Bundesnetzagentur legt Festlegungsentwurf zur Verteilung von Mehrkosten durch EE-Strom vor

Im Bild eine Hand mit Geldscheinen vor Windenergieanlage als Symbol für dem Festlegungsentwurf zur Verteilung von Mehrkosten durch EE-Strom der Bundesnetzagentur.Foto: gottsfam / stock.adobe.com
Die Netzentgelte sind in Regionen mit viel erneuerbarer Energie deutlich höher als in anderen Regionen Deutschlands. Daher sollen die Stromkund:innnen in diesen Regionen entlastet werden.

Die Bundesnetzagentur hat den Entwurf einer Festlegung zur Verteilung der Mehrkosten veröffentlicht, die in Verteilernetzen mit besonders viel erneuerbarer Stromerzeugung entstehen. „Wir wollen faire Netzentgelte für die Menschen und Unternehmen, die in Regionen mit einem starken Ausbau der Erneuerbaren leben beziehungsweise wirtschaften. Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und Investitionen in die Netze kommen allen zugute. Unser Ziel ist es, eine gerechtere Verteilung der Kosten erreichen“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung zu entlasten und alle Stromverbraucher fairer an den Kosten zu beteiligen. Im Dezember 2023 hatte die Bundesnetzagentur das Modell in einem Eckpunktepapier vorgestellt. Im Rahmen einer ersten Konsultation sind 102 Stellungnahmen zu den Eckpunkten eingegangen. Die Bundesnetzagentur hat sämtliche Stellungnahmen ausgewertet und das Modell auf dieser Grundlage weiterentwickelt. Das Ergebnis ist der nun veröffentlichte Festlegungsentwurf.

Festlegungsentwurf zur Verteilung von Mehrkosten sieht gestuftes Modell vor

Die Bundesnetzagentur sieht weiterhin ein gestuftes Modell vor. Der erste Schritt ist die Ermittlung, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren betroffen ist. Hierzu legt die Bundesnetzagentur eine Kennzahl fest. Diese setzt die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung ins Verhältnis zur Verbrauchlast im Netzgebiet. Neu gegenüber den ersten Eckpunkten ist, dass man nun auch die Rückspeisung aus nachgelagerten Netzen dritter Netzbetreiber in die Ermittlung der Kennzahl einbeziehen will. Das erhöht die individuellen Kennzahlen.

Wenn diese Kennzahl eines Netzbetreibers den festzulegenden Schwellenwert von 2 überschreitet, will man die in einem zweiten Schritt ermittelte Mehrbelastung bundesweit verteilen. Dabei hat die Bundesnetzagentur jetzt einen Korrekturfaktor von 10 % eingezogen, um eventuell verbleibende andere Faktoren zu erfassen. Es können also 90 Prozent der ermittelten Mehrkosten weitergegeben werden. In den betroffenen Regionen sinken die Netzentgelte.

Aktuell 26 Netzbetreiber zur Weitergabe von Mehrkosten berechtigt

Aktuell wären 26 Netzbetreiber in Zuständigkeit der Bundesnetzagentur berechtigt, ihre Mehrkosten weiterzugeben. Bei den betroffenen Netzbetreibern würden die Netzentgelte um bis zu 39 Prozent sinken. Sie lägen damit meist unter und nur zum Teil noch leicht über dem Bundesdurchschnitt. Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 kWh/Jahr in den begünstigten Netzgebieten spart dadurch bis zu 200 Euro im Jahr.

Die entlasteten Netzbetreiber erhalten in einem dritten Schritt einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Die Kosten hierfür will man über alle Stromverbraucher bundesweit gleichmäßig verteilen. Konkret beabsichtigt die Bundesnetzagentur, den Mechanismus nach § 19 StromNEV zu nutzen. Dieser bewirkt schon heute einen Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern. Die „§ 19-Umlage“ ist Bestandteil des Strompreises. Sie dient derzeit dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die entstehen, weil bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen.

Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber. Der Aufschlag auf das Netzentgelt hätte in 2024 statt 0,403 ct/kWh 1,008 ct/kWh betragen. Dies bedeutet für einen durchschnittlichen Haushalt (3.500 kWh/a) zusätzliche Kosten von etwa 21 Euro pro Jahr. Zahlen für 2025 kann die Bundesnetzagentur noch nicht nennen.

Großverbraucher profitieren weiterhin von einer Reduzierung der Umlage nach § 19 StromNEV, die unverändert erhalten bleibt. Demnach beträgt die Mehrbelastung für Industrie und sonstige Großverbraucher durch den Mechanismus nach § 19 Abs. 2 StromNEV maximal etwa 6.050 Euro im Jahr.

Hintergrund zum Festlegungsentwurf zur Verteilung von Mehrkosten

Die Netzbetreiber bauen Stromverteilernetze für die Aufnahme und den Weitertransport des regional erzeugten erneuerbaren Stroms aus und digitalisieren dieses. Dies verursacht zusätzliche Kosten. Die Kosten treten bundesweit in unterschiedlichem Maße auf. Grund dafür ist, dass Windenergie vorwiegend im Norden und großflächige Freiflächen-Photovoltaik in überwiegend ländlichen Regionen entstehen.

Alle Netzkosten refinanziert man über die Netzentgelte durch die Stromkunden. Hierbei tragen die Kunden in den Netzregionen, die die Bundesnetzagentur jetzt entlastet will, derzeit alle Kosten für die Integration der erneuerbaren Stromerzeugung. Damit verteilen sich die Kosten aktuell nicht gleichmäßig auf alle Netznutzer. In weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands sind die Netzentgelte – als Bestandteil der Stromkosten – merklich höher als in anderen Regionen Deutschlands. In einigen Netzgebieten betragen die Netzentgelte bis zu rund 15 ct/kWh, während es Regionen gibt, in denen diese unter 5 ct/kWh betragen. Auch innerhalb einiger Bundesländer wie zum Beispiel Bayerns und Baden-Württembergs unterscheiden sich die Netzentgelte deutlich.

Diese Entwicklung hat nach Ansicht der Bundesnetzagentur über die Jahre eine nicht weiter hinnehmbare Dimension angenommen. Sie würde sich mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren verschärfen. Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts im Dezember 2023 hat die Bundesnetzagentur die Kompetenz erhalten, entsprechende Entscheidungen zu den Netzkosten zu treffen.

Zweite Konsultation bis Mitte Juni

Mit der Veröffentlichung vom Festlegungsentwurf zur Verteilung von Mehrkosten durch EE-Strom beginnt eine zweite Konsultationsphase. Diese zweite Konsultation ist die Vorbereitung für die endgültige Entscheidung im Spätsommer 2024. Die Bundesnetzagentur beabsichtigt, im dritten Quartal 2024 die Festlegung zu erlassen. Die Entlastung soll dann zum 1.1.2025 wirken.

Das Eckpunktepapier und der Festlegungsentwurf zur Verteilung von Mehrkosten sind unter diesem Link zu finden. Die Bundesnetzagentur nimmt in dieser zweiten Konsultation Stellungnahmen bis zum 14. Juni 2024 entgegen.

Darüber hinaus wird die Bundesnetzagentur im Zuge der Konsultation ein offenes Webinar für alle interessierten Kreise anbieten, um sowohl das konzipierte Modell und die Abwicklung als auch Neuerungen gegenüber dem im Eckpunktepapier vorgestellten Modell näher zu erläutern. Dieses Webinar wird ausschließlich online am Freitag, den 24 Mai 2024 von 10:30 bis 12 Uhr stattfinden. Der Link zur Teilnahme am Webinar wird einige Tage vorher auf der Webseite zur Verfügung gestellt. Eine Aufzeichnung des Termins wird im Anschluss ebenfalls veröffentlicht.

Quelle: Bundesnetzagentur | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen