Anhörung zum Solarpaket: Verbessungswünsche im Detail
Die Debatte innerhalb der Anhörung zum Solarpaket fokussierte sich auf einige Punkte, die von der Ampelkoalition im Bundestag kürzlich am Gesetzentwurf nochmals verändert worden sind. Einhellige Kritik sowohl von Seiten des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) als auch vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der kommunalen Spitzenverbände richtete sich beispielsweise gegen die teilweise Rücknahme der geplanten Duldungspflicht beim Wegerecht.
Wegerecht: Nur öffentliche Eigentümer müssen dulden
Nach dem aktuellen Änderungsantrag der Koalitionsfraktion sollen lediglich die Eigentümer öffentlicher Grundstücke deren Nutzung für Kabeltrassen und zur Überfahrung beim Bau von Solar- und Windparks dulden müssen. Auf Druck der FDP, die sich innerhalb der Koalition als Lobby der privaten Landeigentümer geriert hatte, soll eine Duldungspflicht für private Eigentümer nun doch nicht kommen. Die Konsequenz brachte Thorsten Müller, geladener Experte der Stiftung Umweltenergierecht sehr diplomatisch auf den Punkt: „Damit wird das Potenzial der Regelungen im Hinblick auf die Beschleunigung und Vereinfachung des Ausbaus erneuerbarer Energien sowie zur Senkung der damit einhergehenden Kosten nicht ausgeschöpft.“
PV-Dachanlagen wieder ab 750 kW ausschreibungspflichtig
Ein Kritikpunkt der Sachverständigen ist auch die neuerliche Absenkung der Ausschreibungsgrenze für Dachanlagen auf 750 Kilowatt (kW). Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW, nannte diese Maßnahme „nicht nachvollziehbar“. Der Grenzwert sei doch gerade erst in der vorigen EEG-Reform „aus gutem Grund“ auf 1 MW heraufgesetzt worden.
Mindeststandards für PV-Freiflächenanlagen
Grundsätzlich positiv nahmen die in der Anhörung zum Solarpaket befragten Expert:innen die Streichung der ursprünglich geplanten gesonderten Anlagenkategorie für Biodiversitätssolaranlagen auf. Stattdessen will die Koalition nun naturschutzfachliche Mindeststandards für alle nach EEG geförderten Freiflächenanlagen setzen. Das Gesetz soll künftig fünf Kriterien festlegen, von denen die Anlagenbetreiber mindestens drei erfüllen müssen.
Im einzelnen sind diese fünf Optionen:
- Die Grundfläche der Module ist auf 60 Prozent der Grundfläche des Projektes zu begrenzen.
- Ein biodiversitätsförderndes Pflegekonzept soll den Boden aufwerten.
- Großsäugern ist bei großen Solarparks deren Durchquerung zu ermöglichen. Und für kleine Tiere ist die Erreichbarkeit der Fläche, auf der die Solaranlage steht, sicherzustellen.
- Anlagenbetreiber sollen die Fläche biodiversitätsfördernd aufwerten. Das ist beispielsweise durch die Einsaat artenreichen regionalen Saatguts oder die Anpflanzung heimischer Sträucher und Hecken erreichbar.
- Auf den Flächen ist auf Pflanzenschutz- und Düngemittel zu verzichten. Zur Reinigung der Module dürfen die Anlagenbetreiber keine chemischen Reinigungsmittel einsetzen.
Auch Felix Schmidt als Vertreter des Umweltverbandes WWF lobte diesen Ansatz: „Der naturschutzfachliche Mindeststandard für Freiflächen-PV kommt. Die Regelung hebt Synergien bei der Bekämpfung der Klima- und Biodiversitätskrise.“
Allerdings kritisiert der WWF, dass Anlagenbetreiber nur drei und nicht alle fünf Kriterien verbindlich erfüllen müssen. Außerdem fordert der Verband, die Kriterien sollten ausdrücklich auch für ungeförderte PPA-Anlagen gelten.
Ausschreibungen für Anlagen bis 50 MW
Die Grenze, bis zu der PV-Anlagen über das EEG förderbar sind, will die Koalition nun von 20 auf 50 MW anheben. Zum Jahresende 2023 war die vorübergehende Regelung des Energiesicherungsgesetzes ausgelaufen. Nach dieser konnten etwas mehr als ein Jahr lang auch Anlagen bis 100 MW in die EEG-Ausschreibungen geschickt werden. Der BSW, der BDEW und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) zeigten sich in der Anhörung zum Solarpaket darüber erfreut, auch wenn sie lieber eine Grenze von 100 MW gesehen hätten.
Neue Ausnahme für Bürgerenergieprojekte
Spannend für Bürgerenergieprojekte ist eine überfällige, aber erst kurzfristig in die Gesetzesnovelle aufgenommene Ausnahme von der sogenannten Anlagenzusammenfassung. Bürgerenergiegesellschaften müssen eigentlich bis zur Leistung von 6 MW bei Photovoltaik und 18 MW bei Windparks nicht an Ausschreibungen teilnehmen, um ein Anrecht auf EEG-Förderung zu haben. Doch dieses Privileg wurde bislang ausgehebelt, wenn in zeitlicher oder räumlicher Nähe ein Projekt realisiert wurde, das nicht die Bürgerenergiekriterien erfüllte. Dann wurden nämlich die beiden benachbarten Anlagen zur Leistungsbestimmung nach § 24 EEG zusammengefasst.
Künftig soll es beispielsweise möglich sein, dass eine Bürgersolaranlage oder ein Bürgerwindrad in unmittelbarer Nähe eines konventionellen Projektes die Privilegien genießt. Und damit könnten solche Projekte vielleicht sogar von Synergien profitierten, weil sie gemeinsam mit anderen geplant und errichtet werden können.
Neuregelungen nur teilweise in Anhörung zum Solarpaket behandelt
Das Solarpaket in der jetzt geänderten Form enthält zahlreiche weitere Neuregelungen, die nur teilweise in der zweistündigen Anhörung behandelt werden konnten. Ohnehin sind aber große Veränderungen nicht mehr zu erwarten. Denn die Koalition will das Gesetz noch in dieser Woche von Bundestag beschließen lassen. Wohl nur aus formalen Gründen steht es unter Vorbehalt der Zustimmung der FDP-Fraktion.
Ein Beschluss des Solarpaketes erscheint nicht zuletzt aus Gründen des Europarechts notwendig. Denn am 21. Mai läuft nach der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien ein Stichtag ab. Bis dahin müssen alle Mitgliedsländer die sogenannten Beschleunigungsgebiete für Solar- und Windenergienutzung in ihre nationalen Gesetze überführen.
Dazu hat die Bundesregierung nun kurzerhand einen Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und einiger anderer Gesetze (über den die Solarthemen kürzlich ausführlich berichtet haben) in das Artikelgesetz zum Solarpaket mit aufgenommen.
Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH