Solar- und Windbranche einsilbig zu CO2-Abscheidung und -Speicherung
Die deutsche Solar- und Windbranche gibt sich beim Thema CO2-Abscheidung, -Speicherung und -Nutzung (CCS/CCU) wortkarg. Auf eine entsprechende Anfrage der Solarthemen verweisen die Verbände der Solarwirtschaft (BSW) und der Windenergie (BWE) auf den Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Deren Präsidentin Simone Peter äußerte sich wie folgt: „Der BEE erachtet den Einsatz von Carbon Capture and Storage (CCS) oder Utilization (CCU) dort als sinnvoll, wo im industriellen Prozess nach Ausnutzung aller anderen Möglichkeiten keine andere Möglichkeit zur Emissionsreduktion mehr besteht“.
Die Europäische Union und auch das Bundeswirtschaftsministerium haben in diesen Tagen den Weg frei gemacht zur Nutzung der Technologie. In Deutschland ist CCS bislang noch untersagt. Das Habeck-Haus will das ändern und hat einen Referentenentwurf vorgelegt. Hintergrund ist, mit CCS den energieintensiven Industrien die Möglichkeit zur CO2-Neutralität zu geben, die es mit erneuerbaren Energien alleine nicht schaffen würden – wie zum Beispiel den Zementproduzenten. Auch technologisch will Deutschland gegenüber anderen Staaten wie etwa Norwegen mithalten, die wie Dänemark schon längst in den Startlöchern stehen. Das abgeschiedene CO2 soll laut Entwurf im Meeresboden eingelagert werden, zum Beispiel in alten Öl- und Gaslagerstätten. Eine Speicherung an Land schließt Habeck indes aus.
BMWK will CCS bei Stromerzeugung erlauben
In dem Entwurf heißt es aber auch, CCS/CCU für „Verstromungsanlagen mit gasförmigen Energieträgern oder Biomasse … im Sinne eines technologieoffenen Übergangs zu einem klimaneutralen Stromsystem“ zu ermöglichen. Damit wäre CCS unter Bedingungen auch bei der Stromerzeugung erlaubt. Die Argumentation des BMWK: die für die Kraftwerksstrategie vorgesehenen Gaskraftwerke brauchen die Option.
Diese Funktion könnten allerdings auch Deutschlands Biogasanlagen übernehmen wie die Branche kürzlich erläuterte. Und auch sie wäre zu CCS/CCU berechtigt. Das begrüßt der BEE ausdrücklich und macht folgende Rechnung auf: „Durch die Abscheidung von CO2 im aktuellen Bestand der Holzheiz(kraft)werke, Biogas- und Bioethanolanlagen könnten 13 Millionen Tonnen CO2 jährlich aus der Atmosphäre entfernt werden, perspektivisch sogar 30 Millionen Tonnen“, so Simone Peter.
SPD-Kritik: Kein CCS bei Energiegewinnung
Anders als die Verbände der Erneuerbaren äußert Nina Scheer, die Klimaschutz- und energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kritik: „Die Abscheidung von CO2 darf nicht in Konkurrenz zur Energiewende treten. Deswegen schließt die SPD-Bundestagsfraktion CCS bei Energiegewinnung aus.“
Viele Umweltverbände sind vom Vorschlag Habecks empört. Der BUND spricht vom „Dammbruch im Wirtschaftsministerium“. Die Nutzung alter Öl- und Gaslagerstätten sei ein unkalkulierbares Risiko. „Bereits heute entweicht an Dreiviertel der aufgegebenen Bohrlöcher Methan. Durch die Verpressung können neue Risse im Gestein entstehen oder sogar Erdbeben ausgelöst werden“, so die Naturschützer.
Noch vor Deutschland hatte die EU Anfang Februar mit der Netto-Null-Investitions-Verordnung (Net Zero Industry Act) CCS auf eine neue Stufe gehoben. Dort erklärt sie CO2-Abscheidung, -Speicherung und -Nutzung zu einer von acht Schlüsseltechnologien, um die Gemeinschaft bis 2050 klimaneutral zu machen. Dabei soll CCS auch bei der Produktion von Wasserstoff aus Erdgas erlaubt sein. Insgesamt will die EU-Kommission bis 2030 eine CO2-Speicherkapazität von mindestens 50 Millionen Tonnen pro Jahr entwickeln.
In Dänemark ist die Technologie auf dem Vormarsch. Die größte Müllverbrennungsanlage in der Hauptstadt Kopenhagen scheidet in einem Pilotprojekt CO2 bereits ab.
Autor: Oliver Ristau © Solarthemen Media GmbH