Hochtemperatur-Wärmespeicher: NREL baut auf heißen Sand
Laut der Pressemitteilung des NREL rechnen die Forschenden damit, dass thermische Energiespeicher – darunter geschmolzenes Salz, heiße Steine und Sand – in Zukunft eine größere Rolle spielen werden. Grund sind die begrenzenden Faktoren der bisher etablierten Stromspeicher-Technologien sowie deren Kosten. Die Batterietechnologien sind auf knappe Rohstoffe angewiesen, Pumpspeicherkraftwerke auf Wasserreservoirs mit großer Höhendifferenz. Medien für die Thermische Energiespeicherung (TES) gebe es hingegen sprichwörtlich wie Sand am Meer. Hochtemperatur-Wärmespeicher aus Sand sollen nun in einem Demoprojekt getestet werden.
Sand als Hochtemperatur-Wärmespeicher soll effizient und kostengünstig sein
„Sand ist leicht zugänglich. Er ist umweltfreundlich. Er ist stabil, ziemlich stabil, in einem breiten Temperaturbereich. Außerdem ist er kostengünstig“, erklärt Zhiwen Ma, Maschinenbauingenieur in der Thermal Energy Systems Group des National Renewable Energy Laboratory (NREL). Die Forschenden des NREL haben dafür eine Technologie prototypisch umgesetzt und patentieren lassen. Heizgeräte, die mit Wind und Sonne betrieben werden, bringen den Sand auf die gewünschte Temperatur. Der Sand wird dann in einem Silo gelagert und später entweder zur Stromerzeugung oder für Prozesswärme in industriellen Anwendungen verwendet. Ein Prototyp im Labormaßstab bestätigte die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der Technologie. Auf dieser Basis erstellten die Forschenden ein Computermodell, demzufolge ein solcher Sand-Wärmespeicher in kommerziellen Dimensionen mehr als 95 % seiner Wärme für mindestens fünf Tage speichern würde.
Jeffrey Gifford, Postdoktorand am NREL, hält gemeinsam mit Ma zwei Patente für Wärmetauscher, die gespeicherte Wärmeenergie in Strom umwandeln. Er sagt: „Die thermische Energiespeicherung in Partikeln ist nicht auf seltene Erden oder Materialien angewiesen, deren Lieferketten komplex und nicht nachhaltig sind.“ Die bisher gängigen Lithium-Ionen-Batterien sind zum Beispiel nicht nur auf Lithium angewiesen, sondern auch auf Kobalt, dessen Abbaubedingungen bisher ethisch fragwürdig seien.
Bewegung im Sand verbessert Wärmeübergang
Zu Giffords Fachgebiet gehört auch die numerische Strömungsmechanik. Das ist wichtig, da ein Knackpunkt bei festen Speichermaterialien die Wärmeübertragung ist. Beton und Felsen eignen sich im Prinzip ebenfalls gut als Hochtemperatur-Wärmespeicher, aber im Gegensatz zu Sand, der durch den Speicher fließen kann, sind sie unbeweglich. „Die Wärmeübertragung ist viel höher, schneller und effektiver, wenn das Medium in Bewegung ist“, so Gifford. Ein weiterer Vorteil von Sand sei die leichte Skalierbarkeit. Wer die Speicherkapazität eines Sandspeichers vergrößern wolle, müsse im Wesentlichen einfach mehr Sand hinzugeben. Die Forschenden zielen damit vor allem auf mittlere Speicherdauern, von mehreren Stunden bis zu zwei Wochen. Für noch längere Zeiträume sehen sie die Wasserstofftechnologie im Vorteil.
Sand kostet weniger als etablierte elektrische Energiespeicher
Laut Ma ist die thermische Energiespeicherung im Vergleich zu anderen Technologien zudem besonders günstig. Als Vergleich dienten dabei Druckluftspeicher (CAES), Pumpspeicherkraftwerke und zwei Arten von Batterien, die günstigste Option für die Energiespeicherung ist. Für CAES und gepumpte Wasserkraft kamen die Forschenden auf Speicherdauern von einigen Dutzend Stunden. Die Investitionen pro Kilowattstunde lägen bei CAES zwischen 150 und 300 USD, bei gepumpter Wasserkraft seien es etwa 60 USD. Eine Lithium-Ionen-Batterie würde 300 USD pro Kilowattstunde kosten und hätte nur eine Speicherkapazität von einer bis vier Stunden. Für Sand als Speichermedium müsse man hingegen nur 4 bis 10 USD pro kWh ausgeben. Dabei sei eine Speicherdauer über hunderte Stunden möglich. Offen bleibt allerdings, was in der Kostenkalkulation enthalten ist – schließlich liefert ein thermischer Wärmespeicher keinen Strom zurück, sondern Wärme, die erst wieder in Strom umgewandelt werden muss.
Kostenvergleiche mit anderen thermischen Hochtemperaturspeichern enthält die Pressemitteilung nicht. Allerdings erklärt sie die Grenzen von flüssigem Salz, das zum Beispiel in einigen solarthermischen Kraftwerken als Wärmespeicher dient. Geschmolzenes Salz wird fest, wenn es Temperaturen von etwa 220 Grad Celsius unterschreitet – ein Szenario, das zu ersten Schäden an der Anlage führt. Bei mehr als 600 Grad Celsius begännen sie hingegen, sich zu zersetzen. Sand toleriere hingegen einen deutlich größeren Temperaturbereich, bis zu 1.100 Grad sollen möglich sein. So könne er als Wärmespeicher auch fossile Feuerungen zeitweise ersetzen und Wärme für industrielle Prozesse speichern. „Dies stellt eine neue Generation der Speicherung dar, die über die Salzschmelze hinausgeht“, sagt Ma.
Ma, der mehrere Patente auf die Technologie hält, war zuvor als leitender Forscher an einem von der ARPA-E finanzierten Projekt mit der Bezeichnung „Enduring“ (Economic Long-Duration Electricity Storage by Using Low-Cost Thermal Energy Storage and High-Efficiency Power Cycle) beteiligt. Der Prototyp sei im Rahmen dieses Projekts entstanden, heißt es von NREL. Als Nächstes stehe im Jahr 2025 der Spatenstich für ein System zur Speicherung elektrischer Wärmeenergie (ETES) auf dem Flatirons Campus des NREL bei Boulder, Colorado, an, das Energie für 10 bis 100 Stunden speichern soll. Das vom Energieministerium finanzierte Demonstrationsprojekt soll das kommerzielle Potenzial von Sand als thermischer Speicher belegen, so Ma.
Quarzsand aus dem Mittleren Westen der USA als bevorzugtes Medium
Allerdings hat die Flexibilität in Bezug auf das Speichermedium Grenzen, denn irgendein beliebiger Sand darf es dann doch nicht sein. Die Forschenden haben verschiedene Feststoffpartikel auf ihre Fließfähigkeit und Wärmespeicherung untersucht. In einer im letzten Herbst veröffentlichten Arbeit experimentierten Ma und sein Team mit Partikeln aus acht Materialien. Dazu gehörten künstlich hergestellte keramische Materialien, die beim Fracking verwendet werden, kalzinierter Feuersteinton, braunes Schmelzkorund und Quarzsand. Tonerde und Schmelzkorund wurden aufgrund ihrer thermischen Instabilität bei der Zieltemperatur von 1.200 Grad Celsius verworfen.
Die keramischen Materialien übertrafen den Sand in allen Kategorien, aber die geringfügigen Leistungssteigerungen reichten nicht, um die höheren Kosten zu rechtfertigen. Während der Sand zwischen 30 und 80 Dollar pro Tonne koste, lägen die Preise für die keramischen Materialien etwa zwei Größenordnungen höher. Beim bevorzugten Sand handele es sich um Alpha-Quarz, der im Mittleren Westen leicht erhältlich sei. Ob es sich dabei um den begehrten Quartzsand handelt, auf den auch die PV-Branche für die Herstellung von Solarzellen angewiesen ist, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Quelle: NREL | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH