LEE NRW: Keine Energiewende ohne Wasserkraft

Im Bild ein Wasserkraftwerk, Wasserkraft fehlt in der neuen NRW-Wasserstrategie.Foto: Markus / stock.adobe.com
Das am effizientesten und schnellsten nutzbare Potenzial der Wasserkraft liegt im Repowering bestehender Standorte.
Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) vermisst in dem Eckpunktepapier zur neuen NRW-Wasserstrategie ein klares Bekenntnis zum weiteren Wasserkraftausbau.

Die durch den Klimawandel verursachten verheerenden Dürren und katastrophalen Starkregenereignisse nehmen spürbar zu. Deshalb hat die Bundesregierung im Frühjahr ihre Nationale Wasserstrategie vorgestellt. Im Fokus stehen zahlreiche Maßnahmen zur Renaturierung, Stadtplanung, Hochwasserschutz oder zur Optimierung bestehender Wassernetze und Pumpwerke. All das soll helfen, damit es in Zukunft weiterhin genügend Trinkwasser in Deutschland gibt. Auch die Landesregierung arbeitet derzeit an einer Wasserstrategie mit dem Titel „H2O – NRW“. Für die anstehende Auftaktveranstaltung hat das Landesumweltministerium ein Eckpunktepapier mit insgesamt 17 Zielen veröffentlicht. Ziel 12 trägt dabei die Überschrift: „Keine Energiewende ohne Wasser! Nachhaltige und ökologische Wasserverwendung“.

„Diese plakative Formulierung verspricht deutlich mehr als die ins Auge gefassten Maßnahmen“, sagt Jakob Schmid, Wasserkraft-Experte beim Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), das vorliegende Energie-Kapitel. Für Schmid sind Ankündigungen für eine verstärkte Wärmenutzung aus Abwässern oder eine Steigerung der Eigenstromnutzung bei der Abwasserbeseitigung „längst bekannte und ausgereifte Energietechnologien, die noch viel zu wenig genutzt werden.“

Dass sich in dem Energie-Kapitel jedoch keine einzige Zeile explizit zum Ausbau der Wasserenergie für die Stromerzeugung findet, nennt der LEE NRW-Fachmann, „ein großes Versäumnis der Landesregierung, dem seit Jahren stagnierenden Wasserkraftausbau neue Impulse zu verschaffen. Dass eine Strategie zur Wasserwirtschaft in NRW die Wasserkraft mit keinem Wort berücksichtigt, ist darüber hinaus schlicht fahrlässig und schwer nachzuvollziehen.“ Im zurückliegenden Jahrzehnt sind landesweit nur wenige Wasserkraftanlagen mit weniger als 10 Megawatt Leistung neu in Betrieb gegangen.

Vorteile der Wasserkraft

Die Vorteile der Wasserkraft, ihre stetige und gut planbare Verfügbarkeit bei dezentralen Projekten mit hoher Netzverträglichkeit, liegen nach wie vor auf der Hand. Wasserkraftanlagen sind außerdem heute nachhaltig und fischfreundlich, sie genießen vor Ort hohe Akzeptanz. „Wenn ein regenerativer Energieträger für die Stromerzeugung im öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient sowie als „vorrangiger Belang“ bei allen Abwägungen zu beachten ist, wie es das Erneuerbare-Energien-Gesetz für alle erneuerbaren Energien festlegt – dann die Wasserkraft. Und zwar unabhängig davon, wie groß ihr Beitrag zur Energiewende ist. Wir brauchen alle Erneuerbaren, wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zum Klimaschutz im Frühjahr 2021 festgestellt hat“, sagt Schmid.

Diese Neubewertung der Wasserkraft ist bei den Genehmigungsbehörden im Land nach wie vor nicht angekommen, bedauert der LEE NRW. „Die gesetzliche Bearbeitungsfrist für die Genehmigung beträgt abhängig von der Anlagengröße zwischen ein und zwei Jahren. Es ist aber ein Unding, dass potenzielle Investoren in NRW immer noch ein Jahrzehnt und länger auf die behördliche Zustimmung warten“, stellt Jakob Schmid fest.

Klare Weisungen an Wasserbehörden gefordert

Der LEE NRW erwartet deshalb von der Landesregierung endlich klare Weisungen an die Wasserbehörden zu erteilen und die vorhandenen Potenziale für die Wasserkraftnutzung anzupacken. Von diesen Potenzialen gibt es reichlich im Land – und zwar:

Das am effizientesten und schnellsten nutzbare Potenzial liegt in der Modernisierung beziehungsweise im Repowering bestehender Standorte. Durch einfache Maßnahmen (beispielsweise Austausch von Getriebe oder Generator, Einbau einer intelligenten Steuerungstechnik) können die Stromerträge bestehender Anlagen kurzfristig durchschnittlich um 20 bis 25 Prozent gesteigert werden.

Ein weiteres Potenzial liegt im Neubau von Anlagen an bereits bestehenden Staustufen in den Gewässern; landesweit gibt es über 13.000 Querbauwerke. Mit den bestehenden rund 480 Anlagen wird nur an knapp vier Prozent der Querverbauungen in den NRW-Gewässern die Wasserkraft genutzt.

Zusätzliche Potenziale für die Wasserkraft bestehen an den Talsperren. In NRW gibt es insgesamt 81 Talsperren, im bundesweiten Vergleich ist das der Spitzenwert. Derzeit wird die Wasserkraft an knapp 40 dieser Talsperren genutzt. Im Koalitionsvertrag der beiden Regierungsparteien heißt es: „Unser Ziel ist es, an möglichst allen bestehenden Talsperren die Kraft des Wassers für die Energieversorgung nutzbar zu machen.“ Bislang ist es bei dieser Ankündigung geblieben.

Klare Ausbauziele für Wasserkraft in NRW nötig

Umso wichtiger ist es aus Sicht des LEE NRW, dass die neue Wasserstrategie nicht nur ein klares Bekenntnis zum weiteren Wasserkraftausbau, sondern auch klare Ausbauziele und den dafür notwendigen Zeitplan enthält.

„Die Landesregierung fokussiert sich beim Ausbau der erneuerbaren Energien bislang voll auf die Wind- und Solarenergie. Die Wasserkraft bietet durch ihre Stetigkeit eine ideale Ergänzung zu diesen fluktuierenden Energiequellen. Für die Wasserkraftnutzung wäre in einem ersten Schritt schon einiges gewonnen, wenn die überfällige Aktualisierung der veralteten, aus dem Jahr 2017 datierenden Potenzialstudie schnell vorliegen würde“, sagt Wasserkraftexperte Schmid. „Diese Potenzialstudie macht aber nur Sinn, wenn sie sich an den neuen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes orientiert.“ Dazu hat der LEE NRW ein eigenes Positionspapier erarbeitet, das unter diesem Link zu finden ist.

Auch die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg hatte kürzlich kritisiert, dass man das Potenzial der Wasserkraft zu wenig würdigt.

Quelle: LEE NRW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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