Biokraftstoff-Industrie drängt auf stärkeres Vorgehen gegen falsche THG-Zertifikate

Kanister vor Rapsfeld, in dem einige Rapszweige stecken.Foto: Foto_tech / stock.adobe.com
Auch umstritten, aber immerhin echt: Biokraftstoff aus Rapsöl (Symbolbild).
Mit sogenannten Upstream-Emissionsminderungen (UER) bei der Kraftstoffherstellung können Mineralölkonzerne ihre Quoten zur Treibhausgasreduktion erfüllen. Schummeln ist leicht. Eine Gesetzesänderung soll das Problem abstellen, doch laut der Biokraftstoff-Industrie geht sie nicht weit genug.

Am gestrigen Mittwoch hat das Bundeskabinett einen Verordnungsentwurf beschlossen, der das Geschäft mit den gefälschten THG-Zertifikaten stoppen soll. Die Emissionsminderungen bei der Förderung von fossilem Erdöl (UER) sollen nur noch bis Ende 2024 auf die deutsche THG-Quote angerechnet werden dürfen. Ohnehin sind die sogenannten Emissionsminderungen fraglich. So zählt es laut dem Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie bereits als Klimaschutz-Maßnahme, das bei der Erdölförderung anfallende Methan abzufackeln, statt es einfach in die Atmosphäre zu entlassen. Diese „Klimaschutzmaßnahmen“ dürfen auch in Drittländern stattfinden, zum Beispiel in China. Recherchen des ZDF zufolge waren darüber hinaus viele Zertifikate schlicht gefälscht. Es geht um einen mutmaßlichen milliardenschweren Betrug.

Falsche THG-Zertifikate drückten Preise der echten

Mit der THG-Quote werden auch Biokraftstoffe, E-Fuels und E-Mobilität gefördert. Auch beim sogenannten fortschrittlichen Biodiesel soll es gefälschte Zertifikate gegeben haben, so der VDB. Die Quote schreibt den Mineralölunternehmen die Minderung des Treibhausgasausstoßes ihrer Kraftstoffe um einen bestimmten Prozentsatz vor, der aktuell bei 9,25 Prozent liegt. Referenzwert ist der CO2-Ausstoß von fossilem Benzin und Diesel. Die verpflichteten Unternehmen können Treibhausgasminderungen mittels Zertifikaten untereinander handeln.

Der VDB spricht von einer Flut mutmaßlich gefälschter Zertifikate. Diese hätten den Preis pro Zertifikat von über 400 Euro zur Jahresmitte 2022 auf derzeit etwa 120 Euro gedrückt. „Die Wirtschaftlichkeit der deutschen Biokraftstoffproduktion ist durch betrügerische Importe stark gefährdet“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB.

Biokraftstoff-Verbände: Rückwirkende Aberkennung der gefälschten Zertifikate wäre nötig

Es gehe allerdings nicht nur um die Biokraftstoffbranche. „Die deutsche Industrie muss sich darauf verlassen können, dass schwarze Schafe zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es um die Zertifizierung von Klimaschutz geht. Das betrifft neben den Biokraftstoffproduzenten zum Beispiel die Zement- und Stahlindustrie. Bundesregierung und Verwaltung müssen robust gegen kriminelle Machenschaften vorgehen und die hiesigen Unternehmen schützen, die regelkonform arbeiten“, sagte Baumann.

An anderer Stelle nimmt es das zuständige Umweltbundesamt hingegen genau. Um Zertifikate für das Laden mit Solarstrom zu erhalten und auf die THG-Quote anrechnen zu dürfen, ist zum Beispiel eine Lastgang-Messung mit einem RLM-Zähler nötig.

Mit der Anerkennung der UER-Zertifikate soll erst zum Jahresende 2024 Schluss sein. Die Regierung begründet das damit, dass die Unternehmen bereits Verträge für den Kauf der Zertifikate geschlossen hätten. Den Branchenverbänden der Biokraftstoffe geht das nicht weit genug. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, nennt den Entwurf „völlig unzureichend“ in Bezug auf die gefälschten Nachweise. Sowohl das Hauptstadtbüro Bioenergie als auch der VDB drängen auf eine rückwirkende Aberkennung der gefälschten Zertifikate.

Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts werde der Spuk für die Zukunft beendet, so Rostek. „7,6 Millionen Tonnen nicht erbrachter Klimaschutz werden aber einfach mit einem Achselzucken abgetan. Die Mineralölwirtschaft hat exorbitante Gewinne aus Luftnummern geschöpft und bleibt sanktionslos; für das laufende Quotenjahr können sogar weiterhin offenkundige Fälschungen angerechnet werden“, kritisiert sie.

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) weist zudem auf Probleme mit den sogenannten fortschrittlichen Biokraftstoffen hin. Dabei werde häufig falsch deklariertes Palmöl eingesetzt. „Wir fordern die deutschen Behörden dazu auf, dort durchzugreifen, wo ihnen der Gesetzgeber die Kontrolle übertragen hat und sie Kenntnis von Missständen haben“, so Baumann.

Quelle: VDB, Hauptstadtbüro Bioenergie | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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