Photovoltaik-Branche: 1Komma5° tritt aus Bundesverband Solarwirtschaft aus

Im Bild 1Komma5°-CEO Philipp Schröder, der den vom BSW-Solar geforderten Produktionsbonus für heimische Photovoltaik-Hersteller kritisiert.Foto: Christoph Neumann
1Komma5°-CEO Philipp Schröder: „Die Branche braucht weniger Subventionen, nicht mehr.“
1Komma5° verlässt den Bundesverband Solarwirtschaft, weil das Unternehmen die Forderung des Verbandes nach einem Produktionsbonus für heimische Photovoltaik-Hersteller nicht mitträgt. Ein solcher Produktionsbonus würde die Pläne des Unternehmens für eine deutsche Photovoltaik-Modulfabrik konterkarieren.

Das Unternehmen 1Komma5°, Anbieter von Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen und Wallboxen tritt aus dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) aus. Grund seien die Forderungen des BSW-Solar nach neuen Subventionen – insbesondere die Forderung nach einem sogenannten Produktionsbonus für ausgewählte Photovoltaik-Hersteller im Privatkundensegment. 1Komma5° ist selbst Hersteller von Photovoltaik-Modulen und stellte einen Vorstand im BSW.

„Subventionen in dieser Form würden nur einzelnen Firmen kurzfristig helfen, während der nachhaltige Aufbau einer Solarmodul-Industrie in Deutschland sogar eingebremst werden würde“, sagt 1Komma5°-CEO Philipp Schröder. „Der Bonus würde quasi zu einem Monopol einzelner Hersteller führen und gleichzeitig den Markt verzerren. Zudem würde der Produktionsbonus zusätzliche Kosten für Steuerzahler von geschätzt 700 Millionen Euro je Gigawatt Leistung bedeuten, während diese Leistung nur rund 10.000 Einfamilienhäusern entspricht.“ Laut Schröder gebe es auf EU-Ebene bereits eine Absage an diese Art von Förderung und es drohe so ein Flickenteppich mit einem ersten deutschen Alleingang.

Laut 1Komma5° kritisieren zahlreiche weitere Unternehmen, darunter Solar-Installateure wie Enpal, Zolar oder EKD, sowie Entwickler von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und auch deutsche Hardware-Produzenten ebenfalls die BSW-Pläne zum P Produktionsbonus für Photovoltaik-Hersteller. In der Kritik stehen neben steigender Bürokratie vor allem die hohen Kosten für die Allgemeinheit, die zusätzlich zu bereits bestehenden Steuerbefreiungen, Subventionen und Resilienz-Maßnahmen der EU entstehen würden. „1Komma5° möchte nicht Teil eines rückwärtsgewandten Verbandes sein, der aus unserer Sicht auf Kosten der Steuerzahler und des Industriestandortes Klientelpolitik für wenige Mitglieder betreibt. Die Branche braucht weniger Subventionen, nicht mehr”, so Schröder.

Produktionsbonus für Photovoltaik-Hersteller erschwert Wettbewerb

Der Vorschlag des Produktionsbonus ist laut 1Komma5° so strukturiert, dass er Wettbewerb und Innovation systematisch erschweren würde. „Dieser Bonus würde die Ansiedlung neuer Modul-Produzenten behindern, wenn diese beispielsweise noch auf einzelne Teile entlang der Wertschöpfung außerhalb Europas angewiesen sind. Die gesamte Wertschöpfungskette aus dem Stand abzubilden, ist für neue Produzenten in Europa faktisch und praktisch unmöglich. Der Bonus würde den Wettbewerb damit erheblich verzerren, da potenzielle neue europäische Modul-Produzenten in Konkurrenz mit einzelnen stark geförderten Anbietern stünden“, sagt Schröder. „Auch 1Komma5° kann nicht in eine Modulproduktion in Deutschland investieren, wenn man während der Hochlaufphase bei Endkunden-Förderungen gegenüber dem Wettbewerb benachteiligt wird.”

Die Pläne zum Produktionsbonus für Photovoltaik-Hersteller stellten nach Aussage des Unternehmens auch den geplanten Bau einer Solarmodul-Produktion von 1Komma5° in den neuen Bundesländern mit bis zu 1.000 Arbeitsplätzen in Frage. Geplant war dort eine Photovoltaik-Modul-Fertigung mit dem Grundstoff Polysilizium aus Deutschland, allerdings unter Rückgriff auf Komponenten der internationalen Wertschöpfungskette. Der vom BSW geforderte Produktionsbonus zielt allerdings prozentual vor allem auf die Förderung einer kombinierten lokalen Zell-, Ingot- und Waferproduktion ab. Diese Komponenten gibt es wiederum in Europa zurzeit nicht in ausreichender Menge, um neue Fertigungen zu beliefern. Damit wären die Pläne 1Komma5 nach eigener Aussage hinfällig.

BSW reagiert auf 1Komma5°-Aussagen

Der Bundesverband Solarwirtschaft reagierte auf den öffentlich gemachten Austritt seines Mitgliedsunternehmens mit Bedauern. Der Verband werde weiterhin versuchen, auch abweichende Auffassungen, soweit sie den Interessen der Solarwirtschaft insgesamt dienten, in seine Positionsbestimmung zu integrieren, sagte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig gegenüber dem Solarserver.

Wörtlich sagte Körnig: „BSW-Mitglieder haben erkannt, dass man nur mit der Bündelung von Interessen erfolgreich sein kann, dies zuweilen aber auch Kompromisse erforderlich macht. Beim Thema Resilienz besteht ein Kompromiss darin, dass sich der BSW-Solar mit Nachdruck gegen die Einführung von Zöllen und Handelsbarrieren einsetzt, auf der anderen Seite aber für einen befristeten Zeitraum und einen Teil des EEG-Fördervolumens die Einführung von Resilienboni u. -Auktionen empfiehlt, um europäischen Herstellern während der Ramp-Up-Phase ihrer Solarfabriken den Weg zu einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zu erleichtern. Dieser Kompromiss wurde einstimmig vom BSW-Vorstand und Vertretern aller Wertschöpfungsstufen getragen. Die Bundesregierung würde mit der Einführung einer Resilienz-Komponente zudem lediglich einer Regelung vorgreifen, die zu Beginn der Woche von der EU entschieden wurde (vgl. NZIA).“

Gerade heute hatte der BSW einen Mitgliederzuwachs auf über 1000 Solarunternehmen vermeldet. Er freue sich über die über 300 Neubeitritte des Jahres 2023, so Körnig, bedauere auf der anderen Seite natürlich den Austritt jedes einzelnen Unternehmens.

Quelle: 1Komma5° | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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