BMWK setzt Zertifizierungspaket für Beschleunigung von Netzanschlüssen um
Nachdem das Solarpaket I bereits in Kraft getreten ist, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit der Verkündung dreier Verordnungen am 16. Mai 2024 im Bundesgesetzblatt nun auch die Umsetzung vom Zertifizierungspaket abgeschlossen. Dabei geht es um modernisierte und weiterentwickelte technische Anforderungen an Stromerzeugungsanlagen und Stromspeicher mit dem Ziel, deren Netzanschluss zu beschleunigen und zu vereinfachen. Von den Änderungen werden insbesondere Photovoltaik-Dachanlagen sowohl auf gewerblichen als auch auf privat genutzten Immobilien profitieren.
Bei den drei Verordnungen des Pakets, die am 17.05.2024 in Kraft treten, handelt es sich um zwei Verordnungen, die die Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) ändern, sowie eine weitere Verordnung, welche die NELEV ergänzt: die Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung (EAAV). Zu dem Paket gehören neben den Verordnungen noch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) im Rahmen der EnWG-Novelle 2023 und des Solarpakets I.
Das Zertifizierungspaket ist ein umfangreiches Gesamtpaket zur Weiterentwicklung des Zertifizierungsverfahrens, das BMWK und Bundesnetzagentur unter enger Beteiligung der Branche erarbeitet haben, um eine praxistaugliche Lösung zu sichern.
Im Ergebnis will man das bisherige das Nachweisverfahren (Zertifizierungsverfahren) der technischen Mindestanforderungen an Stromerzeugungsanlagen und -speicher massentauglich modernisieren. Sind diese Anforderungen erfüllt, erhalten die Anlagen ein Zertifikat und man kann sie an das Stromnetz anschließen. Somit soll das Zertifizierungspaket den Anschluss an das Stromnetz beschleunigen. Gleichzeitig werden Systemsicherheitsaspekte berücksichtigt, sodass das bisherige hohe Sicherheitsniveau der Stromversorgung auch zukünftig gewährleistet ist. Durch die Einführung eines über das Internet zugänglichen, verpflichtenden Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate will das BMWK zudem die Grundlage für digitale Prozesse im Netzanschlussverfahren legen.
Kernpunkte vom Zertifizierungspaket des BMWK
Ausweitung der bisherigen Ausnahme von der Zertifizierungspflicht
Ein zentraler Punkt ist die erhebliche Ausweitung einer bisher in der NELEV vorgesehenen Ausnahme von der Zertifizierungspflicht. Diese galt bislang nur für Anlagen mit Anschluss an ein öffentliches Niederspannungsnetz. Sie soll zukünftig unabhängig von der Spannungsebene für alle Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von bis zu 500 Kilowatt und Einspeiseleistung von 270 Kilowatt gelten, die eine maximale Gesamtleistung von bis zu 500 Kilowatt und eine maximale Einspeiseleistung von 270 Kilowatt aufweisen. Dadurch bedarf es keiner Anlagenzertifikate mehr für diese Anlagen. Ausreichend ist vielmehr ein vereinfachter Nachweis, den man im Wesentlichen über Einheiten- und Komponentenzertifikate der Hersteller erbringen kann.
Um die Anwendung dieser Ausnahmeerweiterung möglichst schnell zu ermöglichen, aber gleichzeitig die Systemsicherheit des Stromnetzes zu wahren, wird das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE-FNN) zeitnah die Technischen Anschlussregeln (TAR) überarbeiten. In der Übergangsphase bis zum Abschluss der Anpassung der TAR will man einige wenige zusätzliche materielle technische Anforderungen in vereinfachter Form in der genannten EAAV regeln.
Schaffung eines Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate
Die zweite zentrale Säule des Regelungspakets ist die Schaffung eines verpflichtenden digitalen Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate sämtlicher Spannungsebenen. Die Einrichtung eines solchen Registers hat die Energiebranche schon länger gefordert. Das Register in Form einer über das Internet zugänglichen Datenbank dient als Grundlage für die Digitalisierung und Marktüberwachung. Dadurch will das BMWK den Netzanschlussprozess für die Anlagenbetreiber und Netzbetreiber vereinfachen. Gleichzeitig will es mehr Verbindlichkeit bei der Einhaltung der technischen Anforderungen erreichen.
Das Register funktioniert so, dass Hersteller von zertifizierungspflichtigen Einheiten oder Komponenten die Zertifikate nach Erstellung an das Register übermitteln müssen. Der Betreiber des Registers soll in dem Register den aktuellen Status eines jeden Zertifikates, speziell dessen Gültigkeit, anführen. Der Netzbetreiber kann sich dann im Rahmen des Netzanschlussprozesses auf den in dem Register angegebenen Status verlassen. Er muss auch keine eigenständige Prüfung der Zertifikate mehr vornehmen. Zukünftig müssen die Anlagenbetreiber dem Verteilnetzbetreiber nur noch die Zertifikatnummer des in ihrer Anlage verbauten Wechselrichters nennen. Der Netzbetreiber kann automatisiert alle notwendigen Daten aus dem neuen zentralen und digitalen Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate beziehen. Für den Anlagenbetreiber entfällt damit ein erheblicher bürokratischer Aufwand.
Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel, denn bisher muss man die erforderlichen Nachweise zwischen Anlagenbetreibern, Zertifizierungsstellen und Netzbetreibern mühsam in Papierform oder in Gestalt von E-Mail-Anhängen austauschen sowie anschließend in parallelen, nicht miteinander interagierenden Datenbanken der Netzbetreiber erfassen. Im Vergleich zum Status quo ist das neue Verfahren laut BMWK deshalb nicht nur schneller, sondern insbesondere leichter verständlich, digitaler und dadurch massentauglicher. Wesentlichen Regelungen zu dem neuen Register sind im Solarpaket I enthalten. Sie werden durch Regelungen in der NELEV konkretisiert.
Das BMWK plant, Errichtung und Betrieb des Registers auf eine fachlich qualifizierte Stelle zu übertragen.
Quelle: BMWK | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH