PVT – steht der Marktdurchbruch bevor?

PVT-Kollektoren vom Typ Solink auf einem begrünten Flachdach montiertFoto: Guido Bröer
PVT-Luft-Sole-Kollektoren könnten sich zur dritten marktrelevanten Wärmequelle für Wärmepumpen entwickeln. Sie eignen sich nicht nur für private Wohnhäuser, sondern auch für größere Projekte.
Die Idee, Dachfläche doppelt solar zu nutzen, nämlich elektrisch und thermisch mit sogenannten PVT-Systemen, ist nicht neu. Jetzt könnte die Zeit dafür reif sein. Mehrere Mittelständler setzen darauf, PVT-Wärmepumpen-Systeme als dritte Op­tion zwischen Erd- und Luftwärmepumpe zu etablieren.

Laut der kürzlich veröffentlichten 2024er-Ausgabe des jährlichen Berichts „Solar Heat Worldwide“ der Internationalen Energieagentur (IEA) sind in Deutschland 2023 etwa 15.200 Quadratmeter PVT-Kollektorfläche neu installiert worden. Das sind rund 30 Prozent weniger als im Boomjahr 2022, das mehr als eine Verdopplung der Vorjahreszahlen brachte. Die Autor:innen des IEA-Berichts berufen sich bei diesen Zahlen auf eine Befragung von weltweit 46 Herstellern kombinierter PV- und Thermie-Solarsysteme. Auffällig ist, dass der PVT-Markt enorme Schwankungen und nationale Unterschiede zeigt. In weltweiter Betrachtung hat das offenbar vor allen Dingen mit schwankenden Förderungen zu tun. So ist der jahrelang dominierende PVT-Markt in Frankreich, wo 39 Prozent aller weltweit von den IEA-Wissenschaftler:innen erfassten Kollektorflächen installiert sind, nach Änderungen am Subventionsprogramm 2022 fast ganz zusammengebrochen. Dort allerdings betraf es weitgehend die Hersteller der in Frankreich vorherrschenden PVT-Luftkollektoren, während in Deutschland zu mehr als 99 Prozent wasserführende PVT-Kollektortypen installiert worden sind.

PVT für Wärmepumpen

Die allermeisten dieser PVT-Solarflächen dienen als Energiequelle für Wärmepumpen. Und auf dieser Kombination basiert hierzulande auch die Hoffnung der noch kleinen Bran­che. Nach den großen Verwerfungen und Verunsicherungen des Jahres 2023 schwächelt die Wärmepumpe zwar aktuell mit dem gesamten Heizungsmarkt, allerdings ist sie neben der Fernwärme als das Heizungssystem für die Energiewende auserkoren. Und die Hersteller von PVT-Kollektoren wollen dazu beitragen, indem sie ihre Lösungen als massentaugliche Alternative entwickeln.

PVT-Solar als Nr. 3 neben Luft und Erdreich

Ulrich Leibfried, geschäftsführender Gesellschafter des deutschen Anbieters Consolar, zeigt sich zuversichtlich: „Wir sehen die Chance, dass sich PVT als dritte Wärmequelle für Wärmepumpen neben dem Erdreich und der Luft etabliert.“ Obwohl der Wärmepumpenmarkt besser laufen könnte als aktuell, machen Leibfried die Verkaufszahlen für Consolars PVT-Kollektor „Solink“ Hoffnung: „Wir haben ein gutes Wachstum und ein volles Auftragsbuch.“

Wichtig ist das auch mit Blick auf den nächsten Schritt, den Consolar jetzt zusammen mit seinem Industriepartner AKG, einem Hersteller von Wärmetauschern aus dem hessischen Hofgeismar, unternimmt. Gemeinsam bauen die beiden Unternehmen dort eine industrielle Fertigung für PVT-Kollektoren auf. Zurzeit entstehen laut Leibfried die ersten Kollektoren quasi in einer Pilotfertigungsphase. Die im ersten Ausbauschritt geplante Kapazität der Fertigungslinie geben AKG und Consolar mit 65.000 Solink-Kollektoren pro Jahr an, was einer thermischen Leistung von 85 Megawatt (MW) entspreche.

Wenn die Fabrik fertig ist, wird Consolar nicht mehr auf Komponenten vom Mitbewerber Triple Solar angewiesen sein. Die Niederländer beliefern bislang ihren deutschen Partner mit Kollektoren, die auf Patenten von Triple Solar basieren und an deren Weiterentwicklung Consolar beteiligt war. Seit 2013 hat Triple Solar nach Angaben des Produktmanagers Jannick Fleiter etwa 5.000 PVT-Systeme verkauft – die meisten in den Niederlanden. Anfang 2024 hat Triple Solar in Aachen eine eigene Niederlassung eröffnet, um von hier aus insbesondere den deutschen Markt zu bearbeiten.

PVT-Luft-Sole-Kollektor – ein neuer Begriff

Der spezielle Typ von Solarpanelen, den beide Unternehmen ausschließlich in Verbindung mit Sole-Wärmepumpen einsetzen, wird nach einer Festlegung des DIN-Spiegelausschusses mittlerweile als „PVT-Luft-Sole-Kollektor“ bezeichnet. Der Begriff soll der Bedeutung der Außentemperatur als Wärmequelle gerecht werden. Denn während auf der Vorderseite ein PV-Modul der 400-kW-Klasse je nach Modell auf 2 bis 2,4 Quadratmetern die Solarstrahlung absorbiert, steht auf der Rückseite in Form von luftdurchströmten Metall-Lamellen ei­ne weitaus größere Wärmetauscherfläche von 15 bis 20 Quadratmetern zur Verfügung. Aus dieser Konstruktion bezieht nachts und wenn die Sonne nicht scheint die Solewärmepumpe ihre Energie.

Weil im Winter, wenn viel geheizt werden muss, weniger Solarstrahlung anfällt, macht der Luft-Effekt laut Fleiter rund 80 Prozent des Jahres-Energiebeitrags aus, während die Solarstrahlung mit 20 Prozent eher eine Boosterfunktion habe. Die ist besonders an Frosttagen mit klarem Himmel auffällig, wenn bei normalen Luftwärmepumpen die Elektroheizstäbe zum Einsatz kommen und in Massen das Stromnetz belasten. Das liegt zum Teil wohl auch daran, dass die ventilatorbestückten Außeneinheiten gewöhnlicher Luftwärmepumpen bei tiefen Temperaturen zum Vereisen neigen. Dies könne bei PVT-Solar-Luft-Kollektoren nicht passieren, betont Leibfried, weil die Lamellen des Wärmetauschers einen ausreichend weiten Abstand haben.

PVT mit Effizienzvorteil gegenüber Luftwärmepumpe

Gegenüber Luftwärmepumpen haben die PVT-Systeme jedenfalls einen deutlichen Effizienzvorteil. Ihre Jahresarbeitszahlen, die in einem Monitoringprogramm des im Mai abgeschlossenen deutschen Forschungsprojekts „IntegraTE“ ermittelt wur­den, liegen regelmäßig deutlich über 4, wenn man den Effekt des PV-Eigenstroms herausrechnet. Projektleiter Korbinian Kramer vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme betont allerdings, dass sich die je­wei­ligen Beiträge von Solarstrahlung einerseits und Umgebungs­luft andererseits zum Energieertrag nicht ganz leicht differenzieren ließen und dass das Verhältnis je nach Bauart des PVT-Moduls sehr unterschiedlich sei.

Für die Auslegung der Systeme ist das zwar wichtig, aber im bisherigen Anwendungsbereich, der bislang überwiegend aus Ein- und Zweiparteienhäusern besteht, helfen auch schon Faustformeln gut weiter, die sich an der Leistung der Wärmepumpe orientieren. Kramer: „Pro Kilowatt Wärmepumpenleistung kann man ungefähr mit vier Quadratmetern PVT-Fläche rechnen.“

Verschiedene PVT-Konstruktionen

Auch das variiert allerdings aufgrund der unterschiedlichen Konstruktionsweisen der in Deutschland üblichen unabgedeckten PVT-Kollektoren. Im Gegensatz zu den PVT-Luft-Sole-Kollektoren von Triple Solar und Consolar ist die Photovoltaik-Komponente beim Produkt der Sunmaxx PVT GmbH, die im sächsischen Ottendorf-Okrilla eine Fabrik aufgebaut hat, deutlich ausgeprägter. Die Gründer und leitenden Mitarbeiter des Unternehmens kommen zumeist aus der PV-Branche. Mit der Firma Mahle gibt es einen Partner aus der Automobilindustrie, der auch als Investor bei Sunmaxx eingestiegen ist und der den thermischen Absorber der PVT-Module produziert. Die Aluminium-Absorber werden bei Sunmaxx vollflächig mit den zugelieferten PV-Modulen verbunden. Mirko Köhler, Business Development Manager bei der Sunmaxx PVT GmbH: „Wir konzentrieren uns auf eine Modulgröße, weil es uns um optimierte Massenfertigung geht.”

Bislang beziffert Sunmax seine Fertigungskapazität mit 60 MW elektrischer Modulleistung. Das entspricht 150.000 PVT-Modulen mit 300.000 Quadratmeter Kollektorfläche, wenn die Fabrik in vier Schichten an sieben Tagen ausgelastet werden könnte. Bislang ist man davon zwar noch weit entfernt, aber schon jetzt denkt die Geschäftsleitung über den weiteren Ausbau nach: Am Standort lasse sich die Kapazität in den kommenden Jahren verfünffachen.

Sein Produkt nennt das sächsische Unternehmen lieber PVT-Modul als PVT-Kollektor. Zwar verfügen diese Solarplatten nicht über eine solch große Luft-Wärmetauscher-Fläche wie die mit Lamellenabsorber ausgestatteten Modelle von Anbietern wie Consolar und Triple Solar. Dafür sind sie aber besonders leicht. Das Gewicht sei vergleichbar mit einem gleich großen Glas-Glas-PV-Modul und liege lediglich 7 Kilogramm über dem eines Glas-Folie-Moduls, betont Köhler. Zum Selbstverständnis von Sunmaxx sagt er: „Wir sind ein reiner PVT-Modulhersteller. Unsere Systempartner bieten in Kombination mit unseren Modulen vollständige Pa­ketlö­sungen an.

Partnersuche für PVT im Handwerk

Um den Markt zu entwickeln, sind alle PVT-Hersteller laufend auf der Suche nach Handwerkspartnern. Köhler sagt: „Um die PVT-Module thermisch zu installieren, brauchen wir den Heizungsbau. Als Handwerkspartner suchen wir also vorzugsweise SHK-Betriebe, die Erfahrung mit PV haben.”

Auf diesem Gebiet hat sicherlich Consolar, das bislang nach eigenen Angaben mehr als 3.500 seiner Solink-Systeme verkauft hat, einen gewissen Startvorteil nutzen können. Gerade feierte das bis heute von dreien seiner Gründer geleitete Unternehmen seinen 30. Geburtstag. Ursprünglich bekannt geworden mit seinen innovativen Schichtspeichern für die Solarthermie und später mit vollständigen Solarthermiesystemen, haben sich die Pioniere etliche Fans in der deutschen Solarteurszene und damit auch ein Vetriebsnetz erworben. Für viele dieser Kunden, die früher auf Solarthermiesysteme mit hohen Deckungsgraden und Effizienzen gesetzt haben, ist heute die Wärmepumpe im Einfamilienhaus das Mittel der Wahl – gern in Verbindung mit der PV-Anlage auf dem Dach.

Doch gerade in urbanen Räumen lässt sich nicht überall das Erdreich als Wärmequelle nutzen und Luftwärmepumpen gelten aufgrund ihrer schlech­teren Wirkungsgrade und der hohen Belastung der Stromnetze nach wie vor bestenfalls als Kompromiss, dessen Ventilatorgeräusche zusätzlich manchen potenziellen Nutzer abschrecken. Der PVT-Kollektor als geräuschlose und deutlich effizientere Wärmequelle kann hier punkten.

Heizstab sollte nicht anspringen

Wobei einen Solarpionier wie Leibfried nicht nur die persönlichen Stromverbräuche seiner Kunden bewegen, sondern auch der volkswirtschaftliche Aspekt der Stromnetzverträglichkeit: „Das Wichtigste ist, dass der Elektroheizstab nicht anspringt.“ Deshalb empfiehlt er eine Auslegung von PVT-System und Wärmepumpenleistung nicht nur wie üblich auf 70 Prozent der Heizlast, sondern auf 85 oder besser sogar 100 Prozent.

Wichtig sei deshalb, den PVT-Kollektor mit einer Wärmepumpe zu kombinieren, die bis minus 15 Grad arbeitet. Das bekräftigt auch Fleiter von Triple Solar. Sein Unternehmen bietet neben passenden Solewärmepumpen anderer Hersteller auch ein eigenes Modell für kleine Leistungsbereiche an. Triple kooperiert dafür mit dem dänischen Her­steller Metro Therm. Dessen 3,7-kW-Propan-Wärmepumpe ist die Basis für die PVT-Wärmepumpe von Triple Solar mit spezieller Regelungstechnik. Propan-Sole-Wärmepumpen sind bislang selten. Einer ihrer Vorteile ist, dass sie eine höhere Spreizung der Quelltemperatur verarbeiten können – was für die klassische Kombination von Sole-wärmepumpen mit Erdreichkollektoren oder -sonden keine Rolle spielt.

Mitunter kombiniert Triple Solar mehrere 3,7-kW-Wärmepumpen, wo mehr Heizleistung benötigt wird. Bald soll sich das ändern. Fleiter: „Wir wollen zeitnah auch Wärmepumpen mit einer höheren Leistung anbieten.“

PVT-optimierte Wärmepumpen

Auch ISE-Wissenschaftler Kramer sieht auf der Wärmepumpenseite noch viel Optimierungspotenzial für Effizienzgewinne: „Da ist Musik drin, wenn ein großer Wärmepumpenhersteller bei entsprechend wachsendem Marktvolumen eine spezielle Wärmepumpe für PVT entwickeln würde.“

Neben den privaten Häuslebauern melden die PVT-Anbieter mittlerweile auch erste Vertriebserfolge bei größeren Projekten. Consolar gab Anfang Juli den Auftrag für 1.300 Quadratmeter PVT-Kollektoren für einen siebenstöckigen Bürokomplex in Berlin bekannt. Und Sunmaxx wird seine PVT-Module bald sogar erstmals in einem Wärmenetz installieren können. Die Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen wollen für ein Netz im historischen Stadtkern von Echterdingen die PVT-Kollektoren in Verbindung mit einer Wärmepumpe und einem Erdsondenfeld zum Einsatz bringen. In solchen kombinierten Systemen kann eine der wesentlichen Aufgaben der PVT-Module darin bestehen, die Temperatur im Erdsondenfeld zu regenerieren. Köhler erläutert, die Kollektoren könnten dann typischerweise eine auf 7 Grad abgesunkene Erdreichtemperatur wieder auf 14 Grad anheben.

Auch solche Leuchtturmprojekte wie in Berlin und Echterdingen könnten dazu beitragen, dass PVT als mögliche Energiequelle für Wärmepumpen populärer wird. An den Preisen jedenfalls dürfte es kaum liegen, dass die Systeme bislang noch nicht sehr verbreitet sind, meint Fleiter. Er rechnet für eine fertig montierte monovalente PVT-Wärmepumpenheizung gegenüber einem vergleichbaren Luftwärmepumpen-System nur mit ei­nem Mehrpreis von nur 10 Prozent. Das werde durch die höhere Effizienz mehr als ausgeglichen. Fleider sagt: „PVT ist noch erklärungsbedürftig. Wenn wir das geschafft haben, kann das Wachstum sehr schnell gehen.“

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

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