Fahrzeugintegrierte Photovoltaik: Tüv Rheinland arbeitet an Messverfahren

Leicht gewölbtes PV-Modul auf Metallschienen, Messkabel - VIPV im TestFoto: Tüv Rheinland
Die Leistung eines gewölbten PV-Moduls praxistauglich zu messen, ist nicht so leicht.
Mit den Fortschritten in der Photovoltaik und der E-Mobilität gibt es auch öfter ins Fahrzeug integrierte PV-Module. Doch was bringen sie eigentlich? Internationale Prüflabore wollen dafür einen Messstandard entwickeln.

Laut Kraftfahrt-Bundesamt machten Elektrofahrzeuge rund ein Fünftel der im vergangenen Jahr in Deutschland neuzugelassenen Pkw aus. Zugleich eröffnen neue PV-Technologien Möglichkeiten, Module direkt in Fahrzeuge zu integrieren. Opes Solar Solution will zum Beispiel in Sachsen spezielle PV-Module für Fahrzeuge fertigen. Doch welche Energieausbeute diese bringen, ist bisher kaum vergleichbar. Im Gegensatz zu Standard-Solarmodulen gibt es für die fahrzeugintegrierte Photovoltaik nämlich weder internationalen Normen noch einheitliche Messroutinen.

Im Rahmen eines internationalen Verbundes testet Tüv Rheinland aktuell dachintegrierte Photovoltaik-Module in Fahrzeugen, sogenannte „Vehicle integrated PV“ (VIPV). Dabei wollen die Prüforganisationen herausfinden, inwiefern sich die verfügbaren internationalen Messstandards auf diese Technologie anwenden lassen. Insbesondere geht es darum, die Energiemenge zu bewerten, die solche Geräte im realen Einsatz in Fahrzeugen erzeugen können.

Tüv Rheinland sieht hohes Potenzial für fahrzeugintegrierte Photovoltaik

Ziel ist es, neue internationale Normen zu entwickeln. Diese sollen der Industrie und den Prüflaboren als Richtlinie für zuverlässige Messungen dienen. So sollen sie gewährleisten, dass sich die Geräte fair vergleichen lassen. Der Tüv Rheinland sieht eine erfolgreiche Prüfung als Schritt zu nachhaltigeren und effizienteren Fahrzeugen, die weniger abhängig von herkömmlichen Kraftstoffquellen sind. „Die Integration von Photovoltaik-Modulen auf Dächern von Fahrzeugen ist möglich und funktioniert“, sagt Giorgio Bardizza, F&E Global Manager im Bereich Solar beim Tüv Rheinland.

Jenseits der für Solarrennen entwickelten Leichtfahrzeuge gibt es bisher noch keine Autos, die allein mit an Bord gewonnenem Solarstrom fahren. Das Solarauto Sion schaffte es nicht auf den Markt. Doch um die Reichweite zu erhöhen oder Bordstrom zu liefern, ist fahrzeugintegrierte Photovoltaik schon im Einsatz. Vor allem bei größeren Fahrzeugen könnten freie Flächen für die zusätzliche Energiegewinnung genutzt werden, wie in diesem Forschungsprojekt. Das Potenzial der neuen Technologie sei enorm, so Bardizza.

Sonnensimulatoren tun sich mit runden Autodächern schwer

Eine besondere Herausforderung sei allerdings die abgerundete Form von Autodächern. Das gelte vor allem, wenn es um die Bewertung der Leistung unter Indoor-Solarsimulatoren gehe. Solarmodule auf Fahrzeugdächern können keine ebene Oberfläche haben. Ihre Form variiere zudem meist mit Fahrzeugtyp und -modell. „Daher ist die Auswahl der Prüfebene nicht trivial und in den derzeit verfügbaren Vorschriften nicht definiert. Dies ist einer der Aspekte, die die Vergleichbarkeit der Messungen beeinträchtigen und die derzeit untersucht werden“, so Bardizza.

Die japanische Universität Miyazaki initiierte 2022 das Forschungsprojekt, an dem weltweit zahlreiche Prüflabore beteiligt sind. Der Tüv Rheinland ist mit einem Labor in Köln und einem weiteren in Shanghai vertreten. Er vermisst unter anderem Prototypen, die von Toyota in Zusammenarbeit mit Panasonic entwickelt wurden.

Standards für VIPV womöglich schon 2025

Wie immer haben neue Normen auch in diesem Fall einen langen Vorlauf. Im Jahr 2018 kam der Technische Ausschuss 82 der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) zu dem Schluss, dass ein Standard für Design und Leistung von PV in Automobilanwendungen nötig würde. Die Universität Miyazaki in Japan gründete daraufhin das Projektteam PT600. Zu diesem gehören heute zahlreiche Prüflabore auf der ganzen Welt, darunter die Labore des Tüv Rheinland in Köln und Shanghai. Das Projektteam arbeitet zurzeit an zwei Studien. Sie sollen die Wirkung der Sonneneinstrahlung in der Umgebung von Fahrzeugen sowie die Modellierung ihrer Verteilung auf VIPV untersuchen.

Kürzlich haben die verschiedenen Labore erstmals ihre nach dem gemeinsamen Verfahren an den Toyota-Prototypen gemessenen Werte verglichen. Die Tests der aktuellen Phase laufen beim Tüv Rheinland noch bis Mitte 2024. Im Herbst sollen dann weitere Ergebnisse vorliegen.

Die Prüfergebnisse sind die Grundlage, auf der die International Electrotechnical Commission (IEC) neue internationale Normen entwickelt. In der Pressemitteilung ist von 2025 als Zieljahr für neue Standarddokumente für VIPV die Rede. Auch die Fahrzeughersteller erhalten die Messdaten und können so ihre Produkte weiterentwickeln.

Die neuen Erkenntnisse könnten in Form von Aktualisierungen in mehrere bestehende Normen einfließen. Genannt sind die IEC-Normen IEC60904-9 (Klassifizierung der Eigenschaften von Sonnensimulatoren), IEC60904-1 (Messung der Strom-Spannungs-Kennlinien von Photovoltaikanlagen) und IEC60891-2 (Verfahren zur Korrektur der gemessenen I-U-Kennlinien hinsichtlich Temperatur und Bestrahlungsstärke) in Zukunft aktualisiert werden. Auch die Internationale Organisation für Normung (ISO) erwäge, Umwelt- und mechanischen Tests in ihre Norm ISO16750 aufzunehmen.

Quelle: Tüv Rheinland | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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