Solarfabriken in Europa am Horizont

Photovoltaik-Zellstring, fotografiert im Module-TEC, einem Labor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE)Foto: Dirk Mahler / Fraunhofer ISE
Aus der Forschung in die Industrie, das kann prinzipiell auch in Europa noch funktionieren. Hier ein String von Solarzellen im Module-TEC des Fraunhofer ISE.
Deutsche Solarforscher und die Industrie arbeiten in Schweden an ei­ner Renaissance für Europas Solarindustrie.

Besonders sonnenreich ist der Norden Europas über das Jahr gesehen nicht. Und doch könnte Schweden einer der Orte sein, wo die Sonne im bildlichen Sinne für Europas Solarindustrie wieder aufgeht. Denn während im sächsischen Freiberg der Schweizer Produzent Meyer Burger seine Modulfabrik geschlossen hat, plant das schwedische Start-up Nordcell in ähnlicher Größe eine neue Solarfabrik. Mit einer Kapazität von 1,2 Gigawatt (GW) im Jahr soll es im nächsten Jahr losgehen. Nach den Modulen sollen sukzessive Zelle, Wafer und Ingots folgen.

Mit dabei: das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) aus Freiburg. Jochen Rentsch, verantwortlich für den Technologietransfer zwischen Institut und der Industrie, sagt: „Wir haben eine Lebenszyklusanalyse durchgeführt, um die Auswirkungen der Produktion zu messen. Sie hat gezeigt: Schweden könnte den CO2-Fußabdruck in der PV-Produktion deutlich senken.“ Und zwar um 90 Prozent im Vergleich zur Produktion in China. Erreichen will das Nordcell mit günstigem Strom aus Wasserkraft.

Gigawatt-Solarfabriken an ausgewählten Standorten

Ein weiterer Vorteil der Schweden, so Rentsch: „Sie haben für ihre Produkte schon weitgehend Abnehmer. Nord­cell zielt auf Versorger und Industriedächer.“ In Schweden, ergänzt Peter Fath vom deutschen Maschinenbauverband VDMA, seien Investoren bereit, Kapital für eine inte­grierte Fertigung zur Verfügung zu stellen. Beide Experten sind sich einig: Eine Gigawatt-Fabrik an ausgewählten Standorten in Europa kann gegenüber China wettbewerbsfähig sein.

Einmal wegen der geringeren CO2-Emissionen. „Das ist für Kunden wie in Schweden, die auf Nachhaltigkeit und regionale Produktion Wert legen, wichtig“, so Rentsch. Damit ließe sich auch ein Preisaufschlag gegenüber China rechtfertigen. „15 bis 20 Prozent teurer als aus China können Module aus Europa sein, um Abnehmer zu finden“, ist Fath überzeugt.

Eine Voraussetzung neben günstigem Strom: ein hoher Automatisierungsgrad. „Die Maschinen dafür stehen in Europa zur Verfügung“, versichert Fath, dessen RCT Solutions weltweit Gigawatt-Solarfabriken realisiert. Der europäische Maschinenbau sei in der Lage, alle notwendigen modernen Anlagen und Prozesse im Bereich Solarmodule und -zellen zu liefern. Lediglich bei Wafern und Ingots gebe es Lücken. Für alle Maschinenbauer gelte laut Fath: „Die Fortschritte der letzten Jahre hinsichtlich Automatisierung und Effizienz sind enorm.“

Nordcell-Module für den Massenmarkt

Nordcell will laut Rentsch eher Leichtbaumodule produzieren – im Vergleich zu schweren Glas/Glas-Produkten eine günstige Wahl. „Das Zellkonzept, ob Heterojunction oder TopCon, spielt dagegen keine Rolle“, so Rentsch. Konzepte, die noch nicht reif für den Massenmarkt seien, wie etwa Tandemzellen, schieden aber aus. Nordcell selbst wollte sich auf Anfrage zu keinen weiteren Details äußern.

Der Wiedereinstieg in die Wafer- und Ingotproduktion sei in Europa vor dem Hintergrund hoher CO2-Emissionen in China ebenfalls möglich. „Das ist auch wesentlich, um bei den Preisen nicht völlig abhängig von China zu sein“, sagt Rentsch.

Von Dauersubventionen der europäischen Industrie halten die Experten aber nichts. Für den Anschub der Investitionen lasse sich auf „vorhandene Instrumente“ zurückgreifen, so Fath. Das sind zum Beispiel Mittel aus der Regionalförderung der EU. Damit, so der Maschinenbauer, könnte eine Gigawatt-Fabrik auch in Deutschland Realität werden, und zwar dort, wo es günstige Strompreise gibt und zugleich eine Strukturförderung – „wie im Nordwesten Deutschlands“.

Solarfabrik auch in Frankreich

Während das zum jetzigen Zeitpunkt Spekulation bleibt, wollen Investoren in Frankreich Fakten schaffen. Das Solar-Start-up Carbon hat zusammen mit Investoren den Bau einer integrierten Solarfabrik in der Nähe von Marseille angekündigt. Mit 5 Gigawatt soll es dort 2025 losgehen.

Dass Photovoltaik „made in Europe” Abnehmer findet, will die EU nicht dem Markt allein überlassen. So verlangt die Netto-Null-Verordnung, dass im Falle von acht Zukunftstechnologien künftig zumindest ein Teil in europäischen Solarfabriken gefertigt werden muss. Eine dieser acht Netto-Null-Technologien, bei der „in der EU vorhandene Fertigungskapazitäten bis 2030 mindestens 40 Prozent der voraussichtlichen Nachfrage in der EU abdecken sollen“, ist die Photovoltaik.

Autor: Oliver Ristau | © Solarthemen Media GmbH

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