Biodiversität im Solarpark fördern

Blühende Wiese - offenbar mit hoher Biodiversität - in einem Solarpark aus Froschperspektive fotografiertFoto: BNE/ J. Kramer, fokusnatur
Gegenüber intensivlandwirtschaftlich genutzten Flächen sind Solarparks fast automatisch ein Gewinn an Biodiversität, aber das lässt sich noch wesentlich verbessern und die Kommunen haben mit dem Bebauungsplan den Hebel dafür in der Hand.
Viele Kommunen, vor allem im ländlichen Raum, sehen sich zunehmend mit Anfragen von Projektierern konfrontiert, die Freiflächen-Photovoltaikanlagen errichten wollen. Wie können Kommunen den Planungsprozess so steuern, dass nicht nur für den Klima- sondern auch für den Naturschutz ein Gewinn entsteht.

Über 80 Gigawatt an Photovoltaik-Freiflächenanlagen sollen nach den Zielen der Bundesregierung bis zum Ende des Jahrzehnts in Deutschland auf landwirtschaftlich genutzten Flächen instal­liert worden sein; bis 2040 sollen noch mal ungefähr 100 Gigawatt hinzukommen. An die 200.000 Hektar Solarparks könnten also mittelfristig auf bis­lang landwirtschaftlich genutz­ten Flä­chen entstehen. Die Zeiten, da Solar­parks hauptsächlich entlang von Autobahnen, Schienenwegen und auf Konver­sions­flächen entstanden, sind längst vorbei. Beim Solarausbau zählen inzwischen Tempo und Kosten.

Bereits jetzt hat etwa die Hälfte der Bundesländer die Länderöffnungsklau­sel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) genutzt, wonach Solarparks in den sogenannten benachteiligten Gebieten auch auf Äckern und Wiesen die staatlich finanzierte EEG-Umlage erhalten können. Künftig will die Bundesregierung diese Gebiete in allen Bundesländern für EEG-Freiflächenanlagen öffnen, sofern das jeweilige Land nicht ausdrücklich widerspricht. So sieht es die als „Solarpa­ket“ bezeichnete Gesetzesnovelle der Bundesregierung vor, die noch vom Parlament beschlossen werden muss. Grund­sätzlich per Verordnung verhin­dern können soll ein Land dies nur noch in Landschaftsschutzgebieten und Naturparks. Auf anderen Flächen der benachteiligten Gebiete können Länder nur einen Riegel vorschieben, sofern bereits 1 Prozent ihrer landwirtschaftli­chen Fläche (ab 3031: 1,5 Prozent) für Photovoltaik genutzt wird.

PPA-Anlagen ohne EEG

Allerdings spielt bei den ganz großen Freiflächenanlagen, wie sie vor allem in den ostdeutschen Bundesländern ent­ste­­hen, die Flächenkulisse des EEG ohnehin keine entscheidende Rolle mehr. Die Projektierer stellen sich darauf ein, den Solarstrom jenseits des EEG über feste Lieferverträge (PPA) an Stromhändler, indu­strielle Verbraucher oder Stromver­sor­ger zu verkaufen. Im Einzelfall entscheiden hier die Länder im Rahmen ihrer Raumordnung, ob über sogenannte Zielabweichungsverfahren Ackerland zu Solar­parks umgewandelt werden darf. Man­che Länder haben dafür geordnete Verfahren entwickelt wie etwa Mecklenburg-Vorpommern. Das Land will vorerst 5.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche für Freiflächen-PV umwidmen.
Um den Freibrief vom Land zu erhalten, müssen PV-Projekte möglichst viele Kriterien erfüllen, die die Genehmigungsbehörde des Landes nach einem Punktekatalog bewertet. Darin finden sich Aspekte wie Bodenqualität und Bürgerbeteiligung; aber auch besondere Bemühungen zugunsten des Naturschut­zes sollen gutiert werden.

Kommune verfügt über gute Hebel

Das alles ändert allerdings nichts daran, dass der entscheidende Hebel für den Bau eines Solarkraftwerks bei der Kommune liegt, auf deren Gebiet die Anlage entstehen soll. Denn die Städte und Gemeinden sind für die Bauleitplanung zu­ständig; ohne vorhabenbezogenen Bebauungsplan kann normalerweise keine Photovoltaikanlage entstehen. Nur auf relativ wenigen Flächen entlang von Autobahnen und Schienenwegen so­wie auf Konversions­flä­chen sind PV-Anlagen nach dem Baugesetzbuch privilegiert und dürfen dort ohne Bebauungsplan entstehen. Seit dem vergangenen Jahr gilt das auch für bis zu 2,5 Hektar große Agri-Photovoltaikanlagen in Verbindung mit landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden.

Titelbild ENergiekommune 4/24

Aber für die allermeisten Anlagen werden Kommunen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufstellen. Darin können sie vor allem unter städtebaulichen Aspekten nach § 9 des Baugesetzbuches allerlei Vorgaben ma­chen. Beispielsweise können sie zur Begrünung eine Hecke fordern, um den Blick auf die Modulreihen und den hässlichen Zaun zu versperren. Der wird von den Anlagenbetreibern als obligato­risch angesehen, um keinen Ärger mit ihrer Versicherung zu riskieren. Aus Naturschutzgründen werden für den Zaun zumeist 20 Zentimeter Abstand zum Boden vorgesehen, sodass kleine Wildtiere das PV-Areal ungehindert betreten und verlassen können.

Biodiversität Thema des Bebauungsplans

Besondere Bedingungen für den Natur­schutz dürfen Kommunen nach § 6 EEG vertraglich einfordern, wenn sie sich mit den Anlagenbetrei­bern auf eine freiwillige Beteiligung an den Erlösen einigen. Der elegantere Weg führt aber zumeist über den Bebauungsplan. Sofern nicht schon die von den Projek­tierern beauftragten Umweltgutachter solche Vorschläge machen, weisen oft die Unteren Naturschutzbehörden als Träger öffentlicher Belange im Bauleitverfahren darauf hin. Die Entscheidung ist allerdings Sache des Kommunalparlaments, das den Bebauungsplan beschließt.

„Biodiversität lässt sich zu einem gewissen Teil durch die Bauart des Solarparks beeinflussen. Vor allem stellt sie sich aber durch die richtige Art der Bewirtschaftung ein“, erklärt Bernhard Strohmayer vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE). Der Verband vertritt zahlreiche Unterneh­men, die Solarparks projektieren, bauen und betreiben. 2020 untersuchte er erstmals systematisch die Biodiversitätsentwicklung in verschiede­nen PV-Freiflächenanla­gen. Der Naturschutz ist seitdem ein Aspekt der Selbstverpflichtung zur „Guten Planung“, die etliche BNE-Mitgliedsunternehmen unterschrieben haben.

Bewirtschaftung nach Standort

Die Bewirtschaftungsweise sollte eben­so dem Standort angepasst wer­den wie eine ortstypische Blühsamenmischung für die Einsaat, erklärt Strohmayer. Dazu gehört der richtige Zeitpunkt für die Maht oder eine Beweidung durch Schafe. Auf Flächen, die der Intensivlandwirtschaft für die Standzeit des Solarparks entzogen werden, könnten die naturschutzfachlichen Ziele und die daraus resultieren­den Bewirtschaftungskonzepte aber durchaus von Standort zu Standort sehr unterschiedlich sein, erklärt Strohma­yer: „Zumeist soll das Mähgut abtransportiert werden, damit dem intensiv bewirtschafteten Boden Nährstoffe entzogen werden, sodass sich Artenvielfalt einstellen kann. In anderen Fällen wird aber Humusaufbau angestrebt.“ Dann bleibe das Mähgut vor Ort und werde zum Mulchen verwendet. Auch solche Details können in Bebauungsplänen festge­legt werden.

Artenvielfalt = Biodiversität durch Ausgleich

Für die Kommune ist ihre städtebau­liche Zuständigkeit die eine Möglichkeit, auf die ökologische Gestaltung Einfluss zu nehmen. Ein anderer Hebel sind die sogenannten Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, die ebenfalls im Bebauungsplan festgeschrieben werden. Es ist dabei Verhandlungssache zwi­schen Projektierer, Kommune und den Unteren Naturschutzbehörden, ob und in welchem Maße Kompensationsmöglichkeiten direkt auf der Fläche vorgenommen werden können. Allein schon ein etwas größerer Ab­stand zwischen den Modulreihen im Solarpark hat sich als positiv für die Biodiversität herausgestellt.

Aktuell hat der BNE mit Unterstützung seiner Mitgliedsfirmen eine grö­ßere Untersuchung in mehr als 30 bestehenden Solarparks in Auftrag gegeben. Sie soll zeigen, ob und unter wel­chen Umständen Biodiversität vor allem bei Pflanzen, Vögeln, Reptilien und Insekten schon jetzt in beste­hen­den Solarparks gewachsen ist und wie sich besonders günstige Bedingungen dafür schaffen lassen.

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

Titelbild ENergiekommune 4/24

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