Leichte Beute? – Diebstähle im Solarpark

Mast mit energieautarker Überwachungskamera in einem SolarparkFoto: Bauwatch
Baustellen stehen im Fokus von Diebesbanden. Sie werden oft mit speziellen Kameras überwacht.
Photovoltaikmodule waren früher begehrtes Diebesgut, heute werden aus PV-Freiflächenanla­gen eher Wech­­selrichter und Kabel gestoh­len. Besonders ältere Anlagen ohne Alarmsystem und Baustellen haben die Einbrecher im Visier. Doch die Solarbranche wappnet sich.

Sie kamen in der Nacht und nahmen so viele Module mit, wie sie transportieren konnten. In der nächsten Nacht kamen sie nochmal. Und in der dritten wieder. Insgesamt verschwanden so rund 500 PV-Module. „Es war eine große Anlage, die Module haben sie von verschiedenen Ecken des Solarfeldes genommen. Es fiel zunächst niemandem auf“, berichtet Thorsten Schulte vom Versicherungsmakler EVK.

Fokus auf PV-Parks

Freiflächensolaranlagen sind ein leichtes Ziel für Diebe. Über das Internet kann man vorab bequem auskundschaften, wo sie liegen, wie groß sie sind, wie weit die nächste Siedlung entfernt ist und wo der beste Fluchtweg verläuft. Der Modulraub von Anfang 2023 war allerdings eher ungewöhnlich, denn die typischen Objekte der diebischen Begierden haben sich deutlich verändert. Solarmodule sind meist mit Spezialschrauben gesichert, sie sind sperrig und ihr Wert ist deutlich gesunken. Attraktiver sind Wechselrichter und Kupferkabel.

„Einmal wurden hundert Kilometer Solarkabel aus einer Anlage gestohlen“, erinnert sich Schulte. Neue Stringwechselrichter verschwinden komplett; doch selbst alte Zentralwechselrichter, die keinen Verkaufswert haben, werden aufgebrochen, um an die Kupferteile im Inneren zu kommen. Für reines Kupfer zahlen Schrotthändler sieben Euro pro Kilo.

„Die Schäden sind oft deutlich höher als das, was die Beute eigentlich wert ist“, so Schulte. Dass man Material zurückerhält, ist selten, kommt aber vor. So tauchte bei einer Schleierfahndung in Norddeutschland kürzlich eine ganze Lkw-Ladung an DC-Solarkabeln wieder auf, die ein Projektierer ein Jahr vorher als gestohlen gemeldet hatte. Sie konnten über die Seriennummer identifiziert werden.

Das Problem ist in der Branche bekannt und man reagiert. Früher genügte ein Zaun mit Übersteigschutz als Standard. Mittlerweile sind am Markt komplexe Alarmsysteme erhältlich. Tore werden mit Kontakten gesichert, die auf das Öffnen reagieren, Zäune mit Reißdrähten oder Sensoren. An Masten angebrachte 360-Grad-Kameras mit starkem Zoom überwachen kritische Stellen.

Hohe Kosten für Sicherung gegen PV-Diebstahl

Diese Hardware kann bei großen Anlagen mit vielen Zaunkilometern durchaus einige Hunderttausend Euro kosten. Die regelmäßige Wartung kommt noch hinzu, denn ein Sensor nutzt nur, wenn er im Ernstfall auch anschlägt. Die Betreuung aus einer Leitwarte ist dann nur noch ein kleiner Posten, in der Größenordnung von weniger als hundert Euro im Monat.

„Ob man im konkreten Fall ein komplettes Sicherheitssystem mit Kameras installiert, hängt stark von den Auflagen und Konditionen der Versicherung ab“, sagt Max Huber von Goldbeck Solar. Einige Versicherer hätten ihre Anforderungen schon erhöht, andere nicht. Der PV-Projektierer berücksichtigt die Kameramasten jedenfalls schon in der Genehmigungsplanung, denn sie überragen das Solarfeld meist deutlich. Das könnte An­woh­ner unter Umständen stören.

Die Lage der Anlage ist ein wichtiger Faktor für die Diebstahlwahrscheinlichkeit. Gerade große Solarparks liegen meist weit entfernt von Wohnhäusern – was sie für Diebe interessanter macht. Und besonders bei PV-Anlagen entlang von Autobahnen gibt es oft kleinere Diebstähle. Hier gilt: Gelegenheit macht Diebe.

Schnelles Eingreifen zählt

„Wichtig ist es, bei einem Einbruchsversuch so früh wie möglich intervenieren zu können“, sagt Roland Haacker von alarm.direkt, einem Anbieter von Sicherheitskonzepten. An dieser Stelle liegt der Knackpunkt, denn ein Alarmton allein kann einen Einbruch nicht stoppen. Das kann nur ein Sicherheitsdienst oder die Polizei.

Hier kommt die Leitstelle ins Spiel: Löst die Sensortechnik den Alarm aus, überprüft dort zunächst ein Mensch die Situation mithilfe der Kameras. Handelt es sich tatsächlich um einen Einbruch, werden die Diebe direkt über einen Lautsprecher angesprochen. Genügt die Ansprache über Lautsprecher nicht, muss die Polizei anrücken. Doch so weit kommt es bei fertig installierten PV-Parks nur selten, berichtet Haacker. „Wenn einmal eine gute Sicherheitstechnik installiert ist, vermindert das die Zahl der Einbruchsversuche deutlich“, sagt er. Auch Versicherungsmakler Schulte hat beobachtet, dass die Einbrüche bei seinen Kunden zurückgingen, nachdem diese die Sicherheitsmaßnahmen verschärft haben.

PV-Baustellen ziehen Diebe an

Anders sieht es auf Baustellen aus. Dort ist oft noch kein Zaun vorhanden, und das Material ist nicht über mehrere Hektar verteilt und fest montiert, sondern lagert bequem an einer Stelle. Und Großbaustellen, die sich über Hunderte Hektar erstrecken und auf denen Menschen aus vielen Firmen zusammenarbeiten, sind nur schwer zu kontrollieren. Besonders dreiste Diebe rücken zur Arbeitszeit mit dem Tieflader an, um teure Baumaschinen mitzunehmen – vorgeblich im Auftrag des Kunden. Gegen diese Masche hilft keine Sicherheitstechnik, sondern nur gute Kommunikation. Aber auch alle Kleinteile werden auf der Baustelle zur potenziellen Beute, bis hin zu den Unterkonstruktionen aus Stahl.

Kameras im Einsatz gegen PV-Diebstahl

Um Baustellen zu schützen, nutzt man meist mobile Überwachungstürme mit einer unabhängigen Stromversorgung. Sie werden von Spezialfirmen wie Bauwatch und Kooi angeboten. Beide teilen großzügig ihre Statistiken, denn eine hohe Zahl vertriebener Diebe ist die beste Werbung.

„Im Schnitt müssen wir auf einer Solarpark-Baustelle zweimal während der Bauzeit die Polizei rufen“, sagt Florian Seemiller, Teamleiter für das Segment erneuerbare Energien bei Bauwatch. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2024 seien an den rund 300 von Bauwatch überwachten PV-Baustellen 95 Personen verhaftet worden. Mitbewerber Kooi berichtet von über 13.000 verhinderten „Vorfällen durch Diebstahl und Vandalismus“.

Einen Grund für die vielen Einbruchsversuche auf Solarbaustellen sieht Seemiller von Bauwatch in der schwachen Konjunktur im normalen Baugewerbe. „Die Diebe sind in aller Regel Profis“, sagt er. Und wenn es im Hochbau nichts mehr zu holen gibt, verlegen sich die professionellen Banditen eben auf Solarparks.

Doch auch wenn Sicherheitsfirmen bisweilen ein dramatisches Bild zeichnen, hält sich die Aufregung bei den Solarfirmen in Grenzen. EnBW spricht von einzelnen Diebstählen an Solarpark-Baustellen. Eine Zunahme an Einbrüchen habe man nicht festgestellt. Man treffe individuelle „Vorkehrungen“, heißt es. Projektentwickler Gaia plant ebenfalls Sicherungsmaßnahmen ein, hat nach eigenen Angaben aber noch keine Diebstähle zu verzeichnen. Und Huber von Goldbeck Solar fasst zusammen: „Diebstahl in Solarparks hat es schon immer gegeben. Es empfiehlt sich frühzeitig die grundsätzlichen Vorgaben der Versicherung zu berücksichtigen, dann ist eine Projektumsetzung an sich nicht gefährdet“.

Autorin: Eva Augsten | © Solarthemen Media GmbH

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