Datenschutz in der Wärmeplanung

Kunst am Bau: Ein überdimensionaler Menschlicher Kopf aus weißem Maschenwerk geformt.Foto: Andreas Witt
Ohne Daten gibt es keine kommunale Wärmeplanung. Sie ist die Basis für eine funktionierende Wärmewende. Doch besteht damit auch die Gefahr, dass die Analyse von Energiedaten die Menschen zu transparent macht?

Als im vergangenen Jahr das Wärmeplanungsgesetz zur Diskussion stand, sorg­te auch das Thema Datenschutz für Aufregung. Der baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jan-Mar­co Luczak machte eine fast schon Orwell’sche Dimension aus. Die Bundesregierung wolle die Bürger:innen „bis ins Kleinste durchleuchten“. Und Thürin­gens CDU-Chef Mario Voigt erklärte, Bundeswirtschaftsminister Robert Ha­beck wolle eine „Energie-Stasi“ ein­set­zen. Ursächlich dafür war auch die zunächst geplante gebäudescharfe Erhebung von Daten für die Wärmeplanung, wie sie die grün-schwarze Landesregierung schon einige Zeit zuvor im Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg für die kommunale Wärmeplanung verankert hatte.

Gesetz zur Wärmeplanung datenreduziert

Das zum 1. Januar 2024 in Kraft ge­tretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) hat infolge der heftigen Diskussion eine deutliche Redukion der Datentiefe erfahren. Die „planungsverantwortli-chen Stellen“, also in der Regel wohl die Gemeinden, sollen personenbezogene Daten nun grundsätzlich nicht erheben. Und das Gesetz selbst konkretisiert in Anhang 1, wann dies in jedem Fall als gewährleistet gelten kann.

Wo ist das Datenschutz-Problem?

Problematisch sind vor allem ein­zelne Gebäude. Denn aus den Daten zu einzelnen Gebäuden kann in Kombination mit persönlichen Daten möglicherweise ein Rückschluss auf das Verhalten gezogen werden. Daher sollen die Gasverbrauchsdaten von Einfamilienhäu­sern nur zusammengefasst erhoben wer­den. Mindestens fünf Hausnum­mern sind zu aggregieren. Und es soll nur der durchschnittliche Verbrauch aus den letzten drei Jahren herangezogen werden. Bei Mehrfamilienhäusern und Nichtwohngebäuden ist die Datenerhebung aber auch gebäudescharf erlaubt.

Titelbild ENergiekommune 4/24

Was Datenerhebung konkret bedeutet, ist weder im WPG noch im Bundesdatenschutzgesetz definiert. Sie steht jedenfalls am Beginn der Datenverarbeitung und vor der Datenerfassung. Für Gemeinden ist dies eine relevante Frage, denn wenn sie Verbrauchsdaten bei Netzbetreibern anfordern, so liegen die Daten dort häufig nur gebäude­scharf vor. Kommunen sollten diese immer entsprechend den Vorga­ben des WPG anfordern. Erhalten sie dann möglicherweise doch gebäudescharfe Daten und wissen sie, dass es sich um Einfamilienhäuser handelt, so sollten sie die Zusammenfassung nach­for­dern. Noch scheint aber nicht klar zu sein, wie solche Grenzfälle juristisch zu bewerten sind. Eventuell reicht es auch aus, die Daten selbst zusammenzu­fas­sen und die Ursprungsdatei baldmöglichst zu löschen.

Mehr Datenschärfe bei der Wärmeplanung möglich?

Generell hätte aus Datenschutzsicht wohl auch nicht viel gegen eine gebäudescharfe Erhebung gesprochen. Denn immerhin erklärt das Klimaschutzgesetz von Baden-Württemberg ausdrücklich, dass die Energieunternehmen Daten gebäudescharf zur Verfügung stellen sollen. Und natürlich hat die Landesregierung dieses Gesetz rechtlich prüfen lassen.

In jedem Fall kann die Kommune die erhobenen Daten mit Dienstleistern teilen, die in der Regel die Wärme­planung er­stellen. Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), stellte auch gegenüber dem Bundestag klar, dass sich die planungsverantwortliche Stelle bei der Wärmeplanung Dritter bedienen kön­ne. Direkt folgend betont er das Recht, Informationen und Daten zu erheben, die für die Bestands- und die Potenzialanalyse erforderlich sind. Eigentü­mer:in­nen von Gebäuden und Grundstücken seien aber ebenso wie andere private Akteure nicht verpflichtet, Daten zu übermitteln. Das war zunächst anders vorge­se­hen gewesen. Laut dem ersten Entwurf des WPG hätten die Gemeinden auch auf Energieausweise zurückgreifen können. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.

Zu unterscheiden ist zwischen Datenerhebung und Präsentation der Ergebnisse. Bei Letzterer sind Gebäudedaten immer zusammenzufassen. Das war auch in Baden-Württemberg als deutschem Vorreiter der kommunalen Wärmepla­ung schon so. Auf Einzelgebäude sollen die Betrachter:innen des Plans keine Rückschlüsse ziehen kön­nen. Daher sind die Gebäude auf Baublockebene zusammenzufassen oder zumindest in Anordnung von nicht weniger als fünf Objekten.

Wärmeplanungsgesetz nicht optimal für Planung

Für die Wärmeplanung selbst sind die jetzt im WPG getroffenen Datenschutzanforderungen nicht immer optimal. Stehen hier nur Daten zur Verfügung, die für jeweils mindestens fünf Gebäu­de zusammengefasst wur­den, kann dies eine falsche Planungs­basis bedeuten. Wenn etwa für fünf Gebäude das Alter der Heizungsanlagen angegeben wird, ist zum Beispiel das Inbetriebnahmejahr 2010 gar nicht aussagekräftig. Es ist möglich, dass alle fünf Heizungen in genau diesem Jahr installiert wurden. Genauso kann es aber auch sein, dass zwei Heizungen gerade erneuert wurden und die anderen schon deutlich länger betrieben werden. Ebenso ist Vorsicht geboten, wenn auf aggregier­ter Ebene eine Heizungsart angegeben wird. Das wird recht häufig die Gasheizung sein. Aber es macht einen Unterschied, ob tatsächlich alle fünf Gebäude eine Gasheizung haben oder ob in zweien schon Wärmepumpen installiert wurden.

Je nach Planungserfordernis kann es daher sinnvoll sein, die zusammengefassten Durchschnittswerte durch statistische Angaben auf Block- oder Quartiersebene zu ergänzen. Sie kön­nen dann mehr Aufschluss geben zur Altersstruktur und zur Heizungsart. Und da auch diese Daten nicht auf einzelne Personen bzw. Familien oder Hausgemeinschaften zu beziehen sind, sollten sie datenschutzrechtlich okay sein.

Autor: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH

Titelbild ENergiekommune 4/24

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