Notfalls auch Zölle: ESMC fordert Schutzmaßnahmen der EU für Solarindustrie

Container gestapelt, davor EU-Flagge, Symbol für Schutzmaßnahmen für SolarindustrieFoto: studio v-zwoelf / stock.adobe.com
Aus China kommen Solarmodule zu Dumpingpreisen in die EU.
Abwanderung ins außereuropäische Ausland oder Konkurs seien die einzigen Optionen für die europäische Solarindustrie, wenn die Politik nicht sofort eingreife. Das schreibt der European Solar Manufacturing Council (ESMC).

In dem Verband sind knapp 80 europäische Unternehmen organisiert, die nach eigenen Angaben fast die gesamte Wertschöpfungskette der Solarindustrie abdecken. Am 30. Januar forderte der ESMC in einem Schreiben an die Europäische Kommission eine Reihe von Sofortmaßnahmen. Ohne diese werde die EU mehr als 50 Prozent der modernen Produktionskapazitäten für PV-Module verlieren. Sollten die Maßnahmen daher nicht innerhalb der nächsten zwei Monate verabschiedet werden, plädiere der ESMC für „notwendige Handelsschutzmaßnahmen“ – in anderen Worten: Importzölle.

Das unmittelbare Problem sieht der ESMC in einem Überangebot an subventionierten PV-Modulen aus China. Derzeit würden in europäischen Häfen und Lagern PV-Module mit einer Kapazität von 70 bis 85 Gigawatt (GW) lagern. Das Überangebot sei das Ergebnis einer aggressiven Strategie der chinesischen Industrie. Diese habe zu einem Verfall der Modulpreise geführt und zu großen unverkauften Lagerbeständen bei den europäischen PV-Herstellern. „Jetzt ist die Stunde der Wahrheit gekommen, wenn die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten an der strategischen Haltung festhalten, dass die EU nicht vollständig von der Einfuhr von PV-Solarmodulen abhängig werden darf“, sagt Žygimantas Vaičiūnas, Policy Director bei ESMC.

Maßnahmenpaket soll Solarindustrie in der EU schützen und Zölle vermeiden

Der Verband hat ein Maßnahmenpaket formuliert, mit dem sich der Untergang der Solarindustrie noch abwenden lassen soll. Konkret fordert der ESMC:

  • den Aufkauf der in der EU aufgelaufenen Lagerbestände
  • eine Änderung des sogenannten vorläufigen Krisen- und Übergangsrahmens (Temporary Crisis and Transition Framework, TCTF). Das soll die Finanzierung von Projekten mit PV-Modulen aus der EU oder von Betriebsausgaben der EU-Solarmodulhersteller zu ermöglichen.
  • Eine schnellere Umsetzung der für die PV maßgeblichen Teile aus dem Net-Zero Industry Act (NZIA) und der Forced Labour Regulation (FLR), indem man befristet ein vereinfachtes System für Resilienz-Auktionen schafft

Laut ESMC sollen die Maßnahmen als Paket und befristet umgesetzt werden. Sie sollen die Lage der EU-Hersteller von PV-Modulen stabilisieren und weitere Auswirkungen auf andere verbundene Sektoren verhindern. Die Maßnahmen seien zwingend, um den PV-Herstellern in der EU in der Übergangszeit in den nächsten zwei bis drei Jahre eine Atempause zu verschaffen. Dann rechnet der ESMC mit dem Inkrafttreten des Net Zero Industry Act und der Forced Labour Regulation.

Für einen Resilienzbonus hatte auch der BDEW kürzlich plädiert. Auch der Bundesverband Solarwirtschaft hat sich sehr deutlich für Resilienzboni ausgesprochen und dazu ein eigenes Konzept vorgelegt.

Die von der EU ins Auge gefassten Aktivitäten zur Stabilisierung der heimischen Industrie sind jedoch in der Energiewirtschaft in Details umstritten. Auf dem Forum Solar Plus im November bezeichnete Carsten Pfeiffer vom Bundsverband Neue Energiewirtschaft den Forced Labour Act und den NZIA in ihrer damals aktuellen Formulierung als „apokalyptische Reiter“ für die Solarbranche. Die Anforderungen würden nicht nur die Preise in die Höhe treiben, sondern seien gar nicht erfüllbar, sodass es zu einem Ausbaustopp käme.

Der ESMC räumt ein, niedrigere Preise für PV-Solarmodule könnten sich positiv auf den Einsatz der Photovoltaik auswirken. Die derzeitigen Preise lägen allerdings unter den chinesischen Produktionskosten und könnten nicht als neue Normalität angesehen werden. Jeder Vergleich mit europäischen PV-Solarmodulen sollte auf der Grundlage nachhaltiger Produktionskosten und angemessener Gewinnspannen erfolgen.

Importzölle als letztes Mittel

Setzt die EU die geforderten Maßnahmen nicht um, sieht der Verband „Handelsschutzmaßnahmen“ – also Zölle – für importierte Solarmodule als letztes Mittel, um die Solarindustrie zu schützen. Er deutet bereits an, einen entsprechenden Antrag bei der EU zu stellen. Kann der Verband einen Zusammenhang von Dumpingpreisen für chinesische Module und der Schädigung der europäischen PV-Industrie darstellen, läuft bei der EU zunächst ein Prüfverfahren an, dass unter Umständen Importzölle zur Folge hat.  

„Die potenziell kritischen Entscheidungen sollten heute getroffen werden, da andernfalls künftige Generationen in Mitleidenschaft gezogen werden und die Bestrebungen der EU für eine nachhaltige und widerstandsfähige Energiezukunft ernsthaft untergraben werden“, resümiert Johan Lindahl, Generalsekretär ESMC.

Quelle: ESMC | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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