Ampel will EEG-Vergütung beenden, stattdessen Investition bezuschussen

Photovoltaik-Anlage in Ost-West-Ausrichtung auf der Halle eines Gewerbebetriebs. Mit der Wachstumsinitiative plant die Ampel Direktvermarktung auch kleinere Anlagen und Ende der EEG-Vergütung .Foto: Guido Bröer
Auch kleinere PV-Dachanlagen sollen künftig keine Förderung mehr bei negativen Börsenstrompreisen mehr erhalten und die Direktvermarktungspflicht soll schon Anlagen ab 25 kWp treffen.
Die Förderung für Photovoltaik und andere erneuerbare Energien wird sich deutlich ändern, falls die Bundesregierung ihr Strategiepapier für eine "Wachstumsinitiative" in die Tat umsetzt. Beispielsweise sieht der Plan der Ampel vor, sich vom bisherigen EEG-Prinzip - der Förderung erzeugter Kilowattstunden - zu verabschieden. Stattdessen soll es Investitionszuschüsse geben. Indirekt würde also Kapazität statt Energie gefördert. Die Branche zeigt sich skeptisch und favorisiert andere Lösungen.

Ihr 31-seitiges Papier zur Wachstumsinitiative stellten die Verhandlungsführer der Ampel-Bundesregierung Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz am Freitag vor, zusammen mit ihrem Kompromiss zum Bundeshaushalt. Am 17. Juli soll das Bundeskabinett über das Konzept entscheiden, und noch in diesem Jahr will die Koalition die für die Wachstumsinitiative notwendigen Gesetzesnovellen auf den Weg bringen.

Wachstumsinitiative forciert Ende der EEG-Vergütung und Marktprämie

Im aktuellen Papier bekräftigt die Bundesregierung ihre grundsätzliche Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, dass die Förderung der erneuerbaren Energien mit dem Ende der Kohleverstromung enden werde. An anderer Stelle heißt es, die Erneuerbare sollen „keine Förderung mehr erhalten, sobald der Strommarkt ausreichend flexibel ist und ausreichend Speicher zur Verfügung stehen“. Wie sich diese Aussagen in der zeitlichen Abfolge zueinander verhalten, bleibt vage.

Auf jeden Fall vorher will die Bundesregierung den seit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 geltenden Grundsatz der Förderung pro erzeugter Kilowattstunde abschaffen. In dem Papier heißt es dazu: „Der Ausbau neuer EE soll auf Investitionskostenförderung umgestellt werden (eigener Kapazitätsmechanismus), insbesondere um Preissignale verzerrungsfrei wirken zu lassen.“ Bevor man das lange bewährte Grundprinzip des EEG über den Haufen wirft, will man diese Neuerung zumindest in sogenannten Reallaboren testen.

Ohne Test und bereits ab Januar 2025 soll für neue Anlagen die EEG-Förderung aussetzen, sobald negative Preise an der Strombörse auftreten. Lediglich kleine Anlagen will die Bundesregierung hiervon ausnehmen, weil das „nicht administrierbar“ sei. Eine genaue Leistungsgrenze wird zwar in dem Papier nicht genannt, allerdings diskutiert man laut Koalitionskreisen über eine Grenze bei 100 kW. Ebenso bleibt etwas unklar, ob die Sanktion wirklich sofort wirken oder ob es weiterhin eine Karenzfrist geben soll. Nach § 51 der zurzeit gültigen EEG-Fassung greift der Förderstopp aktuell ab drei Stunden mit negativen Preisen und diese Frist sinkt schrittweise bis 2027 auf nur noch eine Stunde. Betroffen sind derzeit Anlagen ab 400 kW.

Pflicht zu Direktvermarktung ab 25 kW

Zudem haben die Verhandlungsführer der Koalition vereinbart, dass die Schwelle für die Direktvermarktungspflicht weiter sinken soll. Aktuell liegt sie bei einer Anlagenleistung von 100 kW. Beginnend am 1. Januar 2025 soll diese Leistungsschwelle in drei jährlichen Schritten sinken, sodass Anfang 2027 die neue Leistungsgrenze von 25 kW erreicht ist. Um das in der Praxis überhaupt möglich zu machen, verspricht die Bundesregierung in ihrem Papier starke Vereinfachungen: „Zu diesem Zweck werden wir die Selbstvermarktung von Strom und die Steuerung der Anlagen konsequent entbürokratisieren, digitalisieren und spätestens zum 1. Januar 2026 massengeschäftstauglich ausgestalten, damit insbesondere Identifikationsnummern schneller bereitstehen, die Anlagen über Smart Meter gesteuert werden können, Daten schnell ausgetauscht und abgerechnet werden können.“

„Die Zielsetzung der Ampelkoalition, dies bis 2026 zu ermöglichen, halten wir für ambitioniert“, zeigt sich der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig, gegenüber den Solarthemen skeptisch. Bevor die Vereinfachungen greifen, dürfe es keine verbindliche Absenkung der Leistungsschwelle geben – also schon gar nicht zu Anfang 2025, mahnt Körnig, „da andernfalls der Ausbau kleinerer PV-Anlagen zum Beispiel auf Gewerbebauten oder Mehrfamilienhäusern daran scheitern könnte, keinen Direktvermarkter für den eingespeisten Solarstrom zu finden.“

Förderstopp bei negativen Preisen

Auch die unmittelbare Streichung der Förderung im Falle negativer Preise hält Körnig für keine gute Idee: „Sollte ein derartiger Eingriff tatsächlich erfolgen, so wäre ein Ausgleich der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Anlagenrentabilität erforderlich. Zum Beispiel mittels Weiterentwicklung des § 51 a EEG mit der Zielsetzung, zu Zeiten negativer Strompreise nicht eingespeiste Solar- und Windstrommengen am Ende der Förderdauer vergütet zu bekommen.“

Der § 51 a sieht bereits heute einen Ausgleich für Unterbrechungen der EEG-Förderung vor. Hat eine EEG-Anlage wegen negativer Börsenpreise Vergütungsausfälle, verlängert sich der normalerweise 20-jährige Förderzeitraum um die Anzahl der Ausfallstunden. Da bisher nur Anlagen ab 400 kW von diesen zeitweiligen Vergütungsstopps betroffen sind, gilt auch der Ausgleichsmechanismus nur für diese Größenklasse – doch ersteres will die Regierung nun ändern.

Beim BSW gibt man sich kompromissbereit. Ob es bei Solaranlagen bereits ab einer Leistung von 100 kW Spielräume für eine solche Regelung gebe, sofern ein Ausgleich erfolge, das erörtere man zurzeit noch innerhalb der Branche, berichtet Körnig. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) baut in seiner Pressemitteilung hingegen vor: „Eine Senkung von 400 kW auf unter 100 kW zum 1.1.2025 ist zu kurzfristig und greift in bereits laufende Projektplanungen ein.“

BEE favorisiert Strommengen- statt Zeitbegrenzung bei EEG-Förderung

Stattdessen bewirbt der BEE schon seit längerem ein anderes Modell. Für die Reform EEG und eine stärkere Marktorientierung schlägt der Branchenverband eine Begrenzung der Förderung auf eine feste Anzahl von Kilowattstunden vor. Diese solle die bisherige zeitliche Begrenzung auf 20 Jahre ablösen. Auch mit diesem Modell würden sich Betreiber, beziehungsweise ihre Direktvermarkter, tendenziell bemühen, Strom selektiv einzuspeisen. Und zwar dann, wenn die Stromerzeugung aus Wind und Sonne nicht extrem hoch und die Börsenstrompreise zumindest positiv sind.

Branche lobt Fokus auf Flexibilisierung

Für andere energiepolitische Ansätze der „Wachstumsinitiative“ findet der BEE hingegen lobende Worte. Dazu gehören insbesondere die stärkere Förderung von Speichern und die Flexibilisierung von Tarifen und Netzentgelten. Der BEE schreibt: „Flexibilität ist als neue Leitwährung im Strommarkt erkannt. Flexible Kraftwerke wie Batteriespeicher, Bioenergieanlagen und Wasserkraftwerke erhalten eine neue Bedeutung als dezentrales steuerbares Back-up zu Wind und Sonne. Das ist sehr zu begrüßen, muss nun aber auch beherzt umgesetzt werden.“

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

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