der Gewerbesteuer befreit , wenn sie laut Gewerbesteuergesetz „ausschließlich eigenen Grundbesitz (…) verwalten oder daneben Wohnungsbauten betreuen“. Maximal zehn Prozent ihrer Gesamteinnahmen dürfen aus Nebengeschäften bestehen, zu denen der Betrieb einer PV-Anlage zählt. Sprich: Übersteigen die Einnahmen aus der PV-Anlage, etwa über ein Mieterstromangebot, diese Schwelle, entfällt die Pflicht. Das kann zum Beispiel dann passieren, wenn die Unternehmen neben dem Strom der eigenen PV-Anlage auch noch Fremdstrom zukaufen, um die Vollversorgung der Mieter zu übernehmen.

Nachweispflicht soll entfallen

Bisher konnten sich die Immobilienunternehmen allerdings nicht so einfach von der Pflicht befreien. Denn laut bestehender Fassung „ist ein geeigneter Nachweis zu erbringen, dass kein Dritter bereit ist, auf dem Dach der oder des Verpflichteten eine Photovoltaikanlage zu errichten und zu betreiben.“ Die Idee dahinter: Die Wohnungsunternehmen verpachten beispielsweise die Fläche und machen das Geschäft nicht selbst. So sollte in der Regel die 10-Prozent-Schwelle eingehalten werden können. Dazu müssen sie bislang mindestens die Angebote von drei in der Freien und Hansestadt Hamburg tätigen Anbieterinnen und Anbietern von Photovoltaik-Mieterstromanlagen einholen. Nur wenn die schriftlich absagen, können sich die Unternehmen von der PV-Pflicht befreien.

Ein solcher Nachweis ist in der neuen Verordnung nicht mehr vorgesehen. Jetzt reicht es aus, dass die Unternehmen „bei der Realisierung einer Photovoltaikanlage auf ihrem Gebäude steuerliche Nachteile, insbesondere in Form eines beachtlichen Nebengeschäftes … erfahren würden“. Die Nachweispflicht ist gestrichen.

Das moniert der Anbieter Green Planet Energy (früher Greenpeace Energy), der in Hamburg Mieterstromprojekte realisiert. „Mit dem vorliegenden Entwurf wird Immobilienunternehmen die Möglichkeit eröffnet, sich auf gewerbesteuerliche Nachteile zu berufen und somit wirtschaftliche Nicht-Vertretbarkeit geltend zu machen, ohne prüfen zu müssen, ob Dritte die Umsetzung der Pflicht übernehmen können“, so das Unternehmen in einer Stellungnahme. „Dies wird dazu führen, dass viele Immobilienunternehmen sich unter Berufung auf das Gewerbesteuer-Risiko von der PV-Pflicht befreien lassen und viele Dächer somit ungenutzt bleiben.“

Höhere Kosten für Unwirtschaftlichkeit erlaubt

Das ist noch nicht alles. Auch Bestandsgebäude, die älter sind als 25 Jahre, können laut Entwurf die Pflicht künftig einfacher umgehen. Dabei geht es um die Frage der Wirtschaftlichkeit. Bisher müssen die durch die PV-Anlage verursachten sonstigen Systemkosten mindestens 70 Prozent der Kosten für die PV-Anlage erreichen, damit der Aufwand als unwirtschaftlich gilt und so die PV-Pflicht entfällt. Nach der neuen Verordnung dürfen dafür nun auch „Zusatzkosten für notwendige Änderungen an der Elektroinstallation des Gebäudes“ geltend gemacht werden. Das werde laut Green Planet Energy aber dazu führen, „dass die Wirtschaftlichkeitsrechnung der PV-Anlage in vielen Fällen unrentabel wird“.

Denn oft fielen die Sanierungskosten für die Hauselektronik ohnehin an. Daher gebe es keinen sachlichen Grund, diese zusätzlichen Kosten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung heranzuziehen. Der Mieterstrom-Anbieter empfiehlt deshalb die Formulierung der noch aktuellen Regelung beizubehalten, die ausschließlich „sonstige Systemkomponenten einschließlich von Änderungen der bautechnischen Aufbauten“ als zurechenbare Kosten der PV-Anlage festlegt.

Autor: Oliver Ristau © Solarthemen Media GmbH

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