Windenergie an Land: Weniger Zubau, mehr Neugenehmigungen
Im ersten Halbjahr 2024 hat die Windenergiebranche in Deutschland 250 Windenergie-Anlagen (WEA) an Land mit einer kumulierten Leistung von 1,3 GW errichtet. Dies ist das Ergebnis der Auswertung der Deutschen Windguard im Auftrag von Bundesverband Windenergie (BWE) und VDMA Power Systems. Die Bundesregierung hat spürbare Erleichterungen für den Windenergie-Ausbau an Land geschaffen, deren Maßnahmen nun offensichtlich zu wirken beginnen. So sind die Neugenehmigungen im ersten Halbjahr um 32 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Zuschläge der letzten Ausschreibungsrunden befinden sich auf einem hohen Niveau, und die Verfahrenslaufzeiten von Antragstellung bis Genehmigungserteilung sind erstmals seit Jahren gesunken.
Dennoch fordert die Windenergiebranche vom Bund, Umsetzungshürden zu senken. Denn der aktuelle Bruttozubau liegt noch unter dem Zubau von 1,6 GW im Vergleichszeitraum 2023. Angesichts der Ausschreibungsergebnisse und der Zahl der Neugenehmigungen hatte die Branche mit mehr gerechnet. Zwei Sondereffekte haben dabei laut BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek eine Rolle gespielt: „Wir hatten im April sehr starke Winde, so dass die Kräne zeitweise nicht aufgebaut werden konnten.” Außerdem habe die Branche zeitweise unter einer Vollsperrung der Autobahn 27 gelitten, so dass Rotorblätter, die man im Hafen Cuxhafen angelandet hat, nicht zu den Baustellen weitertransportieren konnte.
Auch ohne die Sondereffekte bleibt der gesamte Ausbau hinter den Anforderungen für das sichere Erreichen des Ziels von 115 GW bis 2030 zurück. Um auf den notwendigen Zubau zu kommen, müssen aus Genehmigungen umgesetzte Projekte werden. „Neugenehmigungen und Zuschläge in den Ausschreibungsrunden liegen auf Rekordniveau. Der positive Trend muss jetzt über die Legislaturperiode hinaus dynamisiert und verstetigt werden. Um die Lücke zwischen tatsächlichem Zubau und dem anvisierten politischen Ausbaupfad zu minimieren und damit Investitionsentscheidungen auszulösen, sind weitere Anstrengungen erforderlich“, sagt Heidebroek. Auch für den Offshore-Ausbau fordert die Branche politsche Maßnahmen.
Süden muss aufholen
So müssten Bund und Länder weiterhin bürokratische Barrieren und administrative Hindernisse abbauen. Bei der Verteilung der neugebauten Anlagen im Bundesgebiet gibt es weiterhin ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Bärbel Heidebroek fordert: „Der Süden muss endlich aufholen. Aber wir sehen weder in den Genehmigungen, noch in den Ausschreibungen, noch beim Zubau, dass der Süden aufholt.” Um den Zubau zu beschleunigen, setzt der BWE auch auf die Gemeinden, weil die Ausweisung der Windenergiebeschleunigungsgebieten durch die Raumplanung nicht so schnell geht. Heidebroek: „Wir empfehlen die Gemeindeöffnungsklausel zu nutzen, weil wir damit viel schneller zum Ziel kommen.”
Daneben brauche es auch Planungssicherheit für die Finanzierung der Projekte. Abrupte Volten bei der EEG-Finanzierung bewirkten das Gegenteil. „Bleibend hohen Handlungsbedarf sehen wir beim Tempo von Flächenausweisungen und beim Abbau von Realisierungshürden. Mit Repowering, dem vollständigen Ersatz von Altanlagen durch moderne Maschinen, kann schneller Leistungszuwachs erzielt werden“, so Heidebroek.
Branche fordert, Bremsen zu lösen
Die Verbände weisen darüber hinaus erneut auf die notwendige Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte hin. Um die Komponenten der Windenergieanlagen möglichst reibungslos zu den Baustellen zu bringen, braucht es bundeseinheitliche Regeln. Dazu gehört Clusterung bei Fahrzeugen und Ladung, pragmatischer Umgang mit dem Start der Transporte, um Parkplätze zu entlasten oder bei der Schaffung von Behelfsabfahrten. Außerdem gilt es, die Nutzung von Netzanschlusskapazitäten zu verbessern und somit die bereits existierende Netzstruktur effizienter zu nutzen. Die Maßnahmen sollte der Bund gleichzeitig durch Anreize zum Ausbau von Speichern sowie flexibel steuerbaren Verbrauchskapazitäten flankieren. Ferner sollte der Bund beim Marktdesign nachbessern, unter anderem für mehr Flexibilität durch Zubau von Speichern, Elektrolyseuren und gestärkte Sektorenkopplung. „Die Prämisse muss sein: Was produziert wird, sollte man auch nutzen. Ein flexibleres Netz ist dafür die Grundvoraussetzung“, so Heidebroek.
Prognose für den weltweiten Onshore-Windenergie-Zubau
Laut Global Wind Energy Council (GWEC) beträgt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate für Onshore-Windenergie in den nächsten fünf Jahren 6,6 %. Der erwartete durchschnittliche jährliche Zubau liegt bei 130 GW. Insgesamt werden voraussichtlich 653 GW in den Jahren 2024 bis 2028 hinzukommen. Das Wachstum in China, Europa und den USA wird das Rückgrat der weltweiten Entwicklung der Onshore-Windenergie in den nächsten fünf Jahren bilden. Insgesamt werden diese Regionen voraussichtlich mehr als 80 % der gesamten zu errichtenden Leistung in diesem Zeitraum ausmachen.
Status vom Windenergie-Ausbau an Land in Deutschland
Leistung | Anzahl Anlagen | |
Brutto-Zubau 1. Halbjahr 2024 | 1.308 MW (1,3 GW) | 250 |
Davon Repowering | 377 MW (0,4 GW) | 68 |
Stilllegungen 1. Halbjahr 2024 | 379 MW (0,4 GW) | 277 |
Nettozubau 1. Halbjahr 2024 | 929 MW (0,9 GW) | -27 |
Kumulierter Bestand am 30.06.2024 | 61.917 MW (61,9 GW) | 28.611 |
*Datenmeldung bis einschließlich 16. Juli 2024
Quelle: BWE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH