Datenschutz in der Wärmeplanung
Als im vergangenen Jahr das Wärmeplanungsgesetz zur Diskussion stand, sorgte auch das Thema Datenschutz für Aufregung. Der baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jan-Marco Luczak machte eine fast schon Orwell’sche Dimension aus. Die Bundesregierung wolle die Bürger:innen „bis ins Kleinste durchleuchten“. Und Thüringens CDU-Chef Mario Voigt erklärte, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wolle eine „Energie-Stasi“ einsetzen. Ursächlich dafür war auch die zunächst geplante gebäudescharfe Erhebung von Daten für die Wärmeplanung, wie sie die grün-schwarze Landesregierung schon einige Zeit zuvor im Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg für die kommunale Wärmeplanung verankert hatte.
Gesetz zur Wärmeplanung datenreduziert
Das zum 1. Januar 2024 in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) hat infolge der heftigen Diskussion eine deutliche Redukion der Datentiefe erfahren. Die „planungsverantwortli-chen Stellen“, also in der Regel wohl die Gemeinden, sollen personenbezogene Daten nun grundsätzlich nicht erheben. Und das Gesetz selbst konkretisiert in Anhang 1, wann dies in jedem Fall als gewährleistet gelten kann.
Wo ist das Datenschutz-Problem?
Problematisch sind vor allem einzelne Gebäude. Denn aus den Daten zu einzelnen Gebäuden kann in Kombination mit persönlichen Daten möglicherweise ein Rückschluss auf das Verhalten gezogen werden. Daher sollen die Gasverbrauchsdaten von Einfamilienhäusern nur zusammengefasst erhoben werden. Mindestens fünf Hausnummern sind zu aggregieren. Und es soll nur der durchschnittliche Verbrauch aus den letzten drei Jahren herangezogen werden. Bei Mehrfamilienhäusern und Nichtwohngebäuden ist die Datenerhebung aber auch gebäudescharf erlaubt.
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Was Datenerhebung konkret bedeutet, ist weder im WPG noch im Bundesdatenschutzgesetz definiert. Sie steht jedenfalls am Beginn der Datenverarbeitung und vor der Datenerfassung. Für Gemeinden ist dies eine relevante Frage, denn wenn sie Verbrauchsdaten bei Netzbetreibern anfordern, so liegen die Daten dort häufig nur gebäudescharf vor. Kommunen sollten diese immer entsprechend den Vorgaben des WPG anfordern. Erhalten sie dann möglicherweise doch gebäudescharfe Daten und wissen sie, dass es sich um Einfamilienhäuser handelt, so sollten sie die Zusammenfassung nachfordern. Noch scheint aber nicht klar zu sein, wie solche Grenzfälle juristisch zu bewerten sind. Eventuell reicht es auch aus, die Daten selbst zusammenzufassen und die Ursprungsdatei baldmöglichst zu löschen.
Mehr Datenschärfe bei der Wärmeplanung möglich?
Generell hätte aus Datenschutzsicht wohl auch nicht viel gegen eine gebäudescharfe Erhebung gesprochen. Denn immerhin erklärt das Klimaschutzgesetz von Baden-Württemberg ausdrücklich, dass die Energieunternehmen Daten gebäudescharf zur Verfügung stellen sollen. Und natürlich hat die Landesregierung dieses Gesetz rechtlich prüfen lassen.
In jedem Fall kann die Kommune die erhobenen Daten mit Dienstleistern teilen, die in der Regel die Wärmeplanung erstellen. Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), stellte auch gegenüber dem Bundestag klar, dass sich die planungsverantwortliche Stelle bei der Wärmeplanung Dritter bedienen könne. Direkt folgend betont er das Recht, Informationen und Daten zu erheben, die für die Bestands- und die Potenzialanalyse erforderlich sind. Eigentümer:innen von Gebäuden und Grundstücken seien aber ebenso wie andere private Akteure nicht verpflichtet, Daten zu übermitteln. Das war zunächst anders vorgesehen gewesen. Laut dem ersten Entwurf des WPG hätten die Gemeinden auch auf Energieausweise zurückgreifen können. Das ist jetzt nicht mehr der Fall.
Zu unterscheiden ist zwischen Datenerhebung und Präsentation der Ergebnisse. Bei Letzterer sind Gebäudedaten immer zusammenzufassen. Das war auch in Baden-Württemberg als deutschem Vorreiter der kommunalen Wärmeplaung schon so. Auf Einzelgebäude sollen die Betrachter:innen des Plans keine Rückschlüsse ziehen können. Daher sind die Gebäude auf Baublockebene zusammenzufassen oder zumindest in Anordnung von nicht weniger als fünf Objekten.
Wärmeplanungsgesetz nicht optimal für Planung
Für die Wärmeplanung selbst sind die jetzt im WPG getroffenen Datenschutzanforderungen nicht immer optimal. Stehen hier nur Daten zur Verfügung, die für jeweils mindestens fünf Gebäude zusammengefasst wurden, kann dies eine falsche Planungsbasis bedeuten. Wenn etwa für fünf Gebäude das Alter der Heizungsanlagen angegeben wird, ist zum Beispiel das Inbetriebnahmejahr 2010 gar nicht aussagekräftig. Es ist möglich, dass alle fünf Heizungen in genau diesem Jahr installiert wurden. Genauso kann es aber auch sein, dass zwei Heizungen gerade erneuert wurden und die anderen schon deutlich länger betrieben werden. Ebenso ist Vorsicht geboten, wenn auf aggregierter Ebene eine Heizungsart angegeben wird. Das wird recht häufig die Gasheizung sein. Aber es macht einen Unterschied, ob tatsächlich alle fünf Gebäude eine Gasheizung haben oder ob in zweien schon Wärmepumpen installiert wurden.
Je nach Planungserfordernis kann es daher sinnvoll sein, die zusammengefassten Durchschnittswerte durch statistische Angaben auf Block- oder Quartiersebene zu ergänzen. Sie können dann mehr Aufschluss geben zur Altersstruktur und zur Heizungsart. Und da auch diese Daten nicht auf einzelne Personen bzw. Familien oder Hausgemeinschaften zu beziehen sind, sollten sie datenschutzrechtlich okay sein.
Autor: Andreas Witt | © Solarthemen Media GmbH
Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 4/2024 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!